Kanu & Natur

ein persönliches Blog von Jürgen Clausen

Oderpolder in Polen

Geschrieben am 27.08.2008 in Kanureisen (2008) —   Oder, Oderpolder (Geändert am 05.07.2017)

Teil 6 von 9 in der Serie Wandertouren auf der Oder 2008

Der Campingplatz in Mescherin ist das optimale "Tor" zu den Polnischen Oder-Poldern. Diese sind entstanden, als die Bewohner des Oder-Unterlaufs Schwierigkeiten mit den Wasserständen der Oder bekamen, nachdem das Oderbruch weitgehends trockengelegt war. Die Oder zwischen Frankfurt und Hohensaaten hatte jetzt kein Binnendelta mehr und viele Flussschleifen weniger. Das führte dazu, daß das Wasser schneller und in größeren Mengen zu dem Unterlauf bei Schwedt, Gartz, Friedrichsthal, Mescherin und Gryfino gelangte. Um Abhilfe zu schaffen, musste man jetzt auch den Oder-Unterlauf verändern: man deichte ihn ein, schaffte Durchstiche (z.B. zwischen Ognica, dem früheren "Nipperwiese" und Stettin). Auch das, was jetzt "Westoder" ist, wurde begradigt. Die ehemaligen Binnendelta - Gewässer wurden durch Deiche und Schleusen bzw. Deichtore reguliert, so dass sie jetzt viel Wasser speichern konnten, wenn man sie getreu der anfallenden Wassermengen öffnete oder schloss.

Dieses System ist im Bereich der deutschen Polder zwischen Lunow (nördlich von Hohensaaten) und Friedrichsthal nach wie vor in Betrieb, es ist das Gebiet des Nationalpark Unteres Odertal. Im polnischen Teil hat man fast die gesamte Anlage dem Verfall preisgegeben und dadurch auf jedwede Regulierung verzichtet. Das Wasser kann hier also zu jeder Jahreszeit frei strömen, also hinein- oder herausschwingen. Im Nationalpark Unteres Odertal wird zwischen Ende Oktober und dem Frühjahr alles genau geregelt, im Sommer würde man hier nur dann öffnen, wenn eine Katastrophe drohen würde.

mehr Wildnis geht nicht

mehr Wildnis geht nicht

Daran sieht man, dass es eigentlich unnötig ist, hier irgend etwas zu regeln, aber die Angst ist den Deutschen ja angeboren, und so regelt man eben gerne. Unserer Meinung nach ist hier Platz für Wasser jeder Menge, die bisher aufgetreten ist, die Orte auf der deutschen Seite der Oder sind sowieso durch Deiche abgeschottet oder liegen hoch genug.

Wildnis in den Poldern in Polen

Wildnis in den Poldern in Polen

Wir nutzen also die folgenden Tage, um uns hier in den polnischen Poldern zwischen Mescherin und Gryfino von der üppigen Natur verwöhnen zu lassen. Der Wind hat auch wieder nachgelassen, so dass wir uns einfach herumtreiben können. Dazu gehört auch, dass wir ein paar Morgen- und Abendtouren machen, was hier besonders genussvoll ist, da wir ja dafür nicht mit dem Auto fahren müssen, was so eine schöne Morgenstimmung schnell zerstören kann.

Wir sehen Biber, Fisch- und Seeadler, viele seltene Pflanzen wie Schwimmfarn, Eschenahorn und Krebsschere und zum Schluss sogar noch einen jungen Otter, der plötzlich mit einem großen Brassen im Maul auftaucht und uns eine kleine Weile begleitet.

Wasserfrosch im Schwimmfarn

Wasserfrosch im Schwimmfarn

Wir fotografieren Frösche in allen Lebenslagen, beobachten Neuntöter und Kraniche, viele Graureiher und lassen es uns richtig gut gehen. Abends kochen wir auf dem Campingplatz, und wir bekommen noch Besuch von Frauke und ihrem Sohn Ian, die in der Nähe von Stettin im deutsch-polnischen Grenzgebiet wohnen. Zusammen unternehmen wir manche Kanutour in den Gewässern um Mescherin und Gartz.

Hilli, Gundula und Jürgen

Hilli, Gundula und Jürgen

Wir entdecken die gesamte Gegend zwischen den beiden Oderläufen Ostoder und Westoder, zwischen Gartz und Stettin, und leider gehen diese Tage sehr schnell dem Ende entgegen. Am frühen Mittwoch, den 27. August müssen Gundula, Alexander und Hilli leider wieder nach Kiel zurück fahren. Ich habe noch Zeit. Am 15. August bin ich aus Kiel weggefahren, und ich habe noch Zeit bis zum 5.9.2008. Danach beginnt wieder meine Pflicht. Im nächsten Artikel werde ich beschreiben, was ich allein die nächsten Tage gemacht habe. Vor dieser Odertour bin ich den Finowkanal von der Havel bis zur Oder gepaddelt und habe mich in der Gegend genau umgeschaut.