Kanu & Natur

ein persönliches Blog von Jürgen Clausen

Hangelsberg bis zum Krüpelsee

Geschrieben am 06.07.2010 in Kanureisen (2010) —   Dahme-Spree-Rundtour (Geändert am 05.07.2017)

Teil 6 von 9 in der Serie Dahme-Spree-Rundtour (Große Märkische Umfahrt)

Am Morgen des 14. Juni werde ich wieder sehr früh wach und bin sofort voll da: es ist ca. 5:oo Uhr, Nebel wabert über die Müggelspree. Die Vögel singen schon, und ich beschließe einfach alles einzupacken und ganz leise weiter zu paddeln. Ich schaffe es, fertig zu werden ohne dass Horst wach wird. Schon vor sechs Uhr bin ich im Kanu. Bald sehe ich in der Ferne leichte Wellenbewegungen auf der Wasseroberfläche, das könnten Biber sein. Als ich näher heran gekommen bin, sind hier tatsächlich zwei Biber in Aktion. Sie kreuzen den Fluss, ich bin ganz still, paddle genau so weiter, wie ich herangekommen bin. Sie werden aber trotzdem aufmerksam und wollen wissen, wer da unterwegs ist. So kommen sie nahe an mein Boot heran, bis auf etwa drei Meter, um dann mit einem kräftigen "Platsch!'" abzutauchen. Das ist immer wieder aufregend, obwohl ich es schon unzählige Male erlebt habe.

Biber auf der Müggelspree

Biber auf der Müggelspree

Ich paddle genussvoll durch diesen Morgen, sehe noch weitere Biber, höre Kraniche und werde durch den Gesang von Mönchsgrasmücke und Sumfrohrsänger unterhalten. Ab und zu sehe ich auch einen Schwarzspecht, und ich denke, dass die Biber dafür sorgen, dass Spechte besser Höhlen bauen können: sie nagen Bäumen ihre Rinde ab, die Bäume sterben, bleiben aber stehen. Das Totholz ernährt die Spechte nicht nur, sie können also auch leichter ihre Höhlen schlagen. Das ist gut für Meisen, Tauben und Baummarder sowie Baum - und Siebenschläfern.

renaturierter Spree-Altarm

renaturierter Spree-Altarm

Ich paddle durch zwei Spree-Schleifen, die jetzt wieder an den Fluss angeschlossen wurden, die Hauptarme hat man dagegen einseitig geschlossen. Durch diese Renaturierungsmaßnahmen ist der Flusslauf jetzt länger, und das Wasser soll nicht mehr so schnell abfließen.

noch ein Biber

noch ein Biber

Nach etwa zwei Stunden will ich eine Pause einlegen und endlich frühstücken. Nahe Stäbchen finde ich einen geeigneten Pausenplatz, lege an und befasse mich für eine ganze Stunde  damit, mich zu nähren und zu tränken. Dabei schaue ich den vielen Gebänderten Prachtlibellen und Mosaikjungfern zu, die sich über der Wasseroberfläche und besonders auf den Wasserpflanzen tummeln. Auch ein Zaunkönig trällert sein Lied kraftvoll in die Gegend. Diese Vogelart gehört zu meinen unangefochtenen Favoriten. Die Umgebung ist auffallend still, und das, wo wir uns doch nicht allzu weit von Berlin entfernt befinden. Ich habe das vertraute Wildnisgefühl, das selten zu genießen ist, weil man fast überall in Deutschland viel zuviel aufgeräumt hat. Es ist Nahrung für meine Sinne, was ich hier mal wieder erleben darf.

Frühstück an der Müggelspree

Frühstück an der Müggelspree

Es geht weiter, ich paddle auf der Müggelspree dem Berliner Ring entgegen. Dabei komme ich durch zwei weitere renaturierte Spree-Schleifen, bei einer befindet sich auch gerade eine Baustelle des Pipeline-Baues. Man ist kurz davor, die Rohre unter der Müggelspree hindurch zu strecken.

An einer anderen stelle hat man für ein paar hundert Meter die Müggelspree halbiert, um verschiedene Strömungen einstellen zu können, damit man untersuchen kann, wie sich unterschiedliche Strömungen auf das Wachstum verschiedener Wasserpflanzen auswirken. Auch Insektenfallen mit Beleuchtung habe ich vorgefunden. 

