Kanu & Natur

ein persönliches Blog von Jürgen Clausen

Schwentine 5. Februar

Geschrieben am 07.02.2014 in Kanutagebuch (2014) —   Schwentine (Geändert am 05.07.2017)

Für den Mittwoch den 5.Februar ist sanftes Wetter angesagt, ich möchte wieder aufs Wasser. Mein Kanu liegt noch auf dem Autodach, da ich bereits am Sonntag unterwegs gewesen war. 

Heute möchte ich einen meiner Lieblingsabschnitte der Schwentine paddeln. Ich setze in Schwentinental-Klausdorf beim Kanuverein von deren Holzsteg aus ein. An der Badestelle ist noch zuviel Eis. Die Wiese ist von Kanadagänsen bevölkert, sie sind relativ ruhig und fressen vom frischen Gras. 

Kanadagänse

Kanadagänse

Ich paddle östlich an der Insel vorbei. Schon am Beginn der Gabelung entdecke ich zwischen einigen Stockenten einen Zwergtaucher, der sich aber nur kurz sehen lässt und schnell wieder abtaucht, wie es so seine Art ist. Als ich an den restlichen Tannen vorbei komme, die noch am Ostufer erhalten sind und nicht Opfer des Sturmes im vergangenen Winter wurden, höre ich leises Gesinge: einige Schwanzmeisen geben sich die Ehre und hüpfen in den Tannen umher. Was für eine Freude!

Die Sonne scheint, es ist etwa 6° C warm. Der Wasserstand der Schwentine und die Strömung ist ganz ordentlich, so dass ich ganz gut zu tun habe, um vorwärts zu kommen. Ab und zu versucht eine Windbö, mein Kanu zur Seite zu drücken. Da es fast unbeladen ist, fahre ich auf diese Weise also ab und an einen Zickzackkurs. Über dem Acker links von mir fliegen einige größere Singvögel, es könnten Wacholderdrosseln sein. 

Schwentineinsel

Schwentineinsel

Als ich an der Hochspannungsleitung ankomme, fliegt ein Bussard auf: der hat wohl in einer der niedrigen Erlen gesessen. Ein paar Meisen singen in dem dichten Gehölz, das sich in einigem Abstand vom Ufer gehalten hat.  Am Ufer selbst sind die meisten Bäume im Laufe der letzten Jahre umgefallen und bieten nun diversem Kleingetier, Moosen und auch anderen Pflanzen ein neues Zuhause. Der Kreislauf der Natur ist hier bestens erkennbar.

Links liegt nun ein größeres Feuchtgebiet, das für Menschen relativ unzugänglich ist. Ich entdecke dort die typischen Wühlspuren von Wildschweinen. Ein Eichelhäher fliegt aus einer der Erlen auf, besonders eilig hat er es aber nicht. Etwa 50 Meter vor mir sehe ich ein weißes Gefieder schwimmen: bald kann ich, wie bereits vermutet, einen Gänsesäger ausmachen. Auch ein Weibchen ist dabei. Viel näher lassen mich die beiden aber nicht an sich heran kommen und fliegen bald auf. Später sehe ich noch ein anderes Gänsesägerpärchen hoch über mir fliegen. 

An den Ufern sitzen noch schmale Eiskanten, ihre Höhe zeugt davon, dass der höchste Wasserstand bereits vorbei ist. Sie hängen etwa 10 cm in der Luft. Nur kleine Buchten sind noch komplett zugefroren. Einige Weiden sind bei einem der letzten Stürme umgekippt, es gibt aber immer genügend große Lücken für mein schmales Holzkanu.

Erstes Grün

Erstes Grün: an einer Esche

Bald erreiche ich den kleinen Schiffsanleger und beschließe, dort anzulanden und mir die Beine ein wenig zu vertreten sowie ein paar Kekse zu futtern. Ist es sonst unmöglich, den dortigen Weg durch die angrenzenden Sümpfe zu verlassen, kann ich jetzt fast überall hintreten, da bis auf einige wenige Stellen der Grund und die Wasserlöcher dort noch gefroren sind. Es gibt bereits ein wenig Grün, sowohl einige Schilfpflanzen und auch die ersten Eschenzweige zeigen Frühlingssymptome. Erlen und Hasel blühen. 

Pause am Anleger Oppendorf

Pause am Anleger Oppendorf

Ich wandere noch ein wenig umher, erklettere dabei auch einen Baumstamm, der in die Schwentine hinein ragt. Dann steige ich wieder in mein Kanu. Bevor ich wieder starte, ziehe ich erst einmal meinen Kälteschutzanzug in Form. Das Oberteil hat die verständliche Tendenz, bei Klettereien hochzurutschen und wärmt dann nicht mehr. 

Ein Paddler kommt vorbei, wir kennen einander  und grüßen uns freundlich. Ich will noch ein wenig aufwärts fahren, allerdings wird die Strömung immer stärker. So verliere ich nach kurzer Zeit die Lust an der körperlichen Anstrengung und wende mein Kanu. Eine ganze Weile lasse ich mich nur treiben und genieße die Stille, ohne paddeln zu müssen. Zwei Zaunkönige wuseln laut rufend im nahen Gestrüpp in einigem Abstand voneinander am Ufer umher, ein Schellentenpärchen überfliegt mich. Ich freue mich! Ab und zu lande ich an einem Ast eines umgefallenen Baumes an, halte mich nur fest und lausche den Stimmen und Geräuschen der Natur. Der Wind hat auch zugenommen. An der Insel vorbei paddelnd, sehe ich auch dort Wildschweinverwühlungen zwischen den dort sich ausbreitenden Schwertlilien. Hoch erfreut höre ich in der Ferne glockenhellen Gesang: es hört sich an wie Kranichrufen, aber ich denke, es werden Singschwäne gewesen sein!

Moosbaum

Moosbaum

Bald habe ich die Insel umrundet und bin fast wieder an der Badestelle angelangt, an der mein Auto steht. Durch den hohen Wasserstand kann ich eine Stelle zum Aussteigen nutzen, die sommers nicht praktikabel ist. So habe ich mein Kanu und meine Ausrüstung nur einen sehr kurzen Weg bis zum Auto zu tragen. Viele Kanadagänse weiden in meiner Nähe, etliche schwimmen auch in der Schwentine umher. 

Meine kleine Kanutour hat nur zwei Stunden gedauert, und das ist genau die richtige Dosis für diese Jahreszeit. Gefroren habe ich kein bisschen, allerdings trug ich meistens Handschuhe, wenn auch nur dünne. Ich liebe es ganz besonders, wenn es so sonnig ist, dass ich statt der Parka eine Weste tragen kann und keine Handschuhe mehr benötige. Das kann allerdings noch dauern, schließlich ist es ja erst Anfang Februar.

Ganz locker und erholt komme ich zuhause an und kann meine Arbeit im Büro fortsetzen. Es war wieder sehr schön! Da für die kommenden Tage Regen und stärkerer Wind angesagt ist, habe ich noch den richtigen Zeitpunkt für mein kleines Abenteuer erwischt.

Geschrieben in Kanutagebuch (2014)