Kanu & Natur

ein persönliches Blog von Jürgen Clausen

Beeskow bis Forsthaus An Der Spree

Geschrieben am 06.07.2010 in Kanureisen (2010) —   Dahme-Spree-Rundtour (Geändert am 05.07.2017)

Teil 4 von 9 in der Serie Dahme-Spree-Rundtour (Große Märkische Umfahrt)

Am Morgen des 12. Juni schlafe ich bis kurz von 6:00 Uhr, mache mich fertig und setze mich vor dem Frühstück ein wenig an die Spree. Etwas Nebel liegt über der Wasseroberfläche, einige Blässhühner sind aktiv. Ich denke über vieles nach: dass die Spree noch viel schöner ist als erwartet, wie die letzten beiden Tage für mich waren, wie ich mich dabei gefühlt habe und warum ich so schnell voran komme, obwohl ich mir doch viel Zeit lassen wollte. Nach meinem Plan wäre ich erst heute Abend in Beeskow angekommen. Ich bin schon  48 km unterwegs, und das in zwei Tagen. Dabei habe ich mir auf dem Fluss immer Zeit gelassen, aber ich paddle ja auch von morgens bis abends, das macht es eben aus. 

Heute werde ich erst später starten, da ich noch einiges in Beeskow zu erledigen habe. Ich will einkaufen, mit dem Kanuvermieter reden und noch jemanden treffen. Da es noch früh ist, packe ich zunächst meine Ausrüstung ein, bevor ich frühstücke, und dann meine "Küche". Dann nehme ich mein Getränke-Leergut und wandere zum nächsten Supermarkt, wo ich mich wieder mit dem nötigten versorge und zur Post, da ich noch eine Speicherkarte mehr nach Hause schicken will, das habe ich gestern verpeilt. Ich mache noch eine Runde durch Beeskow, schaue mir die Stadtmauer an und besichtige schon mal die Schleusen: die "kleine" ist wirklich nicht zu empfehlen, sie sieht so aus, als sei sie lange nicht mehr benutzt worden. In die große fährt gerade eine Gruppe mit Kajaks ein, von einem Passanten erfahre ich, dass hier immer nur zur vollen Stunde geschleust wird. Der Betrieb erfolgt durch vollautomatische Steuerung. (Anmerkung 2014: die Kahnschleuse wurde erneuert...und sogar umtragen kann man hier schnell und bequem).

Landsam wandere ich wieder zum Spreepark zurück und baue mein Zelt ab, das jetzt wirklich trocken ist. Ich komme noch mit Nachbarn ins Gespräch, die mit einem Bulli unterwegs sind und sich für heute bei "Albatros Outdoor" Fahrräder gemietet haben. Dann rechne ich an der Rezeption ab (Wasserverbrauch mit  Chipschlüssel gemessen..! Das ist doch mal was) und mache mein Kanu transportbereit: den Bootswagen untergespannt,  schiebe ich es zur Einsetzstelle, wo mir noch der freundliche Kanuvermieter von Albatros Outdoor, Herr Dittrich, beim Einsetzen hilft. Noch ein Smalltalk, dann sitze ich in meinem Holzkanu, pfeife mein übliches Abschiedslied und lasse langsam mein Paddel seine Arbeit tun.

Spree, Schleuse Beeskow

Spree, Schleuse Beeskow

Auf dem Weg zur Schleuse dämmert mir, dass ich mich ein wenig beeilen muss, um die Schleuse noch rechtzeitig zu erreichen, immerhin sind es noch 1100 Meter bis dahin. Eine große Yacht überholt mich mit viel Wellenschlag, und ich denke, die haben das gleiche Problem. Kurz vor mir sind sie in der Schleuse Beeskow. Wir kommen ins Gespräch, es sind Hamburger, die in BRB gechartert haben. Es wird ein netter Austausch, dann sind wir auch schon durchgeschleust.

Spree unterhalb Beeskow

Spree unterhalb Beeskow

Von Beeskow sind noch einige Industriegeräusche zu hören (Spanplattenwerk o.ä., jedenfalls Holzverarbeitung), dann wird es wieder still. Die Gegend, die nun kommt, durch den Oegelnischen See, an Radinkendorf und Raßmannsdorf vorbei bis Neuhaus, wo es geradeaus in den Wergensee geht und ich links in die Drahendorfer Spree abbiegen will, paddle ich durch einsame Natur. Ich finde wieder einen kurvigen Fluss vor, Wald - und Wiesenufer und viele Altarme, typisch Spree eben. Zwei oder drei Motorboote kreuzen meinen Weg, einmal sehe ich sogar Wasserwanderer im Kanu. Ich finde einige Biberfraßspuren und typische Bibergleiten, treffe etliche Schwäne und noch mehr Graureiher. Mehrmals fliegt ein Eisvogel vor mir auf.

Spree duch den Oegelnischen See

Spree duch den Oegelnischen See

Die Strecke bis zur Schleuse Neubrück (bei Neuhaus) vergeht im Nu, obwohl sie immerhin fast fünfzehn Kilometer beträgt ab Spreepark. An der Schleuse kommt gerade ein kleines von drei Personen besetztes Motorboot aufwärts, es passt gut in die Schleusenkammer. Dann bin ich dran, paddle in das nun offene Schleusentor und mache mein Kanu lose fest. Ich steige aus, turne die senkrechte Leiter hoch und arbeite oben das Schleusenprozedere ab. Diese Konstruktion ist ungewöhnlich: die Tore sind als Schiebetore ausgebildet, sie hängen an Schienen und werden über eine Seilwinde angetrieben. Das untere Schott ist defekt, die Schleusung funktioniert jedoch trotzdem. Insgesamt bin ich etwa 15 Minuten beschäftigt, dann paddle ich in der Drahendorfer Spree.

