Kanu & Natur

ein persönliches Blog von Jürgen Clausen

Preetzer Seen am 25. November

Geschrieben am 25.11.2014 in Kanutagebuch (2014) —   Schwentine (Geändert am 28.09.2018)

Bodenfrost an der Einsetzstelle am Kirchsee

Bodenfrost an der Einsetzstelle am Kirchsee

Für heute sind knapp 10 Grad Höchsttemperatur bei blauem Himmel angesagt, ferner schwacher Wind. Das sind ideale Bedingungen, um eine Kanutour auf den Preetzer Seen zu unternehmen. Mein Plan ist, nur ein wenig auf dem Lanker See herum zu chillen, um dann um ca. 16:00 Uhr wieder beim Auto zu sein.

Vogelinsel Probstenwerder

Vogelinsel Probstenwerder

Als ich in meinem Holzkanu sitze, ist es ca. 11.45 Uhr, und der Himmel strahlt mich in voller Schönheit mit sattem Blau an. Das Thermometer zeigt knapp 10 Grad. Im Schatten nahe dem Ufer liegt eine Stelle im Gras, die noch gefroren ist. 

auf dem Lanker See

auf dem Lanker See

Der kleine Kirchsee, in den ich in Preetz einsetze, ist glatt, hier kommt kein Wind an. Generell sind aber auch ohnehin nur 1 - 2 Bft angesagt. Ich paddle ganz langsam an einer Gruppe von Schellenten vorbei. Leider sind sie, im Gegensatz zu den ebenfalls hier schwimmenden Stockenten, ein wenig ängstlich und fliegen vor mir auf. 

Lanker See, Pausenplatz

Lanker See, Pausenplatz

Ich paddle die schmale Verbindung zwischen Kirchsee und Lanker See, dabei muss ich immer mehr gegen die recht tief stehende Mittagssonne an sehen, was sehr schwierig ist. Gleich am Anfang des Sees zischt ein Eisvogel von links zum rechten Ufer hinüber. Seine Farbe kann ich gegen das starke Sonnenlicht nicht erkennen, aber die Kontur ist unverwechselbar. Auf dem Probstenwarder, auch als Möweninsel bekannt, stehen einige Graureiher zwischen den großen Möwen. Als ich weiter um die Insel herum fahre, sehe ich am linken Ufer eine große Gruppe von Graugänsen. Obwohl ich noch hundert Meter entfernt bin, fliegen sie nach und nach aufgeregt hoch. 

gegen die Sonne auf dem Lanker See

gegen die Sonne auf dem Lanker See

Ich paddle weiter und komme der Bucht vor der Gläserkoppel immer näher. Das Wasser ist recht klar, der Wasserstand so niedrig, wie ich es hier noch nicht erlebt habe. Bevor ich die Bucht erreiche, wende ich mein Holzkanu nach rechts und paddle wieder geradeaus der Sonne entgegen. In der Ferne sehe ich größere Bewegungen, was mich zuerst an Kajakfahrer denken lässt. Ich riskiere einen sehr kurzen  Blick durch mein Fernglas gegen die pralle Sonne - und die gleißenden Umrisse von etlichen Kormoranen sind deutlich zu erkennen. 

Ruderwanze

Ruderwanze

Im Mittelteil des Lanker Sees halte ich mich links. Durch die nunmehr kahl gewordenen Äste der hohen Pappeln ist der mächtige Seeadlerhorst nahe dem Wald vor dem Mühlenberg gut zu erkennen. Im Sommer sieht man ihn dagegen kaum. Einen Adler kann ich aber nirgendwo entdecken. Da ich mal muss, peile ich eine kleine Halbinsel am Ufer neben der Sonneninsel an, die jetzt bei diesem niedrigen Wasserstand gut betretbar ist. Viel herum laufen kann ich hier aber nicht, dafür ist das Gehölz zu dicht. Als ich wieder im Kanu sitze, finde ich einen kleinen Käfer hinter meinem Sitz: es ist eine Ruderwanze, auch Rückenschwimmer genannt.

Lanker See vor dem Mühlenberg

Lanker See vor dem Mühlenberg

Eigentlich wollte ich mich ja nur ein wenig entspannt auf dem Lanker See herum treiben und dann zum Auto zurück kehren. Aber das schöne Wetter mit fast totaler Windstille ist sehr verlockend, und wieder einmal denke ich, dies könnte der letzte sonnige Paddeltag in dieser Saison sein. Ich befrage meine inneren Stimmen und beschließe mit ihnen, noch ein wenig die Schwentine aufwärts zu paddeln, falls die Strömung und der Wasserstand dies zulässt.

