Kanu & Natur

ein persönliches Blog von Jürgen Clausen

Kuppentin bis Burow

Geschrieben am 03.08.2006 in Kanureisen (2006) —   Müritz-Elde-Wasserstraße (Geändert am 05.07.2017)

Teil 2 von 6 in der Serie Müritz-Elde-Wasserstraße, eine 5-tägige Paddeltour 2006

Morgens bin ich vor 7:00 Uhr aus dem Zelt. Ich wandere in den Wald am Ufer entlang, mache ein paar Bilder und nachdem ich zurückkomme, kaufe ich Brötchen und koche uns Carokaffee. Inzwischen sind auch Alexander und Gundula auf Betriebstemperatur, so essen wir gemütlich und freuen uns auf unsere kommende Paddeltour.

Ein paar Schwarz- und Grünspechte sorgen für Unterhaltung, Menschen sind nur wenige zu sehen. Wir wischen unsere Zelte trocken, lassen sie noch etwas von der aufgehenden Sonne nachtrocknen. Bis wir dann endlich alles gepackt haben und in den Booten sitzen, ist es doch schon kurz nach 10 Uhr.

Mirabellen am Ufer

Mirabellen am Ufer

Die Faltbootzweier paddeln etwas vor uns, wir sehen sie bald an einem Mirabellenbaum anlegen, was wir ihnen nachtun. Es stellt sich schnell heraus, dass die Mirabellen für das "Hand - in Mund - Verfahren" zu unreif sind, so ernten wir nur ein wenige, um sie in unserem nächsten Haferfrühstück mit zu kochen.

gerade, aber schön vor Bobzin

gerade, aber schön vor Bobzin

Es ist ruhig auf der Elde (wie die Anwohner den Kanal zu bezeichnen pflegen). Die Ufer sind hoch und dicht bewachsen, manches Gewässer, das sich "Fluss" nennt, ist deutlich kahler.

Müritz-Elde-Wasserstrasse vor Bobzin

Müritz-Elde-Wasserstrasse vor Bobzin

Motorboote sind kaum unterwegs, und unser erstes Ziel in etwa 5 km ist die Schleuse Bobzin, die uns als angeblich höchste Schleuse Ostdeutschlands glatte 6,80 m (von insgesamt 49 m) dem Elbniveau näher bringt. Das Wasser schießt ein wie bei Islands Geysieren, da ist es ratsam, sich von der Mitte fern zu halten und den Anweisungen der Schleusenwärterin Folge zu leisten.

hohe Schleuse Bobzin

hohe Schleuse Bobzin

Die Schleusung geht ziemlich schnell vonstatten, und wir paddeln gelassen weiter nach Lübz, was ebenfalls ca. 5 km sein werden. Wir sehen bald den alten Wasserturm, und eine gewisse Geräuschkulisse zeigt an, dass wir es hier mit einer Stadt zu tun haben.

Wasserturm Lübz

Wasserturm Lübz

Um kurz vor 14:00 Uhr erreichen wir den kleinen niedlichen Hafen von Lübz, wo wir Haferbrei mit Nussschrot und Weinbeeren als 2. Frühstück kochen und einen kleinen Stadtbummel unternehmen wollen, um etwas einzukaufen.

Stadtmarina Lübz

Stadtmarina Lübz

Alexander und Gundula gehen einkaufen, während ich unsere Boote sichere und unser Essen vorbereite.

Es sind noch ein paar andere Paddler dort, mit denen wir schon in Plau geplaudert hatten. Eine nette Atmosphäre liegt über dem Wasserwanderrastplatz, von Stadtlärm ist kaum etwas zu spüren. Wir haben nette Gespräche mit einigen Yachtfahrern.

Jürgen im Kajak "Wilderness Systems T145"

Jürgen im Kajak "Wilderness Systems T145"

Als wir die "Stadtmarina" von Lübz verlassen, ist es etwa 15:35 Uhr, der Himmel ist bewölkt, die Temperatur beträgt an diesem 2. August etwa 20°C.

rechts und links Sumpflandschaft

rechts und links Sumpflandschaft

Die Ufer der Elde sind hier nicht so stark mit Wald bestanden, rechts von uns verrät der Bewuchs, dass wir an einem Sumpf entlang paddeln. Hier ist es wieder sehr einsam, und der Uferbewuchs ist fast eine richtige Wildnis. Hohe Weichholzbestände bestimmen hier das Bild. Das zieht sich etwa 6 km zwischen Lübz und Burow hin.

