Kanu & Natur

ein persönliches Blog von Jürgen Clausen

Uecker - Befahrung im August

Geschrieben am 17.09.2014 in Kanutagebuch (2014) —   Uecker (Geändert am 05.07.2017)

Am 21. August bin ich in Pasewalk an der Uecker. Eine Strecke von etwa drei Kilometern ist vor gut einem Jahr renaturiert worden. Diese möchte ich abpaddeln, um im Auftrag von "FlussInfo" den Verlauf mit dem GPS zu tracken und aktuelle Fotos zu machen. 

Es ist herrlichstes Wetter, und nachdem es in den vergangenen Tagen recht windig war, soll es heute nur verhaltenen Wind geben. Ich beschließe, es ganz ruhig anzugehen und den Tag richtig zu genießen. 

Mein Plan ist, beim Wasserwanderrastplatz einzusetzen und die bisherige, gerade Uecker aufwärts bis zum Sperrbauwerk zu paddeln. Dort werde ich über das Betonteil übersetzen, um danach dem renaturierten Verlauf zu folgen.

Bei einem Bäcker kaufe ich mir ein paar Brötchen, die Küchenkiste kommt ohnehin ins Kanu, so dass ich Butter usw. zur Verfügung habe.

Ich fahre von meinem Quartier zum Wasserwanderrastplatz in Pasewalk. Dort angekommen, finde ich die Parkmöglichkeit gerade nicht berauschend, und so entscheide ich mich dafür, in der Stadt am Wehr Mühlenstraße einzusetzen. Beim Ausrüsten komme ich mit einem Einheimischen ins Gespräch. Der Mann fragt mich, wohin meine Reise denn gehen soll. Das Gespräch dauert recht lange und die Uhr zeigt bereits 10:50 Uhr, als ich endlich in meinem Kanu das Paddel schwinge. Vorher habe ich noch die Uhrzeit meiner Kamera  mit dem GPS synchronisiert.

Leider ist mittlerweile doch recht frischer Wind aufgekommen, und natürlich kommt er stramm von vorne. Also paddle ich gegen Strömung und gegen Wind. Zum Glück (oder in weiser Voraussicht) habe ich einige Gepäckstücke dabei, die mir in dieser Situation ganz gut als Ballast dienen. Und ich lasse mir Zeit, ich muss ja keine Rekorde brechen.

Als ich die Einmündung der renaturierten Uecker passiere, also nach etwa einem Kilometer, kommt mir ganz kurz der Gedanke, die kurvige, neue Strecke aufwärts zu paddeln, da es dort ganz sicher windgeschützter wäre. Allerdings befürchte ich, der Abschnitt könnte mehr Strömung haben als das gerade alte Stück Uecker, und so bleibe ich wie geplant auf der geraden Uecker. 

Betonsperrwerk an der Uecker

Betonsperrwerk an der Uecker

Als ich endlich das "Sperrwerk" erreiche, ist es bereits 12: 35  Uhr. Ich ziehe mir meine Gummistiefel an, weil ich zum Anlegen nur Schotter habe und daher mein Kanu in einer gewissen Wassertiefe verlasse, so dass es nicht mehr verkratzt als nötig. Es liegt ein angeschwemmtes Stück Holz herum, das nutze ich als Ablagemöglichkeit für mein Kanu. 

Besuch von einer Ringelnatter

Besuch von einer Ringelnatter

Um es über das Betonbauwerk ziehen zu können, sammle ich mir in der Umgebung zwei weitere Hölzer. Auf diese Weise slippe ich es auf die andere Seite, wo ich in seichtem Wasser wieder einsteige. 

Gleich hinter dem Sperrbauwerk zweigt links die neue, renaturierte, sehr kurvige Uecker ab. Allerdings möchte ich noch ein kurzes Stück aufwärts paddeln, um eine gute Position finden zu können um das Sperrbauwerk zu fotografieren.  Als ich diese erreicht habe, bin ich reif für eine Pause. Ich lege mein Holzkanu am linken Ufer fest, um mich herum ist alles voller Entengrütze ("lemna minor"). 

Zweigung in der Uecker

Zweigung in der Uecker

Während ich mir das erste Brötchen vorbereite, schwimmt von rechts eine fast ausgewachsene Ringelnatter quer über die Uecker. Sie bewegt sich recht langsam auf das vordere Drittel meines Bootes zu, und ich sitze jetzt ganz still, in der Erwartung, was die etwa 60 cm lange Schlange tun wird. Sie schwimmt bis zum Boot heran und bleibt dann eine Weile auf der Entengrütze liegen. Ich habe zwar meine Kamera vor mir liegen, wage es aber nicht, danach zu greifen. 

