Kanu & Natur

ein persönliches Blog von Jürgen Clausen

Eisenhüttenstadt bis Frankfurt

Geschrieben am 21.08.2008 in Kanureisen (2008) —   Oder (Geändert am 05.07.2017)

Teil 3 von 9 in der Serie Wandertouren auf der Oder 2008

Am nächsten Tag, es ist der 21. August 2008, starten wir schon etwas früher als sonst, es ist gegen 11:00 h. Das 2 Auto steht schon in Frankfurt, da wir mit Hilli reisen, geht es nicht, dasswir alle am Fluss Zelten und erst am Schluss unserer Kanureisetage das Fahrzeug nachholen. Zur Verpflegung unterwegs haben wir uns in einem Supermarkt Brötchen und Aufschnitt gekauft, dort auf dem Parkplatz gleich auf einem Campingtisch zu belegten Brötchen verarbeitet und sicher verstaut. Wir hatten viele Zuschauer...

Der Hafen von Eisenhüttenstadt ist sehr modern, aufgeräumt und unerwartet groß. Die Parkplätze sind gratis zu nutzen, sicher sind sie auch, da eine Polizeiwache gleich daneben steht. Es gibt mehrere Restaurants direkt am Wasser.

Der Hafen liegt an der Einmündung des Oder-Spree-Kanals, ganz nahe dessen Ende. Wir verstauen alles, was mit soll und paddeln langsam zur Mündung, wo wir uns sogleich von der Strömung auf der Oder mitziehen lassen. Leute, die es nicht gewohnt sind, in derartigen Strömungsverhältnissen zu paddeln, müssen es erstmal lernen, sehr vorausschauend zu paddeln, da man an eventuellen Gelegenheiten am Ufer schnell vorbei ist. Umdrehen und gegenan paddeln ist bei 7 km/h kaum möglich.

Wir treffen eine Arbeitseinheit, einen Ponton mit Bagger und eine Schute. Es wird irgend etwas verladen. Dahinter machen wir eine Pause, ein kleiner Strand war einladend genug für uns. Wir sehen einen Eisvogel auf einer Stahltrosse, die zu einem alten Arbeitsboot gehört, das in Ufernähe auf einer Sandbank liegt und mindestens 20 Meter lang ist. Ich mache mir den Spaß, das Wasserfahrzeug ein wenig zu bewegen, und tatsächlich gelingt es mir, es ein wenig weiter ins Wasser zu schieben. Der permanente Druck, alle Kraft über längere Zeit anzuhalten, hat es mir möglich gemacht. Der Eisvogel ist dabei natürlich weg geflogen.

Oder bei Ratzdorf

Oder bei Ratzdorf: schon bei Ratzdorf bietet die Oder für unsere Tour mit dem Kanu schönste Natur - Umgebung

Die Paddler von gestern (Ratzdorf) kommen vorbei, haben wohl ausgiebig Pause in Eisenhüttenstadt gemacht. Früher hieß diese Stadt Fürstenberg, ich finde, man hätte es dabei belassen können.

Es herrscht so gut wie kein Motorbootverkehr auf der Oder, nur ein paar Arbeitsschiffe und ein Feuerwehrschlauchboot sehen wir. Auf weiten Strecken kommt uns nicht ein einziges Frachtschiff vor die Augen.

Einige Fischadler, ein paar Graureiher, ein Turmfalke und immer wieder Gänsesäger sind um uns herum. Wir passieren die Einmündung der polnischen Pliszka bei Urad, davor steht ein Brückenrest in der Oder. 14 Kilometer haben wir schon hinter uns, weitere 17 km sind noch zu paddeln. Die Streckenleistungen sind nicht im Entferntesten mit denen auf Kleinflüssen zu vergleichen, man kommt einfach wesentlich schneller vorwärts, vorausgesetzt, der Wind kommt nicht gerade von vorne. Wir hatten ihn meist von der Seite und von hinten, aber nur schwach.

Pause an einem kleinen Strand mit Insel an der Oder

Pause an einem kleinen Strand mit Insel an der Oder

Hinter Urad machen wir noch eine ausdehnte Pause, diesmal auf der Ostseite, also in Polen. Wir legen an einer Sandbank an. Als ich zum Land gehen will, um einen Blick über den Deich werfen zu können, muss ich die Hose ein wenig hochkrempeln, da wir auf einer Insel gelandet sind. Es gibt sehr viele kleine Fische, Muscheln, Wasserschnecken und Grashüpfer in der Nähe. Hinter dem Deich kommt ein Kilometer breites Sumpfgebiet, ich sehe einige Störche nach Beute jagen. Weit in der Ferne sehe ich einige Autos fahren. Wir befinden uns bei Kunitzer Loose, wo es beidseitig der Oder ziemlich sumpfig zugeht. Dort ist also viel Natur. Ein Blick auf unsere Gewässerkarte zeigt hier Sumpfgebiete beidseitig der Oder. Von der ehemaligen Eisenbahnbrücke ist hier nichts mehr zu sehen, laut Karte enden die Schienen beidseitig ein Stück vor der Oder.