Pause gegenüber der Sonneninsel

Pause gegenüber der Sonneninsel

In der Bucht vor dem Mühlenberg schwimmt ein sehr großer Trupp von Schellenten. Sie sind zwar noch mindestens zweihundert Meter entfernt, fliegen aber trotzdem schon auf. Es sind mindestens hundert Exemplare. Auch eine Familie Höckerschwan schwimmt eine Linie, drei Kinder sind vorhanden. Aus der hier beim Gut Wahlstorf einmündenden Schwentine kommt jemand in einem Kajak angepaddelt, was die Schwäne ruckzuck in die Luft bringt. Ansonsten ist es recht still auf dem Wasser, und glücklicherweise bin ich jetzt auch dem Verkehrslärm entfleucht.

Schwentine nahe Wahlstorf-Gut

Schwentine nahe Wahlstorf-Gut

An vielen Stellen treffe ich über dem Wasser Spinnweben, die schräg durch die Luft fliegen. Daran hängende Spinnen kann ich jedoch nicht entdecken, sicher sind sie zu klein. Dann bin ich in der nunmehr sehr flachen Schwentine. Das erste, was passiert: ein Eisvogel fliegt pfeilschnell ganz niedrig über dem Wasser quer zum anderen Ufer. Das versetzt mich in große Freude, so überraschend wie es kam.

Fuhlensee mit Nebel

Fuhlensee mit Nebel

Paddeln ist unmöglich, und so bewege ich mein Kanu stakend vorwärts. Das kostet viel Kraft, geht aber recht schnell. Es geht einfach nicht langsam, da sich ansonsten das Kanu immer wieder in der Strömung quer stellen würde.

Fuhlensee

Fuhlensee

An den alten Gebäuden des Gutsgeländes arbeiten zwei Maurer daran, zerfrorenes Mauerwerk zu sanieren. Ein Winkelschleifer durchbricht daher ab und zu für kurze Zeit die Stille, wenn eine komplizierte Form geschnitten wird. (Wieso benutzen sie eigentlich keinen Nassschneider, frage ich mich?) Als ich kurz vor der Straßenbrücke ankomme, fliegt ein weiterer Eisvogel auf. Dann kommt er zurück, ein anderer ist auch in kreisender Bewegung und am Ende umkreisen mich mehrere Eisvögel mehrmals so dermaßen schnell, dass ich sie nicht einmal mehr zählen kann! So etwas erlebe selbst ich nur sehr selten, meist nur zur Balz oder wenn die Jungen gerade flügge geworden sind. 

vor meinem Pausenplatz am Fuhlensee

vor meinem Pausenplatz am Fuhlensee

Beglückt erreiche ich die Hindernisse unter der Brücke und schiebe mich paddelnd und stakend an ihnen vorbei nach oben. Jetzt ist das Wasser tiefer, ich kann wieder normal paddeln. Da es immer noch schön und sonnig ist und ich mich sehr wohl fühle, will ich noch bis zum Fuhlensee hoch paddeln und irgendwo am Fuhlensee eine ausgedehnte Pause einlegen. Als ich den See erreiche, schaue ich mich am Ufer nahe dem Fischer Bock um und möchte an der alten Badestelle anlegen. 

Pausenplatz am Fuhlensee

Pausenplatz am Fuhlensee

Ich lande an einer winzigen Bucht an, der gesamte Rest des Ufers ist nur noch hoch und steil. Ein Eichelhäher ruft, und als ich zu den Bäumen hoch schaue, fliegt gerade ein Bussard auf. Einen Häher sehe ich jedoch nicht. Etliche Buchfinken turnen in den alten Buchen umher und fliegen von einer Buche zur anderen. Ich gieße mir einen Tee ein, und während ich ihn genieße, gehe ich ein wenig umher. Es gibt ein paar Meter den Hang hinauf eine Treckerspur, und dort klettere ich hinauf. Dabei höre ich Gänse, solche mit hoch tönenden Rufen. Es scheinen sehr viele zu sein, aber es dauert eine Weile, bis ich sie zu sehen bekomme: es sind mehrere hundert Nonnengänse! 

auf dem Kronsee

auf dem Kronsee

Ich esse noch eine vorbereitete Box mit Müesli und Yoghurt und beobachte dabei die Buchfinken. Auch der Eichelhäher lässt sich jetzt mal blicken. Dann lege ich ab und paddle noch ein wenig auf dem Fuhlensee umher. Dabei denke ich nach: wie viel Zeit habe ich noch? Es ist jetzt etwa 14:00 Uhr, und meine Rücktour würde etwa 1 Stunde und 45 Minuten in Anspruch nehmen. 

die Schwentine zwischen Fuhlensee und Kronsee

die Schwentine zwischen Fuhlensee und Kronsee

Es ist immer noch sehr sonnig und 9,8 Grad warm. Es treibt mich vorwärts, weiter die Schwentine hoch. Ich sage mir: möglicherweise komme ich so schnell nicht wieder hierher, und ich liebe es hier sehr. Dann höre ich auch noch einen Seeadler rufen. Er ruft sehr ausdauernd, warum auch immer, und erst nach einigen Minuten entdecke ich ihn in einer Ecke des Sees auf einer sehr hohen alten Eiche. Dort haben wir schon oft Seeadler gesehen. Womöglich haben die hier auch ihren Horst in der Nähe.

