Kanu & Natur

ein persönliches Blog von Jürgen Clausen

Zweiter Tag auf der Recknitz

Geschrieben am 04.07.2015 in Kanureisen (2015) —   Recknitz (Geändert am 05.07.2017)

Teil 3 von 5 in der Serie Recknitz 2015

Auch heute sind wir bereits vor sechs Uhr auf den Beinen. Da wir aber sehr viel zu erledigen haben, unter anderem die Zelte abzubauen, noch einzukaufen und eine Zwischenmahlzeit vorzubereiten, kommen wir erst zu fortgeschrittener Stunde ins Kanu.  Für heute sind 38°C angesagt, und schon die Nacht waren es nicht unter 18° gewesen. 

das Kanu wird getreidelt

das Kanu wird getreidelt: Foto: Alexander Clausen

Hinter uns wartet eine Familie mit drei Kanus darauf, dass wir die Einsetzstelle räumen. Dann sitzen wir alle drin, und unser Kanu schwimmt. Ganz langsam paddeln wir unter der Straßenbrücke hindurch und sind schon jetzt froh, dass die Birken am linken Ufer ein wenig Schatten spenden. Die Recknitz gabelt sich, und wir nehmen den linken Arm. Viele Teichrosen blühen im Fluss, und an beiden Ufern sind Schilfrohrsänger am jagen. Zu unserer Freude schwimmt eine Eidechse eiligst über den Fluss und verschwindet am rechten Ufer. 

Recknitz vor Marlow

Recknitz vor Marlow: Foto: Alexander Clausen

An der nächsten Brücke nahe dem Salzmuseum müssen wir aus unserem Kanu steigen, da es eine kurze Gefällestrecke (Sohlgleite) gibt, die man nur bei sehr guten Wasserständen durchpaddeln kann. Wir treideln unser Kanu an zwei Leinen an den großen Steinen vorbei, und nach gut zwanzig Metern steigen wir wieder ein. Links von uns liegt der kleine Kurpark, und hohe Laubbäume ohne Unterholz gestatten uns einen kurzen Blick hinein. Auch hier singen viele Vögel, wie Buchfinken, Mönchsgrasmücken und Fitis Laubsänger.

Wasserwanderrastplatz Marlow

Wasserwanderrastplatz Marlow: Foto: Alexander Clausen

Hinter uns hören wir die Familie argumentieren, wie man wohl am besten über diese Sohlgleite kommt.

Sonnenschutz und Hitzeschild

Sonnenschutz und Hitzeschild: Foto: Alexander Clausen

Die Gefällestrecke hält hier noch für etwa 200 Meter an. Dann vereinigen sich beide Recknitzarme, und mit ganz wenig Strömung paddeln wir unserem nächsten Ziel entgegen: bis zum Wasserwanderrastplatz Marlow haben wir etwa 8 Kilometer zu paddeln. Die ersten 4 Kilometer haben wir rechts und links hohe Schilfwände.  Aber auch hier gibt es eine reiche Vogelwelt zu hören und zu sehen. Die Krönung bildet ein Eisvogel, der direkt auf Alexander zu fliegt und erst im letztmöglichen Moment nach oben abbiegt. 

Ringelnatter

Ringelnatter: Foto: Alexander Clausen

An einer Krautentnahmestelle legen wir eine kleine Rast ein. Auf drei Rundhölzern, die als Befestigungsteile dienen, liegt eine Ringelnatter in der Sonne. Obwohl wir uns nur sehr vorsichtig nähern, lässt sie sich nicht lange blicken. Auf unserer weiteren Fahrt paddeln wir durch eine wahre Wunderlandschaft. Hohe Bäume (meist Erlen und Weiden), Rohrkolben, alle bekannten Sumpfstauden und viele Gräserarten bilden hier so etwas wie schwimmende Ufer. Wieder entdecken wir eine Ringelnatter, diesmal liegt sie auf einem toten Ast einer umgestürzten Erle. Sie lässt sich ruhig aus 6-8 Metern fotografieren. Wie treffen einen Seeadler sowie weitere Rotmilane an. Der Seeadler balgt sich mit einem Mäusebussard! 