Müggelspree bei Spreeau

Müggelspree bei Spreeau

Dann bin ich auch schon bei Steinfurth, wo der Berliner Ring die Müggelspree kreuzt. Gleich dahinter liegt der Campingplatz Jägerbude, ist wohl speziell für Schwerhörige eingerichtet oder für Menschen, die sich bei zuviel Stille einsam fühlen, ich weiß nicht. Wenn es geht, würde ich es vermeiden, hier zu nächtigen. Ich paddle aber kurz in den "Hafen" des Campingplatzes Jägerbude ein und versuche, etwas Positives an dem Platz zu finden: es gibt sehr gute Anlegemöglichkeiten, eine überdachte Rastmöglichkeit, alles ist gepflegt und sauber - nur die Lage ist ein wenig ungrlücklich gewählt. Ich denke, Jägerbude war schon hier, bevor die Autobahn gebaut worden ist.

Müggelspree nahe Neu Zittau

Müggelspree nahe Neu Zittau

Der weitere Abschnitt bis Neu Zittau vergeht im Fluge, von den Orten Burig und Hohenbinde bekomme ich kaum etwas mit. Durch Neu-Zittau erscheinen mir die Ufer der Spree besonders wild zu sein, und ich entdecke eine Teichhuhnfamilie, die Küken sind noch recht klein. Ab hier geht die Strömung deutlich zurück, was ich darauf zurückführe, daß der Dämeritzsee nahe sein muß. Laut meiner Gewässerkarte bin ich nur noch etwa drei Kilometer vom See entfernt. Rechts und links wachsen immer noch sehr hohe und dichte Gehölze, man glaubt nicht, so nahe an einer Großstadt zu sein. Ich strecke meine Glieder aus und lausche auf die Vogelstimmen, die von überall aus den Bäumen schallen.

Treffen mit Horst

Treffen mit Horst

Dann höre ich ein regelmäßiges Plätschern, und als ich mich umdrehe, sehe ich Horst. Wir halten ein Pläuschen, er hat tatsächlich nichts von meinem Zeltabbauen und Einpacken gehört am frühen Morgen. Aber Biber gesehen hat er auch noch, sagt er. Dann paddelt er seiner Wege, er ist bald am Ziel in Erkner angekommen.

Müggelspree vor Dämeritzsee

Müggelspree vor Dämeritzsee

Erst ganz kurz vor dem Dämeritzsee erscheinen die typischen am Ufer liegenden kleinen Motorboote, und das rechte Ufer (Erkner) ist die Heimat einiger Wassersportvereine. Dann bin ich im See, halte mich links und erkenne bald die Einfahrten der beiden Verbindungen "Gosener Kanal" und "Gosener Graben". Letzteren möchte ich für meine Weiterfahrt nutzen. Am Seeufer liegen noch einige schöne Rastmöglichkeiten, dann bin ich auch schon im Gosener Graben.

Gosener Graben

Gosener Graben

Ich paddle hier durch ein Naturschutzgebiet, man darf die Ufer nicht betreten. Sie sind zunächst noch mit Holzpfählen verbaut, werden dann jedoch immer mehr durch Pflanzen und Gehölze gebildet. Eine Schwanenfamilie kreuzt meinen Weg, ist aber friedlich. Ich treffe nur wenige Paddler, das ist an Wochenenden wohl anders hier. Ich erkenne viel Biberverbiß an den Erlen, und einige Wildschweinsuhlen tragen im wahrsten Sinne zur Auflockerung bei. Aus manchen Holzpfählen wachsen neue Erlen und Weiden, einge von ihnen sind schon recht große Bäume von mehr als 20 cm Durchmesser geworden. 

Naturschutzgebiet im Seddinsee bei Gosen

Naturschutzgebiet im Seddinsee bei Gosen

Der Gosener Graben ist etwa 3,5 km lang, am Ende stehen sogar einige kleine Gebäude mit Liegeplätzen für Motorboote. Eine Straßenbrücke kreuzt, dann bin ich auch schon bald im Seddinsee. Ich will in Gosen eine kleine Rast einlegen, links von mir aber, wo ich eigentlich durch ein paar Inseln hindurch paddeln möchte, sind ausgedehnte See - und Teichrosenfelder, auf denen Lachmöwen und Trauerseeschwalben brüten. Auch diese Inselgruppe ist Naturschutzgebiet. Um nach Gosen zu kommen, müsste ich ganz außen um die Inselgruppe herum paddeln, aber dann bin ich auch schon den halben Seddinsee entlang, jedenfalls "gefühlt". Ich beschließe, weiter zu paddeln, was mich an Gosen interessiert, kann ich auch später noch ergründen.

