Kanu & Natur

ein persönliches Blog von Jürgen Clausen

Windiges Paddelwochenende auf der Schwentine

Geschrieben am 11.05.2011 in Kanutagebuch (2011) —   Schwentine (Geändert am 13.09.2017)

Samstag

Am Samstag den 7. Mai 2011 haben wir immer noch anhaltendes Sommerwetter (schon seit über 3 Wochen). Der Himmel ist klar, aber es weht ein intensiver Ostwind bis Stärke 4. Natürlich wollen wir trotzdem eine schöne Zeit auf dem und am Wasser verbringen.  Wir beschließen kurzfristig, Wahlstorf als Einsetzstelle zu nutzen und von dort die Schwentine aufwärts zu paddeln, so weit wie wir Lust haben gegen Wind und Strömung.

Pause an der Schwentine Große Breite

Pause an der Schwentine Große Breite

Morgens erledigen wir den Wochenendeinkauf. Dann frühstücken wir und bereiten uns Frikadellen und einen Tomaten-Champingnon-Salat zum Mitnehmen. Bald sind wir abfahrbereit, holen unser Holzkanu samt Ausrüstung aus dem Bootshaus und setzen gegen Mittag bei Fischer Bock in Wahlstorf ein. Dort sind schon erstaunlich viele Gäste, die meisten allerdings nicht mit dem Kanu.

Wir paddeln aufwärts gegen starke Windböen, als ich mal ein Stück knie, fliegt mir mein Sitzkissen davon. Wir paddeln ein Stück zurück und fischen es aus dem Wasser. Da es aus geschlossenzelligem PE-Schaum besteht, trocknet es sehr schnell.

Wo die Schwentine in den Fuhlensee fließt  wird es ruhiger, und wir genießen das klare Wasser. Die Strömung ist hier noch schwach, und langsam paddeln wir dieses schöne Stück Schwentine bis zum Kronsee. (der "Kronsee" hat seinen Namen  in Anspielung auf "de Kraan" erhalten, Niederdeutsch für "der Kranich", das "aa" wird im Niederdeutschen etwas ins "o" gezogen). Unter den tief hängenden Zweigen der Ohrweiden haben einige "Zappies", so nennen wir die Blässhühner, ihr Nest gebaut. In den Büschen singen Buchfinken und Blaumeisen, ab und zu lässt ein Fitis-Laubsänger sein sanftes "Tirilä-it" hören.

Auf dem folgenden Kronsee liegen wir dann wieder frontal im Wind und paddeln die gut 500 Meter so schnell wir können, um daraufhin die geschützte Schwentine um so mehr genießen zu können. Der Gefälleabschnitt, der nun kommt, ist eines der schönsten Schwentineteile, die es gibt. Da wir aber aufwärts paddeln wollen, wir haben kräftige Strömung und gut zu tun, um den halben Kilometer zur Großen Breite zu gelangen. Genießen tun wir es trotzdem, es ist hier einfach immer schön.

Da wir ja Ostwind haben, kommt er jetzt auf der Großen Breite wieder von vorne. Wir haben kein Ziel, paddeln einfach ein wenig aufwärts gegen den Wind und die aufkommenden Wellen und erfreuen uns an frischer Luft und der körperlichen Bewegung. Viele Graugänse fliegen hier umher, einige grasen auf den umliegenden Wiesen, manche schwimmen im Wasser, es könnten knapp hundert sein. Wir nehmen Kurs auf eine kleine Bucht, in der es glatt und windstill ist. Ich erkenne im Schilf einen jungen Hecht, der mindestens 50 cm misst. Leider bekommt Gundula ihn nicht zu sehen. In den nächsten Minuten sehen wir noch 2 weitere kleinere Hechte mit ihren auffallenden Rückenmustern still über dem Grund stehen. Wir erfreuen uns noch eine Weile an den Naturerscheinungen um uns herum, dann paddeln wir noch ein Stück aufwärts und gegen den Wind, bevor wir uns ein stilles Plätzchen suchen, wo wir essen und trinken und ein paar Stunden damit verbringen, den Seeadlern dabei zu beobachten, die anderen Tiere in Aufruhr zu versetzen, selbst aber von Krähen und Möwen genervt zu werden. Einer der beiden hat auch schon einige Schwingenfedern verloren.

Am späten Nachmittag, als wir schon eine Zeitlang der Natur gelauscht  und es uns haben gutgehen lassen, wollen wir dennoch die Rücktour antreten. Es ist deutlich kälter geworden, der Wind kühlt uns mehr ab als die Rest-Sonneneinstrahlung ausgleichen kann. Alles ins Kanu gepackt, lassen wir es ins Wasser der Schwentine gleiten und lassen uns vom Wind vorwärts drücken. Ab und zu hält Gundula ihr Paddel in die Luft. Am Ende der Großen Breiten  haben wir wieder Strömung, langsam aber immer schneller werdend treiben wir diesen wunderschönen Abschnitt hinunter. Nur sehr wenige Kanus sind unterwegs, die Leute genießen schweigend die Natur wie wir. Im sehr klaren und schnell fließenden Wasser entdecken wir einige Fische in verschiedenen Größen, einige Blässhühner suchen nach Genießbarem. Extrem viele Muscheln liegen am Grund, teilweise lebende und viele offene Schalen.

