Kanu & Natur

ein persönliches Blog von Jürgen Clausen

Von Vorbeck bis Weitendorf

Geschrieben am 11.07.2005 in Kanureisen (2005) —   Warnow (Geändert am 05.07.2017)

Teil 3 von 4 in der Serie Warnowtour 2005 mit Alex

Am Morgen stehen wir zeitig auf, so daß wir schon um 9:30 Uhr im Kanu sitzen. Es ist kaum noch neblig, und die aufgehende Sonne hat das  Zelt schon getrocknet. Wir nehmen wieder nur soviel an Ausrüstung mit, wie wir unbedingt über Tag zu brauchen glauben. Statt der Holzpaddel wählen wir die aus Alu - Kunstoff, weil wir noch mehr Steine und Grundberührung erwarten.

Kurz unterhalb von Gutshof Vorbeck mündet von links kommend der Cambser Bach ein: auch er ist kein Paddelgewässer, er ist sehr flach und schmal, außerdem gibt es mehrere Biberdämme in seinem Verlauf zwischen Cambser See und Warnow.

Nach etwa 2 km Wiesenstrecke kommt wieder Wildnis: wir sind im Naturschutzgebiet Langen Brütz. Zuerst treffen wir erneut auf Baumhindernisse, dann auch Steine und flache Stellen, und alles bei reichlich Strömung. Wir haben alle Hände voll zu tun, überall heil durch zu kommen und das Boot heil bleiben zu lassen. Ein paar Schrammen am Boot gibt es natürlich schon, bei aller Vorsicht.

bewaldete Warnow-Schlucht

bewaldete Warnow-Schlucht

Unsere Taktik ist: immer bremsen, wenn es scharf um eine Kurve geht oder andere Hindernisse aufkreuzen. Dann hat man viel mehr Möglichkeiten, auf alles mit angemessenen und Kräfte schonenden Steuerbewegungen zu reagieren.

alte Mühle Karnin

alte Mühle Karnin

Das Wehr bei Karnin ist zu umtragen, eigentlich eine sehr schöne Stelle im Wald, aber die hat es in sich: vom Aussetzpunkt bis zum Einsetzpunkt ist es sehr morastig, und wir müssen unser Boot und die Ausrüstung ziemlich weit tragen, bis wir wieder einsetzen können. Das ist wohl je nach Wasserstand verschieden an dieser Stelle. (Nachtrag: inzwischen gibt es feste Stege zum Aus - und Einsetzen).

flott auf die Hindernisse zu

flott auf die Hindernisse zu

Nach diesem Wehr geht es noch einmal für 2 km richtig zur Sache, mit buchstäblich allen Schikanen: Steine aller Art und Größe, Stromschnellen, umgestürzte Bäume und teilweise sehr heftige Strömung. Landschaftlich ist alles sehr reizvoll, aber man hat wenig Zeit, es richtig zu genießen. 

Warnow im Naturschutzgebiet vor Langen Brütz

Warnow im Naturschutzgebiet vor Langen Brütz

Einige Stellen bin ich später noch einmal mit dem Fahrrad abgefahren, eine wirklich wilde Gegend! Auf unseren Fotos sieht man natürlich nur die harmloseren Stellen, bei den anderen hatten wir keine Zeit zum Fotografieren, sondern genug damit zu tun, unser Kanu zu beherrschen. Man sollte schon ein eingespieltes Team sein!

Achtung: die vorgenannte Strecke von Langen Brütz bis Zaschendorf befindet sich im "Naturschutzgebiet Warnowtal bei Karnin". Sie ist im Jahr 2013 komplett für den Kanutourismus gesperrt worden.

Warnow, hier als langweiliges Wiesengewässer

Warnow, hier als langweiliges Wiesengewässer

Bevor wir unter der Brücke der Straße von Müsselmow nach Zaschendorf durchfahren, kommen wir noch an eine Sohlgleite aus solidem Granit, die wir jedoch kaltblütig durchpaddeln. Anschließend sind wir nur noch in Wiesen unterwegs, bis hin zum Mickowsee bei Holzendorf.

Der Mickowsee selbst ist sehr flach und verschlammt, man durchfährt ihn mittig, sieht dabei ein höheres Haus in Nutteln. Links der Mitte befindet sich eine Pfahlreihe. Auf dieser sitzen ein paar Kormorane und etwas, das von weitem wie eine Gans aussieht. Da Gänse aber nun mal nicht auf Pfählen sitzen, weiß ich sofort, das muß ein Seeadler sein. Der bleibt auch noch eine Weile sitzen, er hat Beute, an der er mit seinem riesigen Schnabel herumzupft, wie wir im Fernglas erkennen kann. Bis auf etwa 100 m lässt er uns herankommen, dann fligt er auf und nimmt auf einer hohen Buche am westlichen Ufer Platz.

Ca 1 km hinter dem See liegt die Brücke der Straße von Nutteln nach Gustävel, dahinter kommt ein Wehr. Hier setzen wir aus, doch wir sind nicht allein: etwa 10 Boote mit vielleicht 30 Passagieren setzten gerade ein! Wir lassen sie ruhig abfahren, machen unsere Essenspause und laufen noch etwas herum. Der Kanuverleiher, der die Gruppe hier eingesetzt hat, versucht den Anhänger wieder an zu koppeln, den dieser aus uns unerfindlichen Gründen abgekoppelt hatte, obwohl er noch mit Ausrüstungsgegenständen voll beladen war und auch in die falsche Richtung zeigte. Wir helfen ihm dabei, dann wendet er im Gelände sein Gespann, was sich als ziemlich schwierig herausstellt.

