Kanu & Natur

ein persönliches Blog von Jürgen Clausen

Eider und Westensee am 29. August

Geschrieben am 29.08.2017 in Kanutagebuch (2017) —   Eider, Westensee (Geändert am 31.08.2017)

Da für heute noch sehr schönes Wetter vorausgesagt ist, für die kommenden Tage jedoch Verschlechterungen, wollen wir die Chance wahrnehmen und uns nach der Arbeit  ein wenig auf dem Wasser entspannen. Nach kurzer Überlegung fällt unsere Wahl auf den Westensee, und wir wollen in Achterwehr einsetzen.

Auf der Autobahn von Kiel dorthin befindet sich eine Baustelle, und vor der Abfahrt Melsdorf gibt es ein großes Schild: Ausfahrt nach Achterwehr diese Ausfahrt benutzen!

Darin sehen wir kein Problem, fahren von der Autobahn und glauben, noch etwa 5 km auf der B203 bis Achterwehr zu haben. Auf der Bundesstraße teilt man uns jedoch mit, dass man nur bis zur Poststraße kommt und das U führt uns über die Dörfer. Naja, dann fahren wir eben über Westensee, denken wir. Nach etwa 17 Kilometern müssen wir allerdings feststellen, dass auch die Straße über Westensee gesperrt ist und wir werden über Brux umgeleitet. Von Brux müssen wir dann nach Bredenbek, ja, und genau dorthin wären wir in kürzester Zeit gekommen, wenn die Umleitung an der Autobahn uns gelassen hätte. 

Nach einer Fahrzeit von mehr als einer Stunde (statt 20 Minuten) erreichen wir Achterwehr. Kurz vorher müssen wir feststellen, dass auch die Sperrung der Autobahnabfahrt Unsinn ist (jedenfalls zum gegenwärtigen Zeitpunkt): es kommen einige Fahrzeuge dort von der Autobahn aus Richtung Kiel!!

In Achterwehr steht eine Baustellenampel, und man kommt nicht ins Dorf und nicht zur Einsetzstelle. Die alte Straßenbelag ist abgefräst, und ich fahre durch eine enge Lücke in die Baustelle, um an die Eider zu gelangen. Wir hoffen in dem Moment, dass man nicht mit Asphaltarbeiten anfängt, solange wir dort parken!

Eider bei Achterwehr

Eider bei Achterwehr: nahe der Kajak-Vermietung

Endlich kommen wir also an der Einsetzstelle an und sitzen nur wenige Minuten später in unserem Holzkanu. Es herrscht noch recht viel Betrieb, aber wir lassen uns unsere Kanutour nicht vermiesen. Gegen ordentliche Strömung paddeln wir in Richtung Westensee. Das Wasser ist nicht so toll, Algenblüte ist in vollem Gang. 

Die Eisenbahnbrücke hat ein Hängegerüst bekommen, sie wird entrostet und verzinkt.

Die Tierwelt hält sich zurück, es herrscht einfach zu viel Betrieb. Als wir am Westensee ankommen, müssen wir um eine lange Kette von Fischreusen herum paddeln. Es gibt nur eine schmale Passage, und ein Leitnetz grenzt die gesamte übrigen Mündung ab. 

Viele Blässhühner sitzen auf den Reusen oder schwimmen und tauchen zwischen ihnen umher. Ab und zu zanken sie sich, was ich interessiert beobachte. Dabei nehme ich wahr, dass sich junge Zwergtaucher zwischen den Blässrallen herumtreiben und lauthals piepsen. Dann kommt ein Altvogel und bringt einen kleinen Fisch, den einer der beiden Kleinen schnell verschlingt!

Der andere Jungvogel piepst weiter, bis auch er versorgt wird, und zwar von einem weiteren erwachsenen Zwergtaucher! Wir sind nur etwa 8 Meter vom Geschehen entfernt, manchmal auch weniger. Sie fühlen sich von uns nicht gestört. Als jemand mit einem Alu-Mietkanu laut klappernd aus der Eider in den See paddelt wird, strömen alle Wasservögel ins Schilf und weiter in die Bucht. Wir bleiben ganz still mit unserem Kanu liegen, und bald kehren sie wieder zu uns zurück.

