Kanu & Natur

ein persönliches Blog von Jürgen Clausen

Auf der Schwentine am 16. Oktober

Geschrieben am 16.10.2018 in Kanutagebuch (2018) —   Holsteinische-Seenplatte, Schwentine (Geändert am 21.10.2018)

Einsetzstelle am Rosensee

Einsetzstelle am Rosensee

An diesem Dienstag setze ich gegen 13:10 Uhr an der "B-202"-Brücke in Schwentinental-Raisdorf in den Rosensee ein. Als ich kürzlich hier gepaddelt bin, war der gesamte Rosensee noch mit mehr oder weniger dickem Grün bedeckt, das aus Kanadischer Wasserpest bestand, die mit Entengrütze garniert war. Heute schwimmt nur trockenes Laub auf dem Wasser. Anscheinend hat man hier gekrautet. Die Lufttemperatur beträgt 19 Grad. Einige Angler sind aktiv, unter ihnen eine Frau mit etwa 14-jährigem Jungen. Sie trägt eine weiße Bluse...

Es sind immer noch viele scheue Enten auf diesem See, meist Schnatterenten. Wenn man sich ihnen bis auf etwa 30 Metern nähert, fliegen sie auf.

auf dem Rosensee

auf dem Rosensee

Ein Graureiher steht am rechten Ende des Rosensees auf einem toten Baumstamm im Wasser. Der bleibt jedenfalls stehen. Ich paddle die Schwentine aufwärts, wobei die Strömung nur schwach ist. Der Herbst meint es nun endgültig ernst mit dem Laub: nun werden auch die Buchen bunt, und Blätter von Buchen und Pappeln fallen langsam ins Wasser.

Als ich bei der Halbinsel "Stumpfes Eck" bin, höre ich zu meiner großen Freude sowohl vom rechten als vom linken Ufer Rotkehlchen singen. Wochenlang habe ich nirgendwo diesen bezaubernden Gesang hören können. Aber auch einige Zaunkönige sind immer wieder zu hören. Eine Buche, die schon seit langem sehr stark geneigt aus dem Ufer beim Stumpfen Eck wuchs, hat in den vergangenen Tagen aufgegeben und liegt nun im Wasser. Dies wird gerade an der Stelle zu einer weiteren starken Veränderung des Flussverlaufes führen.

Halbinsel Stumpfes Eck in der Schwentine

Halbinsel Stumpfes Eck in der Schwentine

Als ich durch den schönen Auenwald aufwärts paddle, höre ich von rechts einen Laubfrosch rufen. Sein helles Quaken erschallt von einem höheren Gehölz, das ein wenig von der Schwentine entfernt steht.

Da bereits Laub von den Büschen und Bäumen gefallen ist, kommt mehr Licht durch das Geäst als während des Sommers. Auch bringt das Orange und Gelb des Herbstlaubs mehr Leben ins Wasser. Ich kann nun fast überall bis auf den Grund schauen.

Unter der Wanderwegbrücke kann ich geraden Hauptes hindurch paddeln und es ist immer noch Platz über meinem Kopf. 

Wanderwegbrücke der Schuster-Acht beim Gut Rastorf

Wanderwegbrücke der Schuster-Acht beim Gut Rastorf

Kaum bin ich am Gutshaus vorbei, fliegt mir ein Eisvogel entgegen. Er hat links auf seinem Ansitz gesessen und fliegt nach rechts. Dabei ist er so weit von mir entfernt, dass ich glaube, dass nicht ich die Ursache bin. Dass danach die Stock- und Schnatterenten auffliegen liegt aber durchaus an mir.

Am Ufer gibt es an verschiedenen Stellen rote Früchte vom Schneeball sowie vom Bittersüßen Nachschatten. Ich bin immer wieder ganz begeistert von dem Angebot an Farben und Formen in der Natur.