Seddinsee bei Gosen

Seddinsee bei Gosen

Der Wind auf dem See ist nicht sehr stark, so daß die Wellen mäßig ausfallen. Bald erkenne ich links die Abzweigung des Oder-Spree-Kanals, der etwa 85 km später bei Eisenhüttenstadt in die Oder mündet. Dann bin ich vor der Straßenbrücke der Wernsdorfer Straße, der Seddinsee ist bald zu Ende. Ich steige links vor der Brücke an einem niedrigen Uferverbau aus meinem Holzkanu aus, vertrete ein wenig meine Beine am dortigen Wanderweg und suche mir ein passendes Gebüsch für leichte geschäftliche Tätigkeit. Für meine Zwischenmahlzeit werde ich mir einen sonnigen Platz suchen.  Ich genieße eine winzige trockne Zwischenmahlzeit und hänge mal so richtig ab, bevor ich mich wieder in mein Kanu setze.

Zeuthener See

Zeuthener See

Im Zeuthener See liegt gleich links eine bekannte Badestelle, die auch als Einsetzstelle dienen kann. Sie ist gut gefüllt, und ich paddle weiter am linken Ufer. Da der Wind jetzt geradewegs von achtern kommt, übe ich das Segeln mit Anglerschirm: in der rechten Hand den Schirm ganz hoch halten, links ein Paddel in der Hand und schon gehts ab. So ganz beständig kommt der Wind nicht, aber ich versuche, alle Böen auszunutzen, so gut es geht. Die Wasserpolizei, an deren Boot ich vorbei komme, beobachtet mich und einer der beiden Herren gibt einen netten Kommentar ab. Da ich den Campingplatz am Zeuthener See suche, frage ich die Polizisten danach. Sie wissen jedoch von keinem Zeltplatz am Zeuthener See. (Später, als ich noch mal mit dem Auto herumfahre, finde ich ihn, er hat keinen direkten Wasserzugang, man muss durch eine der kleinen Lücken und über den Wanderweg. Er gehört einem Verein und liegt am nördlichen Teil am Ostufer).

Gegenüber von Wildau lege ich dann meine Pause ein und koche mir was. Am linken Ufer des Zeuthener Sees steht  eine Bank, anlegen ist am Holzverbau leicht möglich. Da dort einige Schilder vom WSA stehen, gehe ich davon aus, auf einem öffentlichen Grundstück zu sein. Später bemerke ich dann, dass Leute auf dem selben Grundstück Rasen mähen, es ist wohl doch Privatbesitz. Naja, ich habe wohl niemanden gestört, sonst hätte sich jemand gemeldet.

diverse Brücken bei Königs Wusterhausen

diverse Brücken bei Königs Wusterhausen

Nach meiner Pause ist es schon fast 17:30 Uhr, und ich beschließe, gestärkt wie ich bin, bis zum Krüpelsee zu paddeln, wo ich beim "Ferienhof am See" zelten oder in der Pension schlafen möchte. Eine Stunde später bin ich bei der Schleuse "Neue Mühle" in Königs Wusterhausen.  Eine kleine Yacht liegt vor der Schleuse, die Besitzer teilen mir mit, dass erst wieder morgen Früh geschleust werden wird, da sich die Schleusenzeiten geändert haben. Statt im Boot zu schlafen wie die beiden setze ich mein Kanu mit der Lohre um, was mir kein Problem macht.

Umsetzen Schleuse Neue Mühle

Umsetzen Schleuse Neue Mühle

Da es doch schon recht spät ist und ich noch mehr als eine Stunde bis zu meinem Übernachtungsplatz habe, paddle ich schnell die fünf Kilometer ab. Den Ferienhof am See finde ich aber nicht auf Anhieb und versuche mich durchzufragen bei Leuten, die am Ufer des Krüpelsees grillen. Niemand kennt ihn, und als ich ihn dann gefunden habe, ist es nach 20:00 Uhr.

Krüpelsee

Krüpelsee

Es ist ein kleiner Hafen, ein betagter russischer Kran sorgt für etwas Museumsflair. Ein paar Männer grillen, angeln und trinken am Ufer und laden mich spontan dazu ein. Nachdem ich mich angemeldet und mein Zelt aufgebaut habe, geselle ich mich zu ihnen. Sie kommen aus Sachsen und arbeiten auf einer nahen Baustelle, sind also "Industrietouristen". Wir haben ganz nette Gespräche und ich esse mich satt. Bald ist aber Feierabend, mein Paddeltag war ja auch lang genug von vor 6 Uhr bis nach 20:00 Uhr und 44 Kilometern.