Kanu & Natur

ein persönliches Blog von Jürgen Clausen

Auf der Recknitz am 3. September

Geschrieben am 04.09.2018 in Kanutagebuch (2018) —   Recknitz (Geändert am 06.09.2018)

Recknitz bei Bad Sülze

Recknitz bei Bad Sülze

Wir haben nach einem schönen Wochenende an Warnow und Mildenitz sowie den Sternberger Seen noch einen Abstecher zur Recknitz unternommen. Die Nacht von Sonntag auf Montag verbringen wir auf dem Wasserwanderrastplatz Bad Sülze und paddeln am späten Vormittag aufwärts in das Renaturierungsgebiet. 

abwechslungsreiche Ufer an der Recknitz

abwechslungsreiche Ufer an der Recknitz

Es ist recht windig, aber die Sonne scheint und es ist trocken bei etwa 20 Grad. 24 Grad sollen es noch werden. Für die Sternberger Seenlandschaft war Regen vorher gesagt, weshalb wir heute hier sind, wo es trocken und sonnig bleiben soll.

Trotz der Trockenheit der vergangenen Monate hat die Recknitz einen guten Wasserstand und auch die Strömung ist wie immer, mal weniger,  mal kräftiger. Wir paddeln ja gegenan, aber an vielen Stellen unterstützt uns der Wind. Uns ist klar, dass wir dafür auf unserer Rücktour zu zahlen haben werden.

Gleich auf dem ersten Stück fliegt ein Eisvogel auf. Da sind wir noch in der Stadt Bad Sülze.

 

Wasser-Wildnis auf der Recknitz

Wasser-Wildnis auf der Recknitz

Anfangs sieht das Reet schon sehr spätsommerlich aus, so dass ich denke, es wird eine etwas triste Kanutour. Aber nach wenigen hundert Metern ist die Welt wieder in Ordnung: Reet, Rohrkolben und Igekolben sind noch recht frisch, und es blühen etliche Uferstauden und Schwimmpflanzen. Wir entdecken auch noch Pfeilkraut. 

Aus der Luft über uns ertönen Rufe von Greifvögeln: sie hören sich an wie Milane. Es sind wahrscheinlich Jungvögel. Auf einer abgeernteten Koppel laufen zwei Rehe.

dichtes Reet an der Recknitz

dichtes Reet an der Recknitz

Das Wasser der Recknitz ist klar, und an vielen Stellen können wir den Grund sehen. Zwischen den Wasserpflanzen, meist Wasserschwaden, flitzen kleine und manchmal auch größere Fische umher. Extrem viel Brunnenkresse säumt an vielen Stellen das Ufer, und es gibt sogar noch Blüten. Vereinzelt lugen kleine rote Kügelchen aus dem Reet hervor: es sind reife Früchte des "Bittersüßen Nachtschatten".

Ansonsten blühen Blutweiderich, Ziest, verschiedene Minzenarten sowie Sumpfvergissmeinnicht. Ganz selten sehen wir auch blühende Weidenröschen, und die sind eher klein. Eine Minzenart hat winzige stachelige Kügelchen ausgebildet. Auf dem Wasser schwimmen auch Froschbiss und Froschlöffel.

Brunnenkresse in der Recknitz

Brunnenkresse in der Recknitz

Außer den Wasserschwaden schwimmen noch Teich- und Seerosen auf dem Wasser. Kleine Pflanzeninseln bilden sich durch Pflanzen, die von der kürzlichen Krautung im Wasser verblieben sind: hauptsächlich Rohrkolben, Wasserschwaden und Igelkolben. An vielen Stellen sitzen winzige Grünfrösche in der Sonne auf diesen Pflanzen. Die meisten bleiben sitzen, während wir mit ruhigen Paddelzügen vorbei gleiten. An einer abgestorbenen großen Birke klopft ein Buntspecht im Kronengeäst.

Von vielen Stellen des hier, in Stadtnähe, noch  recht hohen Ufers leuchten die Blüten vieler Stauden der Art "Japanisches Springkraut". 

die Recknitz mit klarem Wasser

die Recknitz mit klarem Wasser

Während wir uns durch immer neue Flusskurven langsam aufwärts bewegen, erfreuen wir uns an den Rohrsängern, die zwischen den hohen Reetwänden an beiden Ufern hin- und herfliegen. Zum Glück wurde hier sehr schonend gekrautet, so dass es noch viele Inselchen aus Rohrkolben, Großen Binsen oder Brunnenkresse gibt. An manchen Stellen ist es richtig eng, und manchmal sieht es so aus, als käme man überhaupt nicht mehr weiter. Aber eine Lücke finden wir immer.

Ich entdecke eine kleine Staude des gelb blühenden "Dreiteiligen Zweizahn". Für ein gutes Foto sind wir leider zu schnell.

der Dreiteilige Zweizahn

der Dreiteilige Zweizahn

Große Binsen auf der Recknitz

Große Binsen auf der Recknitz

Verschiedene Libellelarten überraschen uns immer wieder, wenn sie plötzlich vor unserem Kanu auftauchen. Manche setzen sich auch auf unser Gepäck. Auf der Wasseroberfläche in kleinen, ruhigen Buchten halten sich viele Wasserläufer auf. Sie flitzen oftmals aufgeregt umher. Wahrscheinlich jagen sie nach Kleinlebewesen, die für uns unsichtbar bleiben. Ab und zu hören wir einen einzelnen Laubfrosch quaken!