wilde Recknitzufer

wilde Recknitzufer: Foto: Alexander Clausen

Wir entdecken mehrmals Bibergleiten, und an manchen Stellen haben die Biber ganze Häfen gegraben, um ihr Holz vom Ufer der Recknitz weg weiter ins Innere dieses Wunderlandes schleppen bzw. treideln zu können. An vielen Stellen gibt es eindeutige Wildschweinspuren.

im Sumpfwald an der Recknitz

im Sumpfwald an der Recknitz: Foto: Alexander Clausen

Dann sehen wir die ersten Bootshäuser von Marlow, und bald darauf erreichen wir den Wasserwanderrastplatz. An einem Schwimmsteg legen wir bequem an, und für unser Mittagessen können wir uns an einem der schattigen überdachten Tisch-Bank-Kombinationen niederlassen. Ein weiterer Gast sitzt dort bereits, er ist mit dem Fahrrad dort und zeltet für einige Tage, um sich die schöne Gegend anzuschauen. Während wir uns erholen, können wir einen Rotmilan über längere Zeit beobachten, der an der Brücke in niedriger Höhe kreist und nach Beute oder toten Fischen Ausschau hält. Zwischendurch erscheint auch ein zweiter, aber der fliegt auch bald wieder von dannen.

Wir kommen noch mit dem Betreiber des WWR ins Gespräch und erfahren allerhand über die Gegend und die Recknitz. Bevor wir weiter paddeln, gibt es noch einen Kaffee und ein Eis. 

Unser Tagesziel für heute heisst Pantlitz. Dort gibt es einen kleinen Biwakplatz. Bis wir dort ankommen, haben wir noch herrlichste 12 Kilometer zu paddeln. Obwohl es sehr sehr heiss ist, geniessen wir die Kanutour sehr. Tatsächlich wird es über 38 Grad, und wir lechzen nach jedem bisschen Schatten. Manchmal spannen wir sogar meinen großen Anglerschirm auf, das hilft dann wenigstens für einen oder zwei von uns ein wenig.

Auf unserer weiteren Reise werden wir von zwei Kranichen überflogen, die zusammen mit einem Schwarm von Staren unterwegs sind. Wir sehen auch Weißstörche, und bevor wir beim Biwakplatz eintreffen, fliegt zu unserem größten Verwundern und Vergnügen ein knallgelb-schwarzes Pirolmännchen einige Meter vor uns über das Wasser. Als wir noch bedauern, kein Foto gemacht zu haben, kommt er noch einmal zurück, so dass es Alexander gelingt, wenigstens ein Beweisfoto hinzubekommen.

Dann sehen wir noch einen seltsam aussehenden Greifvogel über uns fliegen: es muss wohl ein Schreiadler sein. Als wir den Biwakplatz erreichen, sind dort ein paar Kinder am Baden, und ein Pärchen im Faltboot hat es sich bequem gemacht. Es ist unglaublich heiss, und wir sind total fertig und durchgeschwitzt. 

Nachdem wir richtig angekommen sind, kochen wir uns unser Gemüse mit Nudeln und essen uns richtig satt. Während dessen lauschen wir den Gesängen der vielen Vögel in den Bäumen um uns herum: wir hören Fitis-Laubsänger, Mönchsgrasmücken und vor allem eine Goldammer. Aber auch ein Schlagschwirl lässt aus der Ferne seine Nähmaschinen - artige Töne hören. 

Es ist immer noch so heiss, dass wir die ersten Stunden unbekleidet auf dem Schlafsack schlafen. Kurz nach 1:00 Uhr werden wir von lauten Windgeräuschen geweckt. Dazu blitzt es und aus der Ferne grollt Donner, zum Glück noch leise. Groteskerweise hören wir dazu sehr laute Partymusik. Sie scheint von einer "Veranstaltung" zu stammen, die ein paar Kilometer flussabwärts statt zu finden scheint.

Ich ziehe mir etwas über und gehe um unser Zelt, um die Abspannungen zu verstärken. Danach versuchen wir wieder zu schlafen, und tatsächlich erleben wir nur den absoluten Rand dieses Unwetters. (Am kommenden Tag hören wir, dass es in anderen Orten große Schäden gegeben hat).