Kanu & Natur

ein persönliches Blog von Jürgen Clausen

Auf der Mildenitz von Goldberg bis zum Kraftwerk Zülow

Geschrieben am 09.07.2007 in Kanutagebuch (2007) , Kanutouren & Events (Geändert am 16.09.2017)

Am 8, Juli finde ich mich frühmorgens in Goldberg an der Badestelle ein. Ich will heute die Mildenitz paddeln, so weit ich komme. Für meine Rücktour zum Auto habe ich ein Klappfahrrad ins Kanu gepackt. 

Am seichtem Strand kann ich leicht einsetzen, das Auto steht beim nahen Hotel auf dem Parkplatz. Um 7:44 Uhr paddle ich über den Goldberger See zum Ausfluss der Mildenitz. Sie ist hier ein etwa 6 Meter schmales Flüsschen, die Ufer sind mit Schilf bewachsen. 

Vor mir tauchen Bootshäuser auf, und die Mildenitz verzweigt sich: einer der Arme weist Strömung auf, und der folge ich und komme an ein Wehr. Schnell stelle ich fest, dass es fast keinen Höhenunterschied gibt. Langsam ruscht mein Kanu über die Wehrklappe, was leider einen unschönen Ton erzeugt: mein Kiel wird jetzt wohl eine ganz leichte Schramme davon getragen haben. 

Badestelle am Goldberger See

Badestelle am Goldberger See

Bald fließt die Mildenitz munter und flach durch Goldberg, unter mehreren Brücken hindurch. Der Flussgrund ist auch durchaus steinig, aber ich komme ohne Grundberührung durch. 

Hinter einer Kurve versperrt eine Weide meinen Weg. Ich ziehe mein Kanu rechts über das Ufer, nur etwa 10 Meter durch das Gras und setze wieder ein. 

Die folgenden Ufer sind nicht nur mit Schilf bewachsen, sondern hier blühen auch Blutweiderich und Schwanenblumen. Vor einer sehr niedrigen alten Feldwegbrücke aus Stahl muss ich wieder aussetzen und über ein Maisfeld umtragen. Auch dieser Weg ist nur sehr kurz.

Die Mildenitz wird hier ein wenig breiter und viel tiefer. Die Ufer sind höher, außer Schilf wachsen hier Erlen und es steht schöner, roter Dost am Ufer. Etliche Falter tummeln sich auf diesen schönen Pflanzen, lassen sich aber schlecht fotografieren.

Baumhindernis in der Mildenitz

Baumhindernis in der Mildenitz: nahe Goldberg

Ich gelange an eine Rohrbrücke, und nicht lange danach wird die Mildenitz bereits zu einem Teil des Dobbertiner Sees: ich paddle in einem recht breiten Mündungstrichter, der allerdings fast komplett zugeschilft ist. Der Wind nimmt zu, und auf dem See habe ich recht hohe Wellen. Der See hat eine merkwürdige Form, und ich muss mich erst einmal orientieren, wo die Mildenitz aus dem Dobbertiner See fließt. Bald kann ich aber die Zinnen des Dobbertiner Klosters ausmachen, die über die Kronen der hohen, mächtigen Bäume hinaus ragen, und auf meinem Gewässeratlas sehe ich, dass ich mich ein gutes Stück links des Klosters halten muss, um die Dobbertiner Mühle zu finden, an der ich umtragen muss.

Umtragestelle Dobbertiner Mühle

Umtragestelle Dobbertiner Mühle

Vor der Mühle lande ich am Anleger des örtlichen Kanuvermieters an und frage den dort anwesenden Kanuvermieter nach dem Umtrageweg. Ich schaue ihn mir dann auch noch einmal selbst an, und dann mache ich mich daran, mein Kanu auf den Bootswagen zu hieven und zum Ende des Umgehungsgerinnes zu rollern, wo ich wieder einsetzen kann. (Anmerkung 2015: dieser Umtrageweg existiert nicht mehr, da das entsprechende Grundstück bebaut wurde. Umtragestellen siehe bei FlussInfo!)

Ab hier hat die Mildenitz wieder einen ganz eigenen Charakter: viele Gehölze stehen am Ufer, und sie ist wieder recht flach. Eine recht niedrige Brücke folgt, und direkt davor ist ein Schwall. ich schaffe es gerade eben, mich mit meinem Kanu unterdurch zu zwängen. 

 

niedrige Brücke bei Goldberg an der Mildenitz

niedrige Brücke bei Goldberg an der Mildenitz

Eine weitere Brücke folgt, die Mildenitz ist hier wieder schmaler und hat Schilfufer. Dabei bleibt sie vorerst flach. Jetzt komt ein langes, gerades Stück, und es geht in einen schnurgeraden Kanal über, der auch noch frisch gekrautet wurde, die Ufer mit einem Bagger beräumt. 