Wir treiben so langsam wie nur irgend möglich abwärts, sind dann aber doch bald im Kronsee und lassen uns durch den Wind weitertreiben. Wieder sehen wir einen Seeadler, und eine Wiesenweihe streift an den Ufern entlang. Der kleine Kronsee ist leider zu schnell durchpaddelt. Der folgende Schwentinearm fließt zum Glück langsam, so dass wir noch etwas Zeit haben. Vor dem Fuhlensee ist das Wasser schon ziemlich tief, etwa 2,50 Meter, aber trotzdem können wir am Grund Wasserpflanzen und Muscheln erkennen. Dann sind wir wieder dem Wind ausgesetzt, Gundula "setzt Paddel" zum Segeln. Als wir dann wieder beim Fischer Bock sind und alles verpackt haben, ist es fast 18:00 Uhr. Wir fahren langsam wieder nach Kiel und freuen uns, einen so schönen Nachmittag auf dem Wasser verbracht zu haben. 

Zu Hause sind wir dann ziemlich "platt", soviel frische Luft und doch ein wenig anstrengendes Paddeln hat seine Spuren hinterlassen. Wir sind uns nicht sicher, dass wir am Sonntag noch paddeln wollen.

Sonntag

Am Sonntag Morgen (Kaffee am Bett) besprechen wir, was wir denn heute so unternehmen wollen: der Himmel ist immer noch blau, und es ist immer noch sehr windiges Wetter vorausgesagt, und schon am Morgen gegen 7:00 Uhr weht ein kräftiges Lüftchen.

Gundula will ungedingt paddeln, und ich fühle mich auch erholt und schließe mich ihrer Meinung an. Wir beschließen, trotz des starken Windes wieder in Wahlstorf zu starten und dann abwärts über den Lanker See bis Schwentinental/Raisdorf zu paddeln.

Viel vorzubereiten gibt es nicht, es ist ja alles gepackt und das Kanu auf dem Auto. Wir machen uns belegte Brötchen und fahren mit beiden Fahrzeugen los. Ein Auto lassen wir gleich hier an unserem Ziel am Rosensee stehen. Der Parkplatz dort ist schon vor Mittag recht voll, so dass ich eine Ausweichmöglichkeit nutze. Wir fahren nach Wahlstorf und setzen dort ein. Der Fischer meint, da hätten wir unser Kanu ja auch gleich bei ihm lassen können, nun ja, wir wussten ja am Samstag noch nicht, wie wir das Wochenende weiterhin gestalten wollten.

Sehr langsam gleiten wir die Schwentine abwärts am Gut Wahlsdorf vorbei. Ein Anglerkahn wird aufwärts getreidelt, ein Mann zieht das große Ruderboot barfuß(!) über die für ihr Boot zu flachen Stellen. Ich finde "barfuß" sehr gefährlich, da hier viele scharfe Muscheln liegen und auch Müll wie Blecheimer mit abgerostetem Boden etc. Wir lassen uns durch das klare Wasser und die starke Strömung beglücken und wünschen dem Angler im Stillen, er möge heil durchkommen.

Wir registrieren, dass das viele Wasser des Winters eine Menge Sand im Bett der Schwentine vor dem Herrenhaus Wahlstorf abgelagert hat, und es ist ein Stück weiter abwärts ein großes Stück Ufer abegrissen worden, so dass einige Baumstubben jetzt im freien Wasser stehen.

Lanker See

Lanker See: noch ist es fast windstill, aber bald...

Wie schon der Fischer gesagt hatte, ist der Wind  schwach, als wir auf den Lanker See kommen. Es ist immer wieder ein Genuss, auf diesen schönen zerklüfteten See hinaus zu paddeln. Ein paar Graugänse fliegen umher, ansonsten ist es ziemlich still. Die Weiden, Pappeln und Erlen an den Ufern leuchten geradezu in frischen Frühlingsgrün. Der Adlerhorst, der unzugänglich in den hohen Pappeln nahe der Sonneninsel im Winter gut zu sehen war, wird komplett durch das Laub getarnt. 

Dann frischt der Wind auf, und er kommt ziemlich von der Seite. Schnell entstehen recht große Wellen, und wir lassen uns durch geschicktes Ausnutzen des Windes eine Zeitlang nach Norden treiben, um dann in geeigneter Position unser Holzkanu etwas zu drehen und den Wind von hinten zu nutzen. Jetzt sind wir soweit, nicht gegen die Sonneninsel , sondern rechts daran vorbei gedrückt zu werden.