Die Zweimännerbrücke in Altnecheln

Die Zweimännerbrücke in Altnecheln

2-Männer-Brücke in Alt-Necheln

2-Männer-Brücke in Alt-Necheln

Bald setzen auch wir wieder ein, fahren dann langsam die Warnow hinunter, die Strömung ist schwach. Wiesen und Sumpfwald wechseln sich ab, wir passieren auch die sog. "Zweimännerbrücke" in Altnecheln. An diesem Ort befindet sich das "Haus Biber &Co", Herr Lindemann betreibt hier eine umfangreiche Ausstellung über das Leben der Biber und Fischotter. Jährlich findet hier auch eine Tagung über Biber statt.(tel.038483 20845 0d. 29648) (Nachtrag: Herr Lindemann verstarb leider 2008, das Haus Biber &Co gibt es vorläufig aber noch).

klares Wasser in der Warnow

klares Wasser in der Warnow

Das Wasser ist sehr klar, der Grund sandig, so hat man es gerne. Sehr viele Fische sind zu sehen,auch recht große Forellen, was uns viel Genuß bereitet. Eisvögel gehören auch zu unseren Reise - Genossen.
 

Fischtreppe bei Weitendorf

Fischtreppe bei Weitendorf

Bald tauchen die Nachzügler der Jugendgruppe auf, die vor uns am Wehr von Nutteln einsetzen, teilweise französisch sprechende Jugendliche.
Als wir dann allmählich auf Weitendorf zusteuern, werden es mehr, an der Umtragestelle der Fischtreppe von Weitendorf stauen sich die Kanus. Wir helfen einigen Leuten beim Umtragen, dann fotografieren wir noch einige, die durch die Fischtreppe fahren wollen. Bei denen dauert es länger als bei uns das Umtragen, aber sie haben auch ihren Spaß. Ein Vater mit Sohn macht es ihnen nach. Das sind wohl auch Leute mit Mietboot, dem eigenen würde man es doch nicht zumuten wollen...? Aber dem Mietkanu schon!?

WWR Weitendorf

WWR Weitendorf

Nach dem Umsetzen paddeln wir in unserem Kanu in sehr flotter Fahrt unter der Straßenbrücke von Weitendorf hindurch, wobei es reichlich Steinberührung gibt. Ausweichen ist nicht möglich, denn das Wasser schwallt auf ganzer Breite und Länge, so dass man die Pfähle und Steine nicht sicher erkennen kann.

Wir kommen heil durch und setzen am ersten kleinen Anleger aus, tragen unser Boot zu einer der letzten noch freien Stellen des Wasserwanderrastplatz. Der WWR hier ist bislang nur mit einem Kalt - Wasseranschluß, ohne WC, nur mit Chemieklo ausgestattet. Wegen der Lage ist er aber trotztdem stark frequentiert. Hier steht mein Fahrrad, und nach einer kleinen Pause mache ich mich auf dem Weg zum Auto. Es ist jetzt gegen 16:00 h.

Die Strecke ist landschaftlich außerordentlich schön, sehr hügelig, teilweise mit Wald, kleine Felder oder Grasflächen bestimmten das Bild. Es richt gut. Aber ich habe ein merkwürdiges Gefühl: ich spüre, mein Fahrrad würde Probleme bereiten, und genau so kam es. Nach ca. 6 km habe ich keine Luft mehr im Hinterreifen, also packe ich das Flickzeug aus und repariere den Schlauch. Nach einer kurzen Fahrstrecke ist wieder die Luft raus: da flicke ich noch einmal, aber auch das hält nicht lange. Da beschließe ich, mein Fahrrad zu schieben. Es ist sehr warm, und bald ist meine Wasserflasche leer. Nach ein paar Kilometern kommt ein Dorf, und bei einem Haus, auf dem "Zimmervermietung" und Eis angeboten wird, klingele ich, esse ein Eis und bitte um Füllung meiner Flasche mit Leitungswasser. Der Mann hat sogar noch einen Fahrradschlauch, doch die Größe ist nicht passend für mein 26"-Rad.

So schiebe ich weiter, zuerst noch auf festen Straßen. Ich entdecke eine Blindschleiche, die sich auf dem warmen Asphalt sonnt und kann sie fotografieren. Dann schiebe ich  durch Wälder, immerhin ausgeschildert als Fahrradroute. Zwischendurch ruft mich Alexander an, wo ich denn bleibe, und ich schildere ihm die Situation.

In Vorbeck beim Auto bin ich dann gegen 20:30 h. Ich hole noch mein Akkuladegerät aus der Küche, wo ich es am Morgen hatte liegen lassen und mache mich schnell auf den Weg. Nach ein paar Stunden Fußweg habe ich starken Hunger und will endlich auch das Zelt aufbauen, das wir ja im Auto gelassen hatten. In Weitendorf bin ich um 21:00 h angekommen. Die Gruppe, die ebenfalls am Wasserwanderrastplatz Vorbeck mit uns übernachtet hatte, ist auch angekommen und zeltet direkt neben uns in der letzten Ecke der Wiese. Also Zelt aufbauen, kochen und essen. Für mich ist der Abend dann gelaufen, mein Triathlon hatte mir gereicht. Obwohl der Platz voll war, tritt gegen unsere Befürchtungen relativ früh Ruhe ein, und es wird eine angenehme Nacht.