Dieses auf langer Strecke nur leicht gekrümmte Stück Mildenitz verändert sich plötzlich, wo sie in einen Wald fließt: ich habe Kläden erreicht. Es folgt eine wunderschöne Flusslandschaft, wo dicke Äste weit über den hier breiteren Fluss reichen und die Kronen der Erlen ein recht dichtes Blätterdach über der Mildenitz bilden. 

Ich treffe auf einige Kajakfahrer, die hier gerade pausiert haben. Zusammen paddeln wir langsam und die schöne Natur genießend auf etwas zu, das schon von weitem nicht gut aussieht: bald stehen wir vor einer Krautansammlung vor einer Wegebrücke. Mit großer Mühe zwänge ich mein Kanu durch das Kraut und vor allem angeschwemmtes Totholz, werde dabei von der kräftigen Strömung immer wieder gegen die Brückenpfeiler gedrückt. Ich schaffe es aber, und gleich hinter mir nutzen die Kajakfahrer die schmale Gasse im Kraut, um ihrerseits dadurch und unter der Brücke hindurch zu gelangen.

Mildenitz vor der Alten Mühle Kläden

Mildenitz vor der Alten Mühle Kläden: vor der Klädener Plage

Es folgt eine Fahrt durch viel dichtes Gestrüpp und unter niedrigen dicken Ästen hindurch, und bald erreichen wir die Klädener Alte Mühle. Diese Ehemalige Wassermühle wurde inzwischen zu einem kleinen Ferienobjekt umgebaut und liegt hübsch zwischen alten Kiefern, Eichen und Eschen am Rand des großen Waldgebiets Klädener Forst. Für meine neuen Bekannten endet die Kanutour, da sie sich hier abholen lassen. Sie wohnen in Krakow am See. 

Ich setze hier ebenfalls aus, um mein Kanu auf meinem Bootswagen zu befestigen und die nächsten zwei Kilometer durch herrlichsten Wald zu rollen. Viele Vögel scheinen hier zu leben, es schallt ein vielfältiges Vogelkonzert. In der hier für Paddler gesperrten Mildenitz liegen alle paar Meter komplette Buchenstämme quer über dem Fluss. Auch wenn es hier nicht NSG und gesperrt wäre, hätte man nur wenig Chancen, diese Baumhindernisse zu überwinden.

Mildenitz bei Kläden

Mildenitz bei Kläden

Am Ende dieser Umtragestrecke quere ich die Mildenitz über eine alte Brücke und setze direkt dahinter am linken Ufer wieder ein. Nach ganz kurzer Strecke lande ich im Schilfgürtel des Schwarzen Sees, und diesen muss ich kräftig mit meinem Kanu durchstoßen, um in den See zu gelangen. (bei einer späteren Tour kam ich hier kaum noch durch...).

Mein Tourenatlas sagt mir, dass ich mich rechts zu halten habe, um den Ausfluss der Mildenitz zu finden. Nach etwa 200 Metern, die ich rechts am Schilfgürtel und Auengehölz entlang paddle, fließt Wasser unter hohen Eschen aus dem See. Dem folge ich, und eine sehr flache und schmale Mildenitz fließt hier durch wirkliche Wildnis: zu Fuß käme man hier kaum hin, und mit Fahrzeugen ohnehin gar nicht.

Umtrageweg Klädener Plage

Umtrageweg Klädener Plage: - das Mildenitz-Durchbruchstal

Ich genieße diesen Abschnitt sehr, und es wird sogar noch schöner, als ich ab und zu höhere, sandige Ufer neben mir habe, bevor es wieder durch tiefen Auenwald geht, wo das Flussufer kaum auszumachen ist. Ein schmales Fließ zweigt rechts ab, das muss laut meinem Tourenatlas die Bresenitz sein. Dieses Flüsschen kenne ich als Verbindung zwischen den Seen in der nördlich von hier liegenden Seenlandschaft mit Woseriner See, Garder See und Holzsee.

Mildenitz vor der Mündung in den Schwarzen See

Mildenitz vor der Mündung in den Schwarzen See

Die folgenden 3,5 Kilometer gehören zu den schönsten Kleinflusslandschaften, die ich kennen gelernt habe. Kiefernwald geht in Auenwald über, Pfähle von ehemaligen Uferbefestigungen tragen Frisuren aus Gräsern und Moos, überall liegen umgekippte Erlen, Weiden und Pappeln in der Mildenitz. Die Breite nimmt zu und ereicht auf den letzten 1,5 Kilometer vor dem nächsten See schon mal 20 Meter. Nur spürbare Strömung gibt es jetzt keine mehr. 

Mildenitz bei Woserin

Mildenitz bei Woserin

Diesen Abschnitt kenne ich bereits, seit ich das erste Mal mit Alexander, meinem Sohn hier war. Danach war ich auch einige Male hier. Damals haben wir hier sogar Biber gesehen. Dieser Abschnitt der Mildenitz fasziniert mich immer wieder. 