Hinter dem Gut Rastorf liegt seit langem eine dicke Pappel im Wasser. Sie ist inzwischen von vielen verschiedenen Wasser- und Sumpfpflanzen besiedelt und wird es gewiss noch zu einer ausgeprägten Halbinsel bringen: immerhin ragt sie in der hier etwa 12 Meter breiten Schwentine über mehr als die halbe Breite ins Wasser. Es wird immer mehr Pflanzenmaterial hier vor dem vorhandenen anschwemmen und darauf können wieder neue Stauden wachsen. Dahinter wird sich eine Sandbank bilden, auf der sich dann Schwanenblumen ansiedeln können, die auf Flachwasserzonen angewiesen sind. Die gibt es an vielen Stellen an der Schwentine und anderen Fließgewässern. Ausgekolkte Stellen sind dann auch ein wertvolles Biotop für Fische und Kleinlebewesen.

Selbst-Renaturierung der Schwentine

Selbst-Renaturierung der Schwentine

Links aus dem Wald vor Bredeneek schallen Rufe eines Kleibers. Zu sehen bekomme ich ihn allerdings nicht. Aber den nächsten Kollegen sehe ich durchaus: ein Mäusebussard segelt einige Runden über der schmalen Wiese zwischen den Gehölzen. 

Da ich mal muss, lege ich an einer seichten Uferstelle an, wo tiefe Huf-Spuren darauf hin deuten, dass hier die Robustrinder ihre Tränke haben. Während ich dort stehe, landet ein Graureiher auf dem Wiesenteil in der Nähe, der sehr stark mit Binsen bewachsen ist.

Pause an der Rinder-Badestelle

Pause an der Rinder-Badestelle

Ich schaue auf die Uhrzeit, es ist jetzt 14:15 Uhr. Mein Gedanke ist, noch bis 14:30 Uhr aufwärts zu paddeln und dann umzudrehen. Ich will mir auch auf diesem Abschnitt mal ruhig Zeit lassen für die Rücktour, wenn ich schon mal allein bin, nichts weiter vor habe und das Licht so toll ist. 

Als es dann soweit ist, fällt es mir recht schwer, einfach meine Tour abzubrechen und umzudrehen. Noch bis zur nächsten Kurve, denke ich. Auch dann muss ich mich dazu zwingen, wieder die Schwentine abwärts zu paddeln. Vernunft ist ja auch nur eine der vielen Möglichkeiten, denke ich.

Schwentine beim Gut Rastorf

Schwentine beim Gut Rastorf

Mein Plan für die Rücktour: dauert etwa 1,5 Stunden, sehr aufmerksam sein, alles aufnehmen was mich anspricht, locker bleiben, langsam agieren. Ich will möglichst gute Fotos machen und auch mal einfach anhalten können.

Langsam lasse ich mein Kanu durch das klare Wasser gleiten. An der umgefallenen dicken Pappel halte ich an und schaue, welche Sumpfpflanzen dort gedeihen. Auf Anhieb kann ich Rohrkolben und Breitblättrigen Merk erkennen, da letzterer noch teilweise weiße Blütendolden trägt. Außerdem wachsen dort Sauerampfer, Wasserminze, Brunnenkresse und etwas Ähnliches wie Malwen. 

Der Breitblättrige Merk bekommt teilweise bereits Herbstfarben. Alle anderen sind noch sommerlich frisch.

Stockenten auf der Schwentine

Stockenten auf der Schwentine

Langsam nähere ich mich dem Gelände des Gut Rastorf. Rechts höre ich ein leises Plätschern: hier fließt ein kleiner Bach in die Schwentine. Den sieht man normalerweise kaum. Wenn der Wasserstand normal ist, gibt es diese kleine Staustufe nicht und der Bach wird einfach durch die Wasserhöhe der Schwentine mit angestaut. Dann hört man nichts davon.

Hier beginnt ein dichter Schilfbestand, und aus dem Schilf höre ich eine Wasserralle fiepen. Sie quiekt nicht, sie fiept nur 5-6 mal. Ich habe keine Ahnung, warum / wann sie das eine tut oder das andere.

An dieser Stelle fliegt wieder ein Eisvogel auf. Auf meