Kanu & Natur

ein persönliches Blog von Jürgen Clausen

Schwentine am 16.7.2011

Geschrieben am 17.07.2011 in Kanutagebuch (2011) —   Schwentine (Geändert am 05.07.2017)

Für diesen Samstag ist vorübergehendes Schönwetter angesagt, wir beschließen, eine kleine Kanutour zu unternehmen. Wie meist erörtern wir viele Möglichkeiten: gerne die Schlei, aber es sind 3-4 Windstärken angesagt, das muss heute nicht sein. Die Stör im Tidenbereich wäre mal schön, aber die Hochwässer an möglichen Einsetzorten sind schon am späten Vormittag vorbei, wie uns der Tidenkalender verrät. Nur so wäre es aber schön: mit der Ebbe abwärts paddeln, dann nach Tidenwechsel wieder zurück. Da müsste man aber zur Zeit früh aufstehen.

Wir entscheiden uns, in Plön in einen der Seen einzusetzen und von dort langsam bis Schwentinental/Raisdorf zu paddeln, dann mit der Bahn das Auto aus Plön wieder zu holen. Ich will daher nahe dem Plöner Bahnhof parken. Also entscheiden wir uns, in der Innenstadt Plöns in den Bootshafen einzusetzen, von dort über den Großen Plöner See in den Kleinen zu paddeln etc.

junger Fitis-Laubsänger

junger Fitis-Laubsänger

Als wir bei uns gerade ins Auto steigen wollen, sind wir plötzlich umringt von kleinen Vögeln: unsere Fitis-Laubsänger sind heute morgen ausgeflogen! Sie haben in unserem winzigen Hinterhof im Efeu in einem der unzähligen Zaunkönignester gebrütet, wie auch schon eine Bachstelze zuvor und ein Rotkehlchen und Drosseln. Aktuell ist jetzt noch eine Drosselfamilie bei uns, die Kleinen sind wahrscheinlich gestern geschlüpft, jedenfalls sahen wir die Altvögel gestern das erste Mal füttern. Wenn alle weg sind, wollen wir das ganze Grünzeug erstmal stutzen, bevor es komplett zuwächst. Aber so viele Vögel wie in diesem Jahr haben noch nie bei uns gebrütet. Im Sommerflieder sahen wir kürzlich auch noch einen seltenen Schmetterling: ein Kaisermantel gab sich die Ehre!

Beim Bahnhof angekommen, sehen wir die Schaumkronen auf dem Großen Plöner See: paddeln wäre zwar noch möglich, aber wir bevorzugen heute mal die Stadtschwentine.  Wir setzen also ein, es sind noch einige weitere Paddler unterwegs. An der Rollenbahn müssen wir wieder aussetzen, damit wir tiefer auf das Niveau der unteren Plöner Seen gelangen. Der Wasserstand in der Stadtschwentine in Plön ist gut, es schauen zwar einige große Steine aus dem Wasser, die Bürsten sind aber gut überspült. Die Abfahrt geht sehr schnell, nach weniger als einer Minute sind wir bereits im Schwanensee, es sind ja auch nur etwa 180 Meter. Vor uns war eine Mutter mit ihrem Sohn gepaddelt, von denen sehen wir nichts mehr, sie sind wohl irrtümlicherweise in den Stadtgraben eingefahren. Der Wasserstand ist allerdings sehr gut, dann kommt man unter der Brücke der Hamburger Chaussee auch gut hindurch, allerdings ist es sehr schmal an den Brücken. Wir nehmen die richtige Ausfahrt aus dem Schwanensee, sie liegt direkt neben den nördlichen Brückenpfeilern der B 76 Brücke.

Plön, umgekippte Weide

Plön, umgekippte Weide

Die Ausfahrten aus den Seen der Holsteinischen Schweiz (und anderswo) sind oft schwer zu finden, hier gibt es nur eine kleine grüne Tonne, die liegt auch noch gut getarnt nahe am Schilfgürtel. Als wir durch den folgenden Abschnitt "Am Birkengrund" paddeln, hindert uns plötzlich eine umgekippte Weide am flotten Durchfahren. Wir schaffen es aber, uns durch das Geäst der Weide hindurch zu quälen. Die Paddler nach uns haben es da schon schwerer, ihnen mangelt es wohl an Improvisationsvermögen. Am Ende schaffen sie es aber auch.

