Kanu & Natur

ein persönliches Blog von Jürgen Clausen

Potsdamer Havelseen

Geschrieben am 04.07.2009 in Kanureisen (2009) —   Untere-Havel (Geändert am 05.07.2017)

Teil 4 von 13 in der Serie Solo-Kanutour auf der Unteren Havel 2009

Mein Samstag beginnt gegen 6:30 Uhr, die Vögel singen. Ich unterscheide Drosseln, Zaunkönige und irgendwelche Sänger wie Goldammer oder so.  Nach dem Duschen etc. mache ich mir Wasser heiß, es gibt zum Frühstück mein gewohntes Heißgetränk Kakao und Carokaffee, dazu geröstetes Schokomüsli und heute mal eine Kiwi. Auf dem Teltowkanal fahren die ersten Frachtschiffe abwärts, die Schleusen sind also schon in Betrieb. Es weht ein leichter Wind, allmählich kommt auch die Sonne durch. Ich plane meine Tagestour, es sollen heute mal keine 29 km werden und auch keine 12 Stunden. Ich denke so an max. 20 km, das würde mir für heute reichen. Ich bin ja nicht auf der Flucht!

Bis ich alles gepackt habe ist auch das Zelt trocken, und so kann ich gegen 9:30 Uhr starten. Das Wetter ist schön, etwa 17° warm und gemischt bewölkt. Der Wind weht mir entgegen oder kommt von rechts, aber verhalten mit höchstens 3 Bft. Ein Frachtschiff kommt auf diesem schmalen Kanal von hinten, es erzeugt zuerst einen flotten Gegendruck und als es vorbei fährt, macht es mächtige Wellen, die sich auf dem Teltowkanal mit seinen hohen Spundwänden schlecht totlaufen können. So surfe ich etwa 200 m auf diesen Wellen, muss schauen, nicht gegen die harten Stahlufer gedrückt zu werden. Eine neue Erfahrung, für Anfänger ist das bestimmt nichts.

Beim Durchpaddeln des kurzen Stücks Teltowkanals merke ich, dass es etwas Strömung abwärts gibt, das stärkt meine Laune. Nach einer 3/4 Stunde kommt das Ende in Sicht, ich muss nach Südwesten in den Griebnitzsee abbiegen. Auch wenn er für einen See schmal ist, etwa 200-300 m, überkommt mich ein Gefühl von Weite. Hier kann ich wenigstens den Yachten, Frachtern und Ausflugsschiffen gebührend ausweichen.

Villa am Griebnitzsee

Villa am Griebnitzsee

Die Ufer sind relativ hoch und schützen meist vor dem Wind, wobei das Nordufer relativ unbewohnt ist, das Südufer dagegen Babelsberger Millionenvillen trägt, die meisten als 3 Vollgeschosse mit Souterrain und Dachgeschoss ausgeführt: wie hoch dort wohl die Mieten sind, habe ich mich gefragt. Alleine bewohnen wollen wird sie ja wohl kaum jemand!

Teilweise reichen die Grundstücke bis an das Ufer, teilweise gibt es einen öffentlichen Weg: Transparente an manchen Häusern machen darauf aufmerksam, dass ein "Freies Ufer" gefordert wird. Ich kann dem nur beipflichten und wünsche der Bewegung den größten Erfolg!

Frachtschiff auf dem Griebnitzsee

Frachtschiff auf dem Griebnitzsee

Es fängt zu regnen an, ich stelle mein Kanu und mich ein wenig unter einen überhängenden Baum und warte den Schauer ab. Ich paddle unter der Brücke hindurch, die Klein Glienecke mit Babelsberg verbindet, danach ist auch das linke Ufer ein Stück weit natürlich. Dann kommt das "Wasserkreuz" in Sicht, rechts hinter der Glienicker Brücke liegt der "Jungfernsee", der dahin führt, wo ich gestern fast war, nämlich zur Sacrower Halbinsel und zur Pfaueninsel. Die Frachtschiffe biegen hier nach Nordwesten ab, sie nutzen eher den "Sacrow-Paretzer Kanal", der genau westlich als Durchstich eine Abkürzung bietet und die Potsdamer Seenhavel einspart.

Havel bei Babelsberg

Havel bei Babelsberg

Gerade die will ich jedoch paddeln, als halte ich mich links und steuere den "Tiefen See" an. Es regnet wieder ein wenig, als ich an der Ecke vorbei komme, wo die ersten Gebäude der Schlossanlage von Babelsberger Schloss zu sehen sind. Links gibt es viel Rasen und einige Anlandemöglichkeiten, eine von denen will ich auch nutzen. Es ist Mittag, ich habe Hunger und Blase lenzen steht ebenfalls an. Kurz vor der öffentlichen Badestelle finde ich eine flache sandige Anlandemöglichkeit in einer Schilflücke, ein paar Gehölze bieten Sichtschutz für mein kleines Geschäft.