 

Breitblättriger Rohrkolben an der Recknitz

Breitblättriger Rohrkolben an der Recknitz

An vielen Stellen entdecken wir Bibergleiten und einmal sogar einen flachen Vorratshaufen mit ordentlich zusammen gelegten Weidenästen. An einem etwas höher gelegenen Uferstück kann ich die Abdeckknüppel einer relativ kleinen Biberburg erkennen.

Allmählich bekommen wir Hunger. Wir haben am Wasserwanderrastplatz ein zweites Frühstück vorbereitet, und das soll jetzt in uns seine letzte Ruhe finden und uns mit Energie für unsere Rücktour versorgen. Allerdings ist es in diesem moorigen Renaturierungsgebiet nicht ganz einfach, betretbares Ufer zu finden. Unsere ersten Versuche schlagen fehl, da die erreichbare Wiese recht feucht aussieht. Sie liegt relativ niedrig über dem Wasserspiegel der Recknitz. Also suchen wir weiter.

 

wilde, renaturierte Recknitz

wilde, renaturierte Recknitz

Als wir dabei wieder an regelrechten Schilfwänden vorbei paddeln, hören wir zu unserer großen Freude darin Bartmeisen rufen! An einer Stelle wachsen die Großbinsen dermaßen dicht, dass wir sie kaum passieren können. 

Da wir immer noch keine Anlandemöglichkeit gefunden haben, überlegen wir uns, bis Schabow zu paddeln und dort am Pegel auszusteigen. Es sind wohl nur noch gut 500 Meter. Aber dann, etwa 300 Meter vor Schabow, kommen wir an eine höher gelegene Wiese, die sogar von Traktoren befahren wurde. Das Gras ist kurz, und das Ufer relativ fest und etwas höher als unser Kanu. Wir legen an und steigen aus.

Pause am Ufer der Recknitz

Pause am Ufer der Recknitz

Die Rückseite einer Reetfläche bietet uns hinreichend Windschutz, und als Schattenspender rammen wir unseren Anglerschirm in den weichen Boden. 

Während wir gemütlich essen und trinken, schauen wir uns im Recknitztal um: gerade hier ist die Sumpflandschaft von sanften  grünen Hügeln umgeben. In einiger Entfernung erhebt sich plötzlich ein Schwarm Vögel. Im Fernglas können wir erkennen, dass es Kiebitze sind. Wahrscheinlich sind es mehrere hundert. Sie fliegen immer wieder auf, und nun können wir sogar die Stelle sehen, wo sie sich nieder lassen. Was sie aufgescheucht hat, ist uns nicht klar. Aber sie sind bald wieder ruhig und bleiben am Boden.

Es wäre hier noch viel idyllischer, wenn nicht gerade jemand in einem Eurofighter vom benachbarten Fliegerhorst am Flugplatz Rostock-Laage das Fliegen üben würde. Aber zum Glück ist der Tank bald leer und es herrscht wieder Ruhe.

Sonnenschutz

Sonnenschutz

Unsere Pause dehnt sich noch ein wenig aus, aber irgendwann wird uns bewusst, dass wir ja auch noch eine Rücktour von gut 6 km vor uns haben, und das bei stärkerem Wind mit recht heftigen Böen. Also packen wir langsam ein und gewöhnen uns an den Gedanken, dass auch dieser schöne Paddeltag endlich ist. 

Um bei Böen genügend Schwung zu haben, legen wir ein flottes Tempo vor, so weit es die engen Kurven der renaturierten Recknitz uns erlauben. Trotzdem sehen wir noch etliche kleine Grünfrösche, und sogar eine kleine Ringelnatter können wir beobachten. Sie überquert den Fluss und lässt sich auf einem Seerosenblatt nieder. Als wir gar nicht mehr weit von Bad Sülze entfernt sind, entdeckt Gundula am Himmel einen sehr großen Vogel. Er nähert sich uns noch ein gutes Stückchen, und deutlich ist sein weißer Stoß zu erkennen. Ein Seeadler kommt uns besuchen! Er dreht noch einige Runden über uns im Wind, bevor er wieder in Richtung Grenztalmoor entschwindet, von wo er augenscheinlich gekommen ist.

Auf den nächsten Kilometern können wir noch einige Male einen Eisvogel beobachten. Einer hat sogar noch einen Kotballen im Schnabel! Es wird also noch Nachwuchs versorgt in der Eisvogel-Niströhre.

Wasserminze an der Recknitz

Wasserminze an der Recknitz

Dann erreichen wir Bad Sülze, und nach dem Anlanden an der Slipstelle fahre ich unser Auto sehr dicht an die Einsetzstelle heran. Bald ist alles auf- und eingeladen. Wir kochen uns noch ein kleines Mittagsmahl, bevor wir uns wieder auf unseren gut 240 km langen Heimweg nach Kiel machen.

Hinter uns liegen vier schöne Paddeltage in der schönsten Natur bei bestem Wetter. Wir freuen uns auf unsere nächste Tour!

Recknitz bei Schabow

Recknitz bei Schabow

Geschrieben in Kanutagebuch (2018)