Kanu & Natur

ein persönliches Blog von Jürgen Clausen

Bad Sülze und die Recknitz abwärts

Geschrieben am 06.10.2005 in Kanureisen (2005) —   Fischotter, Recknitz, Silberhochzeits-Kanutour (Geändert am 05.07.2017)

Teil 3 von 5 in der Serie Silberhochzeitstour 2005

Wir paddelten von Bad Sülze bis in die Wildnis.

Heute ist unser Silberhochzeitstag. Ich wache früh auf, gehe duschen und mache mich dann auf den Weg zum Supermarkt und Bäcker. Ein paar Lebensmittel und eine kleine Flasche Prosecco  beim Supermarkt, dann Brötchen und 2 Stück Käsetorte beim Bäcker, das trage ich als Beute zum Zelt. Gundula freut sich, wir frühstücken zusammen. Den Kuchen erwähne ich allerdings nicht. Danach plaudern wir noch ein wenig mit einigen JAM-Leuten und machen uns gegen 12:05 h wieder auf den Weg.

Recknitz an Bad Sülze vorbei

Recknitz an Bad Sülze vorbei

Zunächst gibt es sogar ein wenig Strömung, die aber mehr und mehr abnimmt. Wir wollen uns nur treiben lassen, es geht extrem langsam vorwärts. Nach einer knappen halben Stunde sind wir an der Straßenbrücke mit der Sohlgleite, diesmal versuchen wir durchzupaddeln.

Recknitz, Sohlgleite in Bad Sülze

Recknitz, Sohlgleite in Bad Sülze

Dabei landen wir auf einem Granitstein, der schräg im Gerinne liegt und uns förmlich anzusaugen scheint. Wir kommen nicht weiter, und so steigt Gundula aus und zieht das Kanu und mich durch die Sohlgleite. Bei höheren Wasserständen müßte man hier eigentlich durchkommen, denke ich.

Beginn der Gefällestrecke der Recknitz

Beginn der Gefällestrecke der Recknitz: am Ortsausgang von Bad Sülze

Gundula steigt wieder ein und wir paddeln die Gefällestrecke hinab, bis die Recknitz ein kurzes Stück später wieder so ruhig ist, daß man sie fast für ein stehendes Gewässer halten könnte. Der Fluss ist stark begradigt, die Ufer zeigen sich als über 2 m hohe Schilfwände. Das Wetter ist traumhaft schön, und wir paddeln munter drauflos, um das gerade und eintönige Stück Recknitz schnell hinter uns zu bringen.

gerade Recknitz unterhalb von Bad Sülze

gerade Recknitz unterhalb von Bad Sülze

Rückenwind auf der Recknitz vor Marlow

Rückenwind auf der Recknitz vor Marlow

Dann, ein Stück vor Marlow, etwa 2,5 Stunden später, wird die Umgebung zum Glück wieder natürlicher: es gibt wieder Mäander, einige Gehölze und ein paar Altarme. Dort sehen wir jede Menge Biberspuren und sogar eine Biberburg. Da etwas Wind aufkommt und dieser zum Glück auch noch von hinten drückt, nimmt Gundula ein Paddel hoch und wir lassen uns vom Wind unterstützen. Das ist wie immer ziemlich lustig.

Bootshäuser in Marlow

Bootshäuser in Marlow

Zurück auf dem Hauptarm der Recknitz paddeln wir an Bootshäusern, dem Angelverein und dem Wasserwanderrastplatz vorbei. Marlow selbst liegt etwas abseits auf einem erhöhten Gelände, davon nimmt man als Paddler nichts wahr.

Wasserwanderrastplatz in Marlow an der Recknitz

Wasserwanderrastplatz in Marlow an der Recknitz

Es gibt hier aber eine größere Menge Privatbootshäuser, Wochenendgrundstücke und den Anglerverein, der auch den Wasserwanderrastplatz betreibt. Bei diesem fällt mir positiv auf, daß man eine einfache Lösung gefunden hat, daß Paddler an einer hohen Spundwand anlegen können: man hat einfach eine kleinen Ponton davor gelegt, an dem man bei allen Wasserständen gut aussteigen kann. Ich kenne viele Gemeinden, die vor genau diesem Problem resignieren.

Blutrote Heidelibelle zu Gast

Blutrote Heidelibelle zu Gast

Grashüpfer an der Recknitz, ca. 40mm Körperlänge

Grashüpfer an der Recknitz, ca. 40mm Körperlänge: wenn jemand diese anscheinend seltene Art kennt, möge sich bitte bei uns melden

Menschen sehen wir auch jetzt auf unserer Rücktour kaum, und auch der Wasserwanderrastplatz ist schon geschlossen Anfang Oktober. Es fällt uns sehr leicht, weiter zu paddeln und einen anderen Übernachtungsplatz anzusteuern.