Pausenplatz beim Schloß Babelsberg

Pausenplatz beim Schloß Babelsberg

Ich sichere mein Kanu und gehe etwas herum, verspeise dabei einige Kräcker und frische Tomaten. Dabei lasse ich mir sehr viel Zeit, das Wetter schlägt derweil Kapriolen: der Himmel wird dunkel, im Norden sehe ich auch Regen. Es sieht nach Gewitter aus und wird immer dunkler. Der Wind wird zum schwachen Sturm, paddeln können hätte ich kaum noch. Also laufe ich herum, und nach einer halben Stunde hat sich das Wetter wieder beruhigt, so dass ich weiterpaddle. Dann kommt aber doch noch ein Guss, ich greife mir meine Regenjacke. Rechts liegt die Innenstadt von Potsdam, die erste Brücke kommt in die Nähe. Rechts und links sind Yacht- und sonstige Häfen, eine stark modernistische Kirche sowie ein Nachbau der Oper von Sydney tauchen auf. Ich suche eigentlich die Einmündung der Nuthe, sehe sie jedoch nicht, sie liegt wohl direkt in einem der Yachthäfen.

Potsdamer Havel, Alte Fahrt

Potsdamer Havel, Alte Fahrt

Die Havel ist geteilt, Kanus müssen rechts fahren ("Alte Fahrt"). Außer mir fährt noch ein Pärchen mit einem 2er Faltboot. Danach paddle ich unter einer Eisenbahnbrücke hindurch, dahinter liegt rechts ein Anlieger für Flusskreuzfahrtschiffe, wo auch 2 Schiffe liegen, die ich schon in Stettin gesehen habe. Links liegt noch etwas "Ausbaureserve", es sieht aus wie ein altes Mühlengebäude. An dieser Stelle verläuft die Havel rechts durch einige Seebuchten. Ich wähle den kleinen Durchstich, der direkt bei den Ruderclubs in den Templiner See mündet. 

Stichkanal zum Templiner See

Stichkanal zum Templiner See

Er ist knapp 6 m breit und sehr schön eingewachsen. Wind erreicht hier die Wasseroberfläche nicht. Dann bin ich bei den Ruderern angekommen, mache dort eine kleine Pause. Es ist Sommerstimmung, eine Fete mit Kindern und viel Essen und Trinken versüßt den Mitgliedern den jetzt sonnigen Samstagnachmittag. Dann paddle ich weiter. Mein Ziel ist der Campingplatz Sanssouci, also noch etwa 4 km auf der Potsdamer Seenhavel, die hier "Templiner See" genannt wird.

In der ersten Seehälfte liegt ein Wasserskigebiet. Da es Wochenende ist, wird es auch gerade genutzt. Ein Probant fliegt immer wieder ins Wasser, kaum dass er gestartet ist. Das geht die ganze Zeit über, während ich die ersten 2 km bis zur Eisenbahnbrücke paddle. Bei immer noch gutem Wetter paddle ich das letzte Stück bis zum Zeltplatz, es gibt dort einen kleinen Strand zum Anlegen. 

Ankunft beim Campingplatz Sanssouci

Ankunft beim Campingplatz Sanssouci

Als ich dort ankomme, ist es doch schon 16:30 Uhr. Ich werde an der Rezeption sehr freundlich aufgenommen. Der Campingplatz entpuppt sich als Luxusplatz mit allen Ausstattungen, die man sich wünschen kann und ist trotzdem preiswert. Zum Frühstück kann ich Brötchen bestelle, auf meinen Wunsch bekomme ich sie als Lunchpaket zum Mitnehmen.

Ich baue routiniert mein Zelt auf, dann regnet es kurz. Ich koche, es gibt heute frischen Salat, dazu einen Bioeintopf aus der Dose, mit angeschmorten Zwiebeln und etwas KusKus aufgepeppt, dazu viel schwarzen Pfeffer. Ingwerpulver und Kräutersalz. Es schmeckt fast wie frisch gekocht, ich bin zufrieden.

Als ich gegessen habe, erscheint ein Seekajak mit einem etwas entkräftet wirkenden Mann. Fast hätte ich ihm aus seinem Boot geholfen, er schaffte es dann aber doch selbst. Als wir ins Gespräch kommen, stellt sich heraus, daß er morgens am Tegeler See lorgefahren ist, das sind immerhin 42km ohne Strömung, aber gegen Wind. Er baut ebenfalls sein Zelt auf, es gibt einen kurzen Schauer. Dann ist der Abend ruhig. Außer den vielen Graureihern fliegt auch ein Seeadler den Templiner See entlang, der weiße Kopf deutet auf einen Altvogel hin.