Jetzt sind wir im Stadtsee, links können wir (erneut) unter der B 76 - Brücke hindurch paddeln, kommen so in den Kleinen Plöner See. Trotz des Windes sind die (seitlichen) Wellen mäßig. Da wir einige Besucher beim Baumunterqueren unfreiwillig aufgesammelt haben, möchten wir diese gerne wieder schnellstmöglich an Land setzen: einige Käfer, eine kleine Gehäuseschnecke sowie eine helle, bunte sehr haarige Raupe. Letztere beschäftigt uns am meisten, da sie sehr rege ist und da wir erstmal klären müssen, ob sie nicht zu den Raupen mit giftigen Haaren gehört.

Bläßhuhn mit Küken

Bläßhuhn mit Küken

Wir kommen zu dem Ergebnis, dass sie ungefährlich ist, da die Eichen- und Kiefernprozessionsspinnerraupen dunkel sind, wenn wir uns recht erinnern. Andere giftige kennen wir nicht. Wir steuern die kleine Halbinsel (Fuchsberg") nahe dem Koppelsberg an. Sie ist ein bei vielen Paddlern beliebter Pausenplatz und hat ein paar gute Anlandestellen. Wir übergeben unsere Tierchen der Natur und paddeln dann in Richtung Gut Wittmoldt. Der Südwind kommt jetzt direkt von hinten, wir lassen uns so gut es geht treiben und genießen die dadurch entstehende Ruhe. Links weiden Kühe wie gewohnt, ein paar Graugänse leisten ihnen Gesellschaft.

Einige ruhige Paddelschläge und wir sind bald vorbei an Wittmoldt. Auch Dörnick entschwindet. Wir schauen ein paar Haubentauchern zu, teilweise füttern sie ihre halb flüggen Jungen. Vor dem Dorf Wittmoldt baden einige Paddler, die aus Großcanadiern entsprungen sind. Die Badestelle selbst ist kaum noch zu finden, da der Uferbewuchs stark zugenommen hat. Die "Große Breite", wie die Schwentine hier heißt, wird zusehends schmaler, wir beobachten einen Turmfalken und segelnde Kormorane. Wir selbst segeln jetzt mit Hilfe unseres Anglerschirms, so kommen wir fast bis zum Ende der Großen Breite ohne zu paddeln.

Fische in der Schwentine

Fische in der Schwentine

Die Schwentine wird schmaler, das Wasser ist glasklar, und wir können fast überall auf den Grund schauen. Es gibt viele Fische zu beobachten, nur sehen wir heute keine ganz großen, nur bis etwa 20 cm Länge. Eine Schwanenmutter mit 4 noch sehr kleinen Jungen verhält sich ganz ruhig, als wir auf dem schmalen Fluss recht dicht an ihnen vorbei gleiten.

Wir wollen eine Pause einlegen, dafür werden wir in den Erlenbruch paddeln, der durch den hohen Wasserstand überflutet ist. Ist es trockener, kommt man hier nicht hinein. Wir essen unsere belegeten Brötchen, schauen den kleinen Fischchen und den Köcherfliegenlarven zu. Die Fischchen wühlen mit dem Maul im Grund, die Köcherfliegenlarven wandern sehr langsam über ihn. Eine Bachstelze kommt uns kurz besuchen, während nebenan auf der fließenden Schwentine eine Blässhuhnfamilie vorbei schwimmt.

Familie Haubentaucher

Familie Haubentaucher

Nach unserer Pause lassen wir uns zum Kronsee treiben, paddeln über diesen kleinen See und langsam weiter das nächste Stück Schwentine bis zum Fuhlensee. Ein paar größere Fische springen, im Schilf blühen Weidenröschen, Blutweiderich und schmalblättrige Rohrkolben. Wir sehen einige Teich- oder Sumpfrohrsänger, dann einen Haubentaucher mit Kleinen und eine Stockentenmutter mit 8 Küken, die etwa 2 Wochen alt sind.

An Fischer Bock vorbei kommen wir durch üppige Sumpflandschaft, rechts mäht leider jemand Rasen, was ziemlich starken Lärm verursacht. Der geht aber fast unter, als mindestens 20 schwere Motorräder über die Schwentinebrücke beim Gut Wahlstorf fahren. Als wir weiter in Richtung Lanker See paddeln, kommen uns einige ungeübte Paddler entgegen, die es sehr schwer haben gegen die Strömung. Es ist immer noch windig, und wir sind gespannt auf den Lanker See. Als wir ihn erreicht haben, sind wir erstaunt, wie ruhig er erscheint. Dann wird er doch etwas rauer. Wir wollen den Wind zum Vorwärtskommen nutzen: ich steuere links an der Sonneninsel vorbei (an der gerade einige Paddler anlegen, obwohl es sich um ein Naturschutzgebiet handelt und das Betreten ausdrücklich verboten ist, wie man auf allen Hinweisschildern lesen kann, wenn man denn lesen kann). Wir haben dann den Wind im Rücken, und nun wird der Anglerschirm aufgespannt: von jetzt bis zur Badestelle in Preetz, wo wir pausieren, brauchen wir kaum noch zu paddeln und sind trotzdem so schnell, dass die Bugwelle  rauscht.

Stockentenküken

Stockentenküken

Die Kanuanlegestelle an der Badestelle in Preetz ist ziemlich voll, aber eine Gruppe mit vielen Kanus macht sich gerade abreisefertig. Wir warten "auf Reede", dann parken wir am Strand ein. Wir vertreten uns die Beine, essen den Rest Brötchen und beobachten auffliegende Wildgänse. In der Ferne sehen wir den Grund: ein Seeadler fliegt langsam auf, nachdem er etwa 200 Graugänse auf Trab gebracht hat. Eine Küstenseeschwalbe fischt, sie fängt tatsächlich einen kleinen Fisch. Wir sehen, dass sie ihn selbst verzehrt. Eine Stockente mit 2 Kleinen ist unterwegs, zuerst im Wasser, dann checkt sie die Leute am Strand ab, ob es etwas zu fressen gibt. Da aber niemand füttert, ziehen die drei ihrer Wege.

Stockentenfamilie

Stockentenfamilie

Nach der ausgiebigen Pause machen auch wir uns auf den Rest unserer Paddeltour. Bis zum Beginn des Kirchsees drückt uns immer noch der frische Wind, dann paddeln wir durch den Kirchsee zum Ausgang, wo die Schwentine mit kräftiger Strömung und ordentlichem Wasserstand durch die Innenstadt kurvt. Unterhalb Preetz treffen wir noch auf eine Entenmutter mit mindestens 7 sehr kleinen Entenküken. Ein Graureiher sitzt in einer halb umgestürzten Weide. Im Schilf beobachten wir noch einen Neuntöter und sehen einen Vogel, der etwa so groß ist wie eine Singdrossel und den wir nicht kennen. Da die Schwentine so schnell ist, benötigen wir nur wenig Zeit bis Rastorf, von wo an wir durch ein sumpfiges Gehölz paddeln. Da es schon nach 18:00 Uhr ist, haben wir es sehr ruhig, außer uns scheint niemand mehr unterwegs zu sein. Bald sind wir auf dem Rosensee, dort halten sich auf der Wiese nebenan viele Kanadagänse auf. Auch das Stück Rosensee ist bald durchpaddelt, die zweite Hälfte Rosensee hinter der Straßenbrücke folgt.

Umtragen im Schwentinepark Raisdorf

Umtragen im Schwentinepark Raisdorf

Unterhalb der linken Halbinsel vor Raisdorf sitzt ein Flussuferläufer auf einem Stück Totholz, das im Wasser schwimmt. Der Himmel bewölkt sich immer stärker, es bleibt aber trocken. Als wir an der Aussetzstelle vor dem Kraftwerk ankommen, ist es gerade 19:50 Uhr. Wir setzen aus und verfrachten unser Holzkanu auf dem Bootswagen, montieren auch noch zur Sicherheit unseren Bugfender. So schieben wir die knapp 2 km durch den Schwentinepark, vorbei an Pfauen, Kanarienvögeln, Fasanen, Wildschweinen und Lamas, die hier alle mit viel Platz im Park (hinter Zäunen bzw. in Volieren) leben. Gegen 20:20 Uhr sind wir an der Einsetzstelle hinter dem zweiten Wasserkraftwerk angelangt, allerdings wollen wir noch ein paar hundert Meter weiter bis zu unserem Bootshaus schieben. Dort lassen wir unser Kanu und wandern mit den wichtigsten Sachen auf dem Rücken und in der Hand die etwa 6 km bis nach Hause. Wir sehen noch eine Ricke mit Bock und kleinem Kitz, später noch eine weitere Ricke mit Kitz.

Unser Auto steht immer noch in Plön am Bahnhof, dort wollen wir es morgen abholen, noch eine kleine Wanderung in der Plöner Gegend unternehmen. Danke an Alexander und Gundula für die tolle Tour mit den vielen Natureindrücken!

Geschrieben in Kanutagebuch (2011)