üppiger Uferbewuchs

üppiger Uferbewuchs

Ich beobachte sie mindestens eine halbe Minute, dann bewegt sie sich wieder. Ich nehme langsam meine Kamera zur Hand, die Ringelnatter schwimmt weiter in Richtung Kanuspitze, ganz langsam. Ich sehe sie nicht mehr, ziehe meine Kamera hoch und schieße blind ein Foto. Viel Hoffnung habe ich nicht, dass das Foto meine Schlange zeigt. Aber: schaut Euch das Foto an! Wenn man ganz genau hinschaut, ist sogar der Kopf zu sehen. 

Pause an der Uecker

Pause an der Uecker

Bald beende ich meine Pause und paddle in die renaturierte Uecker hinein. Beide Ufer sind bereits mit einigen typischen Wasserpflanzenarten bewachsen: ich finde Weidenröschen, Blutweiderich, Schmalblättrige Rohrkolben, Sumpfkresse, Brunnenkresse, Kleinblatt, Sumpfsauerampfer, Pfeilkraut und andere. Ich hatte nicht erwartet, alles bereits so üppig bewachsen vorzufinden. Darüber freue ich mich sehr. Noch mehr freue ich mich, als ich innerhalb kurzer Zeit mehrere Eisvögel die Uecker entlang fliegen sehe, drei Stück werden es. Da sie mir sozusagen entgegen fliegen, bin ich sicher, dass es verschiedene sind. Vom letzten kann ich sogar noch seinen Ansitz entdecken, es war nur Schilf. 

An Bäumen und Gebüsch fehlte es natürlich im Verlauf des neuen Ueckerarms, und so hat man einige Weiden, Pappeln und Erlen angepflanzt. Zum Schutz vor Biberverbiss hat man etwa einen Meter des jungen Stammes mit feinem Maschendraht bekleidet.

vor dem Wasserwanderrastplatz Pasewalk

vor dem Wasserwanderrastplatz Pasewalk

Die Strömung in diesem Abschnitt der Uecker ist sehr verhalten. Ich prüfe die Wassertiefe, und da ich mein Paddeln locker ganz ins Wasser hinein schieben kann, ohne den Grund zu berühren, kenne ich die Antwort: der neue Abschnitt ist viel tiefer als der alte, und daher hat der alte mehr fühlbare Strömung, auch wenn weniger Wasser durch das Rohr des Sperrbauwerks fließt als durch den neuen Ueckerarm. 

vor dem Mühlenwehr an der Uecker

vor dem Mühlenwehr an der Uecker

Wind spüre ich auch selten hier zwischen den hoch bewachsenen Ufern, insofern habe ich beste Verhältnisse, um eine entspannte Rücktour zu erleben. Man hat zur Verwirbelung des Wassers seitlich an etlichen Positionen Baumstämme verbaggert, deren Enden, meist Stubben, etwa 0,80 bis 1,0 Meter aus der Uferböschung heraus ragen. Für meine beiden Pausen, die ich einlege, kann ich dort gut anlegen und finde sogar knorrige Wurzelteile, um mein Kanu festmachen zu können. 

Während ich pausiere, kann ich mehrmals Schwarzmilane und Rohrweihen beobachten, und dann sehe ich zu meiner Freude eine ganze Schar von Störchen, sicher mehr als zehn. Die Wiesen werden gerade abgeerntet, und die Landwirte rollen mit riesigen Geräten das Heu zusammen und fahren es dann auf ihren Hof. 

Als ich schließlich am Wasserwanderrastplatz vorbei komme, lege ich kurz an und mache einige Fotos. Das letzte Stück bis zum Wehr Mühlenstraße fällt mir sehr leicht, da es wieder ganz gute Strömung und sogar Rückenwind gibt. Hier sehe ich meinen vierten Eisvogel, er sieht richtig wohl genährt aus. Nach etwa 3,5 Stunden bin ich wieder beim Auto. Ich mache noch einige Fotos von der Umtragestelle und dann wird alles ins Auto gepackt, mein Kanu obendrauf. 

Es ist jetzt etwa 16:00 Uhr, und mein nächstes Ziel heißt: Prenzlau. Auf meiner Fahrt dorthin mache ich noch einige Fotos an der Uecker, dann komme ich dort beim neuen Wasserwanderrastplatz des Adventurecamp Solaris an.Es ist immer noch bestes Wetter, und der Unteruckersee begrüßt mich mit relativ wenig Wellengang, so dass ich mich noch auf einen netten Abend freuen kann.

Geschrieben in Kanutagebuch (2014)