Wir erfreuen uns natürlich sehr an dieser Darbietung, und wir bemerken, dass nahe der Schilfinsel, die auf der gegenüber liegenden Mündungs-Seite liegt, ebenfalls Zwergtaucher aktiv sind. Wir wollen nun aber ein wenig hinaus auf den Westensee paddeln,  und ganz langsam bewegen wir unser Holzkanu in Richtung Hohenhude.

Obere Eider bei Felde-Brandsbek

Obere Eider bei Felde-Brandsbek

In der Bucht vor dem Ahrensee halten sich sehr viele Möwen auf. Einige Stockenten und Haubentaucher sind ebenfalls anwesend. Auch dort sind Fischreusen, und auf ihnen sitzen viele Kormorane, die pausenlos vor sich hin gnurkeln. Während ich noch zu einer Möwe schaue, die ganz nahe an einem Haubentaucher schwimmt, gibt es einen sehr großen "Platsch!"- und die Möwe ist verschwunden! Als sie auch nach einer gewissen Zeit nicht auftaucht, wird uns klar, dass wir soeben Zeuge eines Naturdramas wurden: ein großer Raubfisch hat sich die Möwe geholt. 

Meine Gefühle sind mehrschichtig, aber letztendlich ist die Natur so: auch dort wird jedes Lebewesen irgendwann sterben und verdaut, entweder von Kleinlebewesen - oder Großen. Es geht mir aber auch durch den Kopf, wie groß denn solch ein Raubfisch sein muss, der so etwas zustande bringt. Immerhin hat eine derartige Möwe etwa die Größe eines Haushuhns.

Durchblick zum Westensee

Durchblick zum Westensee

Anfangs war es noch ein wenig windig auf dem Westensee, aber allmählich geht die Sonne unter und der Wind legt sich. Langsam paddeln wir wieder zurück zur Eidermündung, besser gesagt zum Ausfluss der Eider. Dort lassen wir unser Kanu wieder neben das Leitnetz gleiten und beobachten die Zwergtaucher, die noch immer ihre Jungen füttern. 

Wir hören noch andere Zwergtaucher rufen, und aus einiger Entfernung ruft auch eine Wasserralle mit ihrem typischen Ferkel-Quieken. Ein paar Frauen paddeln gerade aus der Eider, unterhalten sich nicht gerade leise. Ihren Worten kann ich entnehmen, dass sie die Blässhühner für Kormorane halten (die Kormorane sind ja gar nicht scheu..."). Hmm, denke ich, da geht doch wohl noch was an Bildung.

 

Der Westensee

Der Westensee

Die Sonne ist fast komplett hinter dem Horizont schwunden, und so beschließen auch wir, unsere kleine Kanutour bald zu beenden. Wir paddeln die Eider langsam abwärts. Ein Trupp Graugänse fliegt in Richtung Westensee. Die Gänse wollen wohl ihre Schlafplätze dort einnehmen. 

Allmählich erhöhen wir unser Tempo, und dann paddeln wir schnell, so dass wir bald die zwei Kilometer bis zum Auto geschafft haben. Mit uns kommen noch zwei Kajakfahrer an, legen kurz vor uns an und rüsten ab. 

Noch bevor es dunkel wird, haben wir alles eingepackt und unser Holzkanu auf dem Autodach befestigt. Wir fahren in die Baustelle,  auf der tatsächlich noch gearbeitet wird. Aber wir kommen durch und finden uns bald auf der Autobahn 210 wieder. Bis nach Hause fahren wir kaum 20 Minuten. 

Sonnenuntergang am Westensee

Sonnenuntergang am Westensee

Geschrieben in Kanutagebuch (2017)