Kanu & Natur

ein persönliches Blog von Jürgen Clausen

In den Breitenburger Moorkanälen am 6. Juni

Geschrieben am 08.06.2016 in Kanutagebuch (2016) —   Breitenburger-Kanal (Geändert am 05.07.2017)

Am 6. Juni treffe ich mich mit einer lieben Freundin, um ein paar Stunden in der Wildnis der Breitenburger Moorkanäle zu paddeln. Die Breitenburger Moorkanäle liegen nahe Itzehoe und dienten in vergangenen Zeiten dem Abtransport von Torf, Zement und Kalk (Kreidegruben von Lägerdorf sind Schleswig-Holsteinern ein Begriff). 

Röschen im Wasser und an Land

Röschen im Wasser und an Land

Wir starten am Förderband, und um uns herum singen viele Vögel. Wir unterscheiden Zaunkönige, Fitisse, Mönchsgrasmücken, Zilpzalpe, Singdrosseln und Amseln. Es ist still, auch weht nur ein sehr schwacher Wind. Die Temperatur klettert  heute wieder auf 27 Grad. Ich beobachtete bereits eine Ringelnatter, während ich noch auf meine Paddelpartnerin wartete. 

Pause am Breitenburger Moorkanal

Pause am Breitenburger Moorkanal

An beiden Ufern sind die vor 6 Jahren radikal abgesägten Erlen wieder recht groß geworden und bilden dichtes Buschwerk. Einige seltenen Rosengewächse füllen die Lücken, die Blüten sind nicht größer als Brombeerblüten, die es hier ebenfalls gibt. Der Hollunder steht auch in voller Blüte, und an manchen Stellen wabern richtige Wolken von seinem Duft durch die Luft zu uns auf dem Wasser. Im Wasser schwimmen und blühen die ersten Seerosen und Teichmummeln (Teichrosen), und wir entdecken auch blühende Brunnenkresse, Wasserfarn und sogar einige Krebsscheren. An einer Stelle blühen diese seltenen Wasserpflanzen sogar schon. An vielen Uferstellen blüht bereits der Wasserdost in strahlendem Weiß.

gerader Kanal, aber trotzdem sehr schön

gerader Kanal, aber trotzdem sehr schön

Wir genießen die Stille mit dem Vogelgesang sehr. Als wir in einen Seitenkanal einbiegen, ertönt plötzlich rechts neben uns der Gesang einer Klappergrasmücke. Ein Graureiher fliegt auf, er hat auf einem trockenen Ast über dem Wasser gesessen. An manchen Stellen flüchtet ein größerer Fisch. Mancher macht richtige Platschgeräusche dabei. Wo immer es möglich ist, versuchen Groß- und Kleinlibellen ihre Eier abzulegen, wenn sie nicht gerade Kleininsekten jagen. Es ist ein durchgängiges Surren ihrer Flügel in der Luft, und diese wird durch die pralle Sonne zum Flimmern gebracht. Ein Eisvogel fliegt auf und scheint sich mehrere hundert Meter weiter wieder auf einen neuen Ansitz gesetzt zu haben.

am renaturierten Moor bei Rethwisch

am renaturierten Moor bei Rethwisch

Während wir ganz langsam weiter paddeln, fliegt die Klappergrasmücke neben uns von Busch zu Busch. Auf diese Weise folgt sie uns mehrere hundert Meter. Kurz vor unserem Pausenplatz lässt sogar ein Sprosser seine schlagenden und klagenden Rufe erklingen! 

Neben-Kanal im Breitenburger Moor

Neben-Kanal im Breitenburger Moor

Wir legen an, trinken Tee und essen kleine Snacks. Eine Singdrossel  unterhält uns mit ihrem eindrucksvollen Repertoire. Dann ertönt plötzlich ein Gesang, den wir hier überhaupt nicht erwartet haben: direkt in den hohen Erlen neben uns ruft ein Pirol! Die gesamten ca. zwanzig Minuten, die wir dort am Ufer verweilen, beglückt dieser Vogel uns mit seinem unverwechselbaren Gesang! Das ist eine große Freude für uns. 

Start- und Zielpunkt am Breitenburger Kanal

Start- und Zielpunkt am Breitenburger Kanal

Bald paddeln wir wieder zum Hauptkanal zurück. Kurz vor einem Abzweig zu einem anderen Stichkanal hören wir ein Knackgeräusch in einem der Erlen, können den Grund dafür aber nicht bestimmen. Als wir direkt unter diesem Baum sind, fliegt ein riesiger brauner Vogel auf! Es ist ein junger Seeadler. Wir sind fast geschockt, ich jedenfalls habe eine Gänsehaut bekommen und fühle mich vorüber gehend kraftlos. Auch meine Mitpaddlerin kann kaum etwas sagen, hat das noch nicht erlebt. Ich habe eine Seeadler-Überraschung durchaus schon ein paarmal erlebt, aber es ist immer wieder voller Erlebensgewalt!

Wir möchten noch gerne bis zum neuen Renaturierungsgebiet des Rehtwischer Moors paddeln, um dort anzulegen und einen Blick auf das nun seit einigen Jahren wieder vernässte Gebiet werfen, wo jahrzehntelang industriell abgetorft wurde. Wir finden eine gute Stelle zum Anlegen an dem eigentlich viel zu hohen Uferhang und steigen aus dem Kanu. Während wir unseren Blick über Wasser, Binsenflächen und Buschwerk schweifen lassen, hören wir die hohen Rufe vieler Wasservögel. 

Auf unserem Rückweg sehen wir wieder einen Eisvogel, und urpötzlich fangen Frösche ganz laut zu quaken an. Gleichzeitig hören wir aus der Richtung Hörner Moor, das ein ganzes Stück weiter östlich von uns liegt, lautes Kranichrufen. 

Beglückt über all unsere schönen Eindrücke, die uns diese Wildnis hier bietet, bewegen wir uns mit unserem Holzkanu zu unserem Startpunkt zurück. Dort essen wir noch ganz gemütlich auf mitgebrachten Campingstühlen sitzend unsere Salate und das Obst, bevor wir unseren Ausflug ausklingen lassen und diesen schönen Ort wieder verlassen. Es ist fast Abend, aber immer noch sehr warm. 

Geschrieben in Kanutagebuch (2016)