Dann erscheint ein großer Seeadler über dem Westufer, kommt uns immer näher und dann recht nah heran. Wir bekommen eine Airshow erster Güte geboten, wobei die Sonne manchmal direkt durch sein Gefieder scheint. Das beglückt uns noch mehr, als wir durch das schöne Wetter und das Spiel mit dem Wind ohnehin schon sind. Er wird von einer Krähe attackiert, ein paar Möwen kommen hinzu, er lässt sich tatsächlich vertreiben. Die vorher aufgescheuchten Graugänse werden wieder ruhiger, gehen auf das Wasser zurück. Den Seeadler sehen wir jetzt auf einem der Steine sitzen, die auf der Kührener Seite des Lanker Sees ein wenig aus dem Wasser ragen.

Um die Sonneninsel herum wird es fast windstill, wir müssen tatsächlich auch noch etwas paddeln. So sind wir bald an der rechts liegenden Halbinsel Altenhöfen vorbei, ein paar turtelnde Haubentaucher lassen sich durch uns nicht stören. Der Wind hat uns wieder, und um nicht sofort in Richtung Westufer gedrückt zu werden, halte ich mit meinem großen Paddel so dagegen, dass wir noch ein paar hundert Meter in Richtung Norden "segeln", etwa 30° gegen den Wind. Die Wellen nehmen immer mehr an Höhe zu, und irgendwann ist es sogar Gundula zuviel: ich drehe unser Kanu jetzt nach Westen auf den Strand in Preetz zu, links an der kleinen Insel vorbei. Jetzt haben wir den Wind gerade im Rücken, und im Sausetempo pflügen wir geradezu durch die Wellen, die uns von hinten umspülen und uns teilweise auch anheben.

Am Strand der Badestelle von Preetz ist die für Kanus vorgesehene Anlegestelle schon recht voll, aber wir nutzen eine verbliebene etwa 1,20 Meter breite Lücke, um punktgenau mit Schwung einzuparken. Der Sand bremst uns ab, wir steigen aus und machen es uns neben den anderen Paddlern gemütlich, essen unsere mitgebrachten Brötchen. Es ist trotz des Windes warm, und wir genießen eine lange Pause. Kurz bevor wir selbst ablegen wollen, kommt eine Gruppe zu den drei Kanus der örtlichen Kanuvermietung, die dort am Strand liegen. Zunächst sehen wir nur Kinder und eine Jugendliche und fragen uns schon, wie man bei derartigem Wind Kindern Kanus vermieten kann, um auf den Lanker See zu fahren. Dann kommt noch ein Pärchen hinzu, und sie alle setzen ihre Kanutour fort. Ein Kanu wird von sehr unerfahrenen Paddlern gefahren, zum Glück wollen die wieder zurück zur Vermietung und nicht auf den See. Ein anderes Kanu wird von der Jugendlichen gesteuert, und die kann  gut damit umgehen und hat auch noch eine etwa 10-11-Jährige als "Vorderfrau", der es im Blut liegt, mit einem Paddel das Richtige zu tun. Das sehe ich sowohl beim Einsteigen der anderen als auch beim Ablegen: ich freue mich über diese unerwartete Qualität.

Wir paddeln mit neuer Energie nach Preetz hinein, den Kirchsee entlang und lassen uns dann erstmal wieder ein ganzes Stück treiben, Strömung gibt es ja genug. Auch in Preetz ist viel Ufer abgebrochen und Treibgut angeschwemmt, das für neue Veränderung sorgen wird. Der Wasserstand ist mäßig, und Paddler gibt es auch hier heute kaum. Nahe der B76-Brücke sehen wir rechts am Ufer eine Schildkröte auf einem schrägen, vierkantigen Eichenpfahl: ihre Beine hängen ganz relaxt über die Kanten! Derart erfreut paddeln wir beschwingt weiter.

Die folgenden Kilometer lassen wir uns treiben und beobachten die Natur. Wir treffen noch einige brütende Kanadagänse, eine größere Ringelnatter überquert die Schwentine vor Rastorf. Zu unserer Freude sehen wir noch einige Flussuferläufer. An der Raststelle "Pferdewiese" liegen ein paar Kanus, deren Besitzer lassen sich die Sonne auf ihre Haut scheinen. Alles ist gut.

Gegen 16:30 Uhr bekommen wir einen Anruf, dass Besuch für uns zuhause ist. Den hatten wir eigentlich erst ein paar Stunden später erwartet, aber so paddeln wir das Reststück über den Rosensee etwas flotter und kommen auch bald an der Einsetzstelle an. Wir verpacken Kanu und Ausrüstung und holen dann unser zweites Fahrzeug aus Wahlstorf ab. Warm ist es immer noch, und sehr windig. Ein sehr schöner Paddelwochenende ist zu Ende. Das Kanu bleibt auf dem Dach, die Ausrüstung im Auto, denn am nächsten Tag will ich mit unserem Besuch auch noch paddeln.

Geschrieben in Kanutagebuch (2011)