Das Wetter ist uns gnädig, bei nicht zu hohen Temperaturen, gemischter Bewölkung sowie schwachem Wind von hinten oder der Seite können wir mit relativ kleinem Kraftaufwand unsere Geschwindigkeit halten. 

Die Ufer bleiben sumpfig und auf angenehme Weise zerklüftet, so dass man das Gefühl von Wildnis bekommen kann. Rechts erscheint eine Kiesverladestelle, das dahinter liegende große Industrieareal sehen wir nicht.

Steilufer nahe Lossow

Steilufer nahe Lossow

Eine gute halbe Stunde später beginnt das Ufer links höher und höher zu werden, dann sehen wir einen richtigen Höhenzug, vor dem ein Gewässer in die Oder zu münden scheint. Zuerst glauben wir, es ist wieder eine der üblichen Halbinseln, aber dann schauen wir in unseren Tourenatlas: hier, bei der Ortschaft Brieskow-Finkenheerd,  mündet die alte Oder-Spree-Wasserstraße als "Brieskowsee", also eine Verlängerung des Brieskowkanals in die Oder.  Wir haben leider nicht die Muße, ein Stück hinein zu paddeln, das wird später nachgeholt. So genießen wie den Anblick der "Lossower Berge", deren "Gipfel"  immerhin rund 90 Meter über dem Meeresspiegel liegt.

Autobahnbrücke bei Frankfurt/Oder

Autobahnbrücke bei Frankfurt/Oder

Jetzt erkennen wir schon in der Ferne die Brücke mit der Autobahn 12, die hier bei Oder-km 580 nach Polen führt.

Eine Frau mit ihrem Renn-Ruderboot kommt die Oder ein Stück hoch, dreht dann aber auch um und rudert zu ihrem Club zurück, der sich an der Alten Oder befindet, wie wir später bei Fußmärschen in Frankfurt entdecken.

Wir kommen in Frankfurt an und wollen gerne an einem kleinen Strand an der Insel "Ziegenwerder" anlegen, wie wir es morgens ausgekundschaftet hatten, als wir unser 2. Auto in Frankfurt abstellten. Von dieser Halbinsel ist jedoch nichts mehr zu sehen, was sich durch einen rasch steigenden Wasserstand in der Oder erklärt. Er muss seit dem Morgen um mindestens 50 cm angestiegen sein. An der gesamten Insel ist Anlegen nicht möglich, so dass wir uns entschließen, in den Hafen hinein zu paddeln, um dort auszusteigen.

Hafen in Frankfurt/Oder

Hafen in Frankfurt/Oder

Wir nutzen eine breite Sliprampe, die natürlich gepflastert ist. Ganz vorsichtig gelingt es uns, unser Holzkanu zu verlassen und aus dem Wasser zu ziehen, ohne dass der Lack verschrammt wird. Dabei kommt uns der Bewuchs zwischen den Steinen zu Hilfe.

Ich hole das Auto, wir verladen unsere Ausrüstung und das Kanu und holen erstmal das andere Auto aus Eisenhüttenstadt, bevor wir zu unserer Unterkunft fahren.

Das viele Autofahren auf unserer Kanutour geht mir gegen den Strich, aber anders läßt es sich mit Hilli nun einmal nicht managen. Wir würden mit ihr zwar auch zelten, die Temperaturen sollten dafür jedoch deutlich höher sein, vor allem nachts: mindestens 12°C müssten es schon sein.

Die bisher gepaddelten 42 km waren sehr interessant, abwechslungsreich und dynamisch. Die Ufer der Oder sind durchweg schön anzuschauen, die Tierwelt ist interessant und die Strömung hält uns wachsam. Ich selbst würde gerne längere Tagesstrecken machen, aber das geht so eben nicht. Dafür ist es abends beim gemeinsamen Kochen und Essen richtig nett, eben auch anders als wenn man allein oder zu zweit paddelt.

Alex und ich sind dann noch zu unserem Zelt auf dem nahen Campingplatz zum Schlafen gefahren. Welch ein Aufwand!

Da wir bei der nächsten Unterkunft alle zusammenwohnen, bauen wir am nächsten Morgen das Zelt ab.