Anleger und Badestelle von Gieschow

Anleger und Badestelle von Gieschow

Ebenfalls rechts tauchen einige Dächer auf, es handelt sich um das nahe Dorf Gieschow, es hat auch eine kleine Badestelle mit Bootssteg. Ab jetzt sind beidseitig Sümpfe am Fluss, nicht nur links.
Der von uns angepeilte Übernachtungsplatz ist der kleine Hafen von Burow, einem winzigen Dorf, das zur Gemeinde Gieschow gehört. Es gibt hier Sanitärcontainer mit warmen Duschen und sogar einen überdachten Kochplatz, das wollen wir nutzen. Aber es sind bis da noch etwa 5 km, etwas mehr als eine Stunde, die wir kraftvoll und vergnügt abpaddeln. Dabei genießen wir manch schönes Naturschauspiel am Ufer und in der Luft über uns.

Admiral am WWR Burow

Admiral am WWR Burow

So paddeln wir also bei km 91,2 in einen kleinen rechten Seitenarm der Elde. Er ist ein wenig zugewachsen, hat jedoch eine moderne Steganlage. Hier sehen wir ein typisches Beispiel der Verschwendung von Fördergeldern: mit hohem Aufwand wird mitten in der Wilnis, wo es kaum Infrastruktur gibt, ein Hafen angelegt, den eigentlich niemand benötigt: für Paddler hätte ein einfacher Holzsteg ausgereicht, um den Wasserwanderrastplatz zu erreichen. Für die Unterhaltung ist dann kein Geld vorhanden, da es kaum Einnahmen gibt, weil zuwenig Gäste kommen. Warum sollten sie auch, es gibt ja In Lübz und dahinter in Parchim alles, was der Yachtfahrer benötigt.

Hafen Burow, Schwimmstege und starke Verkrautung

Hafen Burow, Schwimmstege und starke Verkrautung

Wegen der alljährlichen sommerlichen Verkrautung ist dieser Hafen bei Motorbootsfahrern nicht sehr beliebt, sie haben schnell die Schraubenwellen voller Tausendblatt oder Wasserhahnenfuß. Es scheint, als wäre dieser Altarm in der Vergangenheit stärker mit Klärschlamm oder Schlimmerem belastet worden, man riecht es auch.

Kochplatz am Wasserwanderrastplatz Burow

Kochplatz am Wasserwanderrastplatz Burow

Wir legen an, sind die einzigen Gäste. Der Himmel verspricht Regen zu bringen, es sieht sogar nach Gewitter aus. Da bauen wir schnell unsere Zelte auf und kochen uns dann unter einem überdachten Platz unser Essen. Der Hafenmeister kommt und kassiert, er hat unser Ankommen wohl schon zugetrommelt bekommen. Bald gießt es wie aus Kübeln, und wir sind froh über das Dach, das uns schützt. Wir essen und der Regen geht vorbei.

Plötzlich ereilt uns das wahre Grauen: Aus allen Löchern kommen Nacktschnecken, die großen roten, und bald kann man fast nirgendwo mehr treten. Wir zählen allein am Kochplatz schon über 50 Stück! Es ist wirklich sehr eklig, und als wir nach dem Abwaschen zu unseren Zelten kommen, sind auch dort große Mengen dieser gehassten Individuen am Kriechen. Sie kommen anscheinend aus dem nahen Sumpf, von dem wir mit unseren Zelten leider nur wenige Meter entfernt sind.

Wir versetzen schnell Alexanders Zelt in eine scheinbar sichere Zone, und dann beginne ich, die Schnecken mit einem Stock wieder in die Sümpfe zu befördern, jede mit einem Bannfluch bedacht. Das hat immerhin den Effekt, dass wir am Zelt selbst Ruhe vor ihnen haben. Als wir jedoch morgens aufwachen und aufstehen, sehen wir die Bescherung: unsere Kanus sind ziemlich voll, und wir beginnen, sie voller Ekel und Abscheu zu entfernen: sie sind natürlich auch in der Spitze meines Kajaks und auf und unter dem Sitz...

Ich kaufe Brötchen beim nahen Bäcker im Ort, wir treffen noch einen interessanten Menschen beim Frühausflug, der sich als Landwirt entpuppt, der sich in Gieschow einen sehr großen Betrieb eingerichtet hat. Den Hafenmeister unterrichte ich bezüglich der Schnecken, er scheint mir nicht recht zu glauben und meint, ich würde übertreiben, ich sage nur: kiloweise Schneckenkorn! Nach unserem Frühstück bauen wir unsere Zelte ab, packen schnell alles ein und verlassen diesen Ort. Wir beschließen, niemals wieder hierher zurück zu kehren... ( nachdem ich schon auf meiner letzten Fahrt hier eine sehr unerfreuliche Begegnung mit einheimischen Jugendlichen hatte...)