Fuhlensee im Abendlicht

Fuhlensee im Abendlicht

Die paar hundert Meter bis zum nächsten See, dem Kronsee, paddle ich etwas beherzter, und zur Belohnung bekomme ich ein Konzert von Zwergtauchern zu hören: sie halten sich wie hier üblich im Sumpfgelände auf, das sich zur Bahnlinie hinüber erstreckt. Sie kullern und trällern, und man weiß nie, um wie viele Tiere es sich handeln mag.

Fuhlensee auf der Rücktour

Fuhlensee auf der Rücktour

Auf dem Kronsee liege ich mit meinem Holzkanu eine Weile ganz still vor dem linken Ufer, mache einige Fotos und genieße das tolle Wetter, das gerade hier für eine außergewöhnliche Stimmung sorgt. Um 14:30 Uhr entschließe ich mich, die Rückfahrt anzutreten. Die kommenden sechs Kilometer werde ich in etwa 2 Stunden schaffen. Gleich am Anfang der Schwentine fliegt ein Eisvogel auf. 

Fuhlensee vor Gut Wahlstorf

Fuhlensee vor Gut Wahlstorf

Eigentlich habe ich ja auch noch Mittagessen dabei, ich machte mir am Vortag Nudelsalat und Frikadellen. Aber ich komme nicht dazu, eine weitere ausgedehnte Pause zu machen. Mit der schwachen Strömung erreiche ich bald den Fuhlensee, halte mich dort aber nicht lange auf und paddle die Schwentine weiter, die hinunter zum Lanker See führt. Wieder treffe ich einen Eisvogel, und dann einen weiteren. An der Brücke rausche ich geradezu durch die kleine Sohlgleite, und nach wenigen Minuten paddle ich schon fast in den Lanker See hinein. Kurz vorher muss ich noch mal aus dem Kanu, lande links gegenüber vom Gutshaus an. 

kleine Pause beim Gut Wahlstorf

kleine Pause beim Gut Wahlstorf

Bis zur Sonneninsel ziehe ich kräftig durch, aber dort sehe ich auf den höchsten Ästen der Erlen ein Seeadlerpaar sitzen. Sie sind unterschiedlich groß, und sie zeigen weißes Kopf- und Stoßgefieder. Ich halte etwa hundert Meter Abstand, und sie bewegen sich kaum, während ich sie beobachte und fotografiere (leider nur mit 55 mm). Ich bin sehr erfreut über diese Begegnung, damit hatte ich nun nicht mehr gerechnet.

Seeadler-Pärchen auf der Sonneninsel

Seeadler-Pärchen auf der Sonneninsel

Die folgenden 3 km auf dem Lanker See überfliegen mich etliche Graureiher. Auch einige Graugänse und Schellenten geben sich die Ehre. Die Sonne wird deutlich kühler, während sie immer flacher scheint. Aus den Niederungen steigt langsam Nebel auf, und dann versinkt die Sonne langsam in den Wolken am Horizont. Vor Preetz treffe ich noch einen Paddler sowie ein Vierer- Ruderboot mit Steuermann. Mir wird langsam kühl, und ich muss mir Handschuhe anziehen. Der Nebel steigt höher. Ein paar Schellenten fliegen vor der Fußgängerbrücke auf.

leicht nebliger Lanker See

leicht nebliger Lanker See

So schnell wie möglich paddle ich bis zur Kanu - Einsetzstelle am Kirchsee zurück und lande dort an. Meine Uhr zeigt mittlerweile 16:30 Uhr an, das Thermometer 3,8 Grad. Mir ist jetzt doch kalt, und beim Aufladen und Festzurren meines Kanus wird mir durch die Feuchte in der Luft und Nässe auf der Kanuhaut noch kälter.  Ich bin es noch nicht gewöhnt. 

Sonnenuntergang über dem Lanker See

Sonnenuntergang über dem Lanker See

Das Auto ist aber bald warm gefahren, und die knapp 8 Kilometer bis nach Hause bin ich fast wieder durchgewärmt. Zu Hause mache ich mir erst einmal einen heißen Kakao, lade die Fotos von der Speicherkarte und berichte meiner Familie von meinen Erlebnissen. Ich bin sehr glücklich, diesen schönen Sonnentag so gut ausgenutzt zu haben. 

Graugänse über dem Lanker See

Graugänse über dem Lanker See: bei Sonnenuntergang

Geschrieben in Kanutagebuch (2014)