Pausenplatz nahe dem Langen Berg

Pausenplatz nahe dem Langen Berg

Doch erstmal wollen wir eine Pause machen: wir nehmen wieder diesen befestigten Abräumplatz wie auf der Hintour. Dort essen wir erstmal die Käsetortenstücke und trinken ein wenig Prosecco. Gundula freut sich sehr über diese Überraschung. Wir liegen eine Weile in der Sonne, es sind über 20° an diesem schönen Tag. Ein paar haarige Raupen, Spinnen, die wir nicht kennen und seltene Grashüpfer unterhalten uns. In der Ferne ruft ein Schwarzspecht seine "klagende" Tonfolge.

Recknitz vor dem Langen Berg

Recknitz vor dem Langen Berg

Dann wollen wir weiter. Die Wiesen gehen in Wald und Sumpfgehölz über, rechts steht der Wald auf der Anhöhe "Langer Berg", ein mehr als einen Kilometer langer bewaldeter Hügel. Von den Orten Camitz und Gruel rechts von uns nehmen wir nichts wahr, sehen sie nur in unseren Gewässerkarten.

der Recknitz wilde Gestaden

der Recknitz wilde Gestaden

Die Recknitz windet sich jetzt wieder in weiten Bögen durch ihre Niederung und wir haben das Gefühl, ziemlich weit ab "von allem" zu sein. Das zusammen mit dem schönen Wetter (es ist sonnig und windstill!) schafft eine außergewöhnliche Athmosphäre, die wir sehr genießen.

Frachtschiff auf der Recknitz

Frachtschiff auf der Recknitz

Knapp 90 Minuten nach unserer Pause, ist es 17:40h und wir schauen uns nach einem Schlafplatz um: auf der Herfahrt sahen wir einen kleinen Biwakplatz nahe Gruel, und auf dem wollen wir uns jetzt häuslich niederlassen. Ein Entwässerungsgraben mündet hier ein, es gibt einen kleinen, festen Platz mit Feuerstelle in einem ansonsten morastigen Erlenbruch.

halt! Abbiegen zum Biwakplatz

halt! Abbiegen zum Biwakplatz

Wir legen an und erkunden die Gegebenheiten. Von Land aus ist der Platz nicht erreichbar, das ist uns sehr wichtig. Besonders sonnig ist er nicht, alles ist recht feucht, auch das Feuerholz, das noch herumliegt. Ein Blick auf den Kompass zeigt uns, dass es morgens Sonne geben wird. So beschließen wir zu bleiben, bauen unser Zelt auf und machen ein kleines Feuer. Dazu ziehe ich mir Gummistiefel an und besorge Totholz von heruntergefallenen Ästen. Damit gelingt es uns, auch die dickeren vorhandenen Stücke zu entzünden.

Lager an der Recknitz

Lager an der Recknitz

Im Herbst finde ich es schon recht schön, ein Lagerfeuer zu haben, es vertreibt die Feuchtigkeit, wärmt abends und unterhält auf sehr archaische Weise. Im Sommer würde ich das  nur dann machen, wenn sämtliche Gefahren für die umliegenden Gehölze und den Boden ausgeschlossen sind. Man bedenke, ein mooriger Untergrund kann wochenlang weiter brennen, das will niemand.

Es ist jetzt gegen 18:00h, unser Thermometer zeigt noch 11°C an. Wir kochen unser Mittagessen, es gibt Wurzelgemüse mit Bulgur und dazu zwei Dosen Fisch. Zur Feier des Silberhochzeitstages trinken wir noch ein wenig Portwein, genießen dabei die  Abendgesänge einer Drossel, eines Rotkehlchens und eines Zaunkönigs. Einige größere Fische springen immer wieder durch die Wasseroberfläche. Unsere Hoffnung, noch einen Otter oder einen Biber zu Gesicht zu bekommen, erfüllt sich nicht. Womöglich erscheinen wir ihnen doch als Störenfriede, oder sie sind gerade nicht da, wo wir sind.

Allzu lang wird der Abend nicht, bald löschen wir das Feuer sorgfältig und machen uns dann bettfein. Wir sind sehr entspannt, wir haben Zeit, und um uns herum wird es immer ruhiger: auch die Vögel schlafen schon. Dann schließen wir unser Zelt und erklären unseren Silberhochzeitstag für gelaufen. Wir sind sehr zufrieden.