Beginn Drahendorfer Spree, Schleuse Neubrück

Beginn Drahendorfer Spree, Schleuse Neubrück: eine handbetriebene Selbstbedienungsschleuse

Nach einer knappen halben Stunde bin ich an der Straßenbrücke von Neubrück, rechts davor liegt der Biwakplatz. Einige Paddler machen dort gerade Pause, in der Nähe gibt es auch einen Gasthof direkt an der Spree. Ich bin aber noch nicht pausenbedürftig, und so setze ich meine Wasserwander-Tour fort. Auf meinem Tourenatlas TA5 sehe ich große Flussschleifen, manche Nebenarme und abseits der Spree einige Kleinseen. Die Drahendorfer Spree hat noch recht ordentliche Strömung, und ich erfreue mich an dem satten Grün der Wiesen, am Wald auf den rechten Steilufern und an der Ursprünglichkeit und Stille, die diese abgeschiedene Landschaft umgibt. Die Zivilisation ist weit, es gibt keine Durchgangsstraßen in der Nähe, kleine Wege führen hier durch dichten Wald. Das rechte Gelände bildet eine Insel, von der Spree, dem Oder-Spree-Kanal und dem Speisekanal Neuhaus umflossen (oder zumindest umspült). An einem bekannten Pausenplatz werden gerade einige Canadier mit Kindern und Jugendlichen ins Wasser gesetzt, man paddelt aufwärts.

Drahendorfer Spree bei Neubrück

Drahendorfer Spree bei Neubrück

Im rechten Steilufer erkenne ich so manche Eisvogel-Niströhre, was mich sehr erfreut. Einen Eisvogel sehe ich sogar, und die ganze Zeit knarren die Drosselrohrsänger. Sie sind hier nicht scheu, ich kann oft an einem solchen Wesen langsam vorbei paddeln, ohne dass es sich versteckt oder auffliegt. Auch hier gibt es wieder Biberfraßspuren, sogar eine Kiefer wurde abgenagt. Das sieht man wirklich selten!

Drahendorfer Spree vor Drahendorf

Drahendorfer Spree vor Drahendorf

Ein gutes Stück vor Drahendorf komme ich rechts an einer Wiese vorbei, wo gerade ein Dorffest gefeiert wird. Kinder kommen ans Ufer und bestaunen mich und mein vollbepacktes Kanu. Ein Feuerwehrwagen steht am Ufer, ein Schlauchboot liegt herum. Na, denke ich, dann kann ja nichts mehr passieren, außer Schicksal und Alkohol tun sich zu einer unheiligen Allianz zusammen.

Spree, leichte Lore bei Drahendorf

Spree, leichte Lore bei Drahendorf

Es beginnt still zu regnen, ich spanne meinen Anglerschirm auf, nehme ihn zwischen meine Knie. Auf diese Weise kann ich immer noch Fotos machen. Das folgende Drahendorf zeigt sich nur mit ein paar Häusern, ich bin bald vorbei und komme zu dem alten Nadelwehr. Zum Glück ist die alte unglaublich schwere Stahllore von früher durch eine modernere Aluminiumlore ersetzt worden. Als ich damit mein Holzkanu umsetze, ist es bereits 18:30 Uhr. Es geht zwar nicht eben leicht, ist aber ohne körperliche Blessuren machbar. Dann hat mich die Drahendorfer Spree wieder, jedenfalls noch für die restlichen 1000 Meter. Ich paddle weiterhin durch Wald, dann liegen rechts plötzlich einige kleine Motorboote am Ufer. Ich bin am Ende der Drahendorfer Spree angekommen, gleich mündet sie in den Oder-Spree-Kanal ein.

Oder-Spree-Kanal

Oder-Spree-Kanal: Einmündung der Drahendorfer Spree in den Oder-Spree-Kanal (Spree-Oder-Wasserstraße)

Die Mündung ist sehr schmal, der Kanal etwa 100 Meter breit, was auch nicht viel ist. Rechts sehe ich eine Holzbrücke, links ein Gebäude am gegenüber liegenden Ufer. Das mus mein Tagesziel sein, das "Forsthaus An Der Spree", wo ich zelten werde. Ich paddle dorthin, lege an und werde gleich begrüßt: ein Mitarbeiter bietet mir an, links der Hauptgebäude zu zelten, da auf dem Campinggelände eine Gruppe feiern und sich sportlich betätigen will. Das nenne ich Gastfreundschaft.

Forsthaus an der Spree

Forsthaus an der Spree: Restaurant, Bungalows, Zelten, Pension

Ich schaffe meine Habseligkeiten die Böschung hoch und baue mein Zelt auf. Eine nette Anlage mit freundlicher Atmosphäre, denke ich, und melde mich an. Hier ist ein Restaurant mit Pension, es gibt modern ausgestattete Ferienbungalows , eine Zeltwiese mit Volleyballplatz und ein neues Sanitärgebäude. Ich werde gegen sehr geringen Obolus zum Grillen eingeladen und erspare mir das Kochen. Die Gruppe ist ruhig, ich kann bald schlafen gehen, und obwohl es Samstag ist, finde ich bald erholsamen Schlaf. Das ist nicht oft der Fall, wenn man campt.