Ich paddle auf den Borkower See hinaus und muss dabei durch ein großes Seerosenfeld, das beinahe den gesamten See bedeckt. Der See ist nur 500 Meter lang, und bald komme ich an der Borkower Mühle an. 

Links vor dem Wehr im Umfluter setze ich aus, schnalle mein Kanu auf dem Bootswagen fest und rolle über den Wasserwanderrastplatz zum Unterwasser. Es gäbe auch eine Lore, aber die ist für eine Person nicht handhabbar - und sie bietet keine Vorteile für mich, da ich am Ende mein Kanu ohnehin von der Lore ins Wasser hätte heben müsste. Das entfällt also. 

Mildenitz vor dem Borkower See

Mildenitz vor dem Borkower See

An einem flachen Hang setze ich mein Kanu wieder in die Mildenitz. Diese ist hier sehr flach und steinig, so dass ich ziemlich konzentriert um Steine herum steuern muss. Die kommenden 3,5 km bis zum Rothener See ist die Mildenitz wieder schmal und hat flotte Strömung. Es gibt etliche Baumhindernisse und eine recht niedrige Brücke. 

Der Rothener See ist kaum größer als der Borkower See, und so bin ich bald wieder in der Mildenitz. Die hat hier wieder einen ordentlichen Wasserstand und fließt nur langsam. Rechts  fließt die Alte Mildenitz ab, der Original-Mildenitz-Verlauf. Paddeln kann man dort schon lange nicht mehr. 

Ich paddle geradeaus den Mildenitz-Kanal weiter, und dieser führt mich am abgelegenen Dörfchen Rothen vorbei. Dabei komme ich unter einer sehr schönen hohen, gemauerten Rundbogenbrücke hindurch. Die Ufer dieses Abschnitts sind sehr natürlich, und erst ein Stück vor der Verrohrung des Kanals habe ich nur noch Böschungssteine neben mir, wenngleich die Bäume am Hang recht groß sind und einen dunklen Tunnel bilden.

So ganz wohl ist mir nicht, aber als ich den Rohranfang sehe, sieht es alles ungefährlich aus, und es gibt auch keine Strudel und keinen Sog. Ich lande links an, steige aus meinem Kanu und ziehe es, nachdem ich alle Sachen nach oben befördert habe, den hohen Hang hinauf. 

 

 

gemauerte Brücke in Rothen

gemauerte Brücke in Rothen: über die Mildenitz

Das Wetter ist jetzt, um 19:00 Uhr, immer noch gut, und von überall höre ich Mähdrescher. Das Kanu kommt auf den Bootswagen, alles wird wieder eingepackt und schon rolle ich über eine Ackerspur hoch über dem Mildenitz-Kanal-Rohr. Nach etwa 300 Metern erreiche ich wieder den Kanal, rutsche dort eine halbwegs geröllartige Böschung hinunter, nachdem ich mein Gepäck wieder aus dem Kanu entfernt und den Bootswagen abgebaut habe. 

Ein wenig mühsam in all dem Geröll mache ich mein Kanu wieder reisefertig, und paddle bald wieder auf dem Mildenitz-Kanal. Unter einer kleinen Wegebrücke hindurch, über einen winzigen See, dann wieder Kanal - nach etwa 3,2 Kilometern erreiche ich das Kraftwerk Zülow.

 

  

Mildenitzkanal verrohrt, Umtrageweg

Mildenitzkanal verrohrt, Umtrageweg

Stausee im Mildenitz-Kanal vor dem Wasserkraftwerk Zülow

Stausee im Mildenitz-Kanal vor dem Wasserkraftwerk Zülow

Direkt vor dem kraftwerk finde ich am linken Ufer eine Betontreppe vor, an der ich aussetzen kann. Es ist jetzt schon 20:05 Uhr, und ich möchte meinen heutigen Abschnitt jetzt und hier beenden. 29 Kilometer auf einem Kleinfluss mit vielen Hindernissen und langen Umtragestrecken - das genügt mir für heute. 

Mein Plan ist, mit meinem Kanu auf Rädern zum nächsten Haus zu rollen, um dort darum zu bitten, mein Kanu und damit auch meine Sachen dort unter Aufsicht abstellen zu dürfen. Dort klingle ich, und es öffnet mir eine junge Frau die Hoftür. Ich trage mein Anliegen vor, bemerke jedoch, dass ich eigentlich nicht mehr fit genug bin, noch 30 Kilometer oder mehr mit dem Klappfahrrad zu meinem Auto zu fahren. Als Lösung beschließe ich, in die Tasche zu greifen und mir ein Taxi zu bestellen. Die freundliche Frau sucht mir eine Telefonnummer und ich rufe in Sternberg bei einem Taxiunternehmen an. 

Für 30 Euro lasse ich mich nun nach Goldberg fahren und bin eineinhalb Stunden später mit meinem Auto wieder beim Kanu. Ich bin ziemlich geschafft, und noch an diesem Abend fahre ich nach Kiel zurück.

Geschrieben in Kanutagebuch (2007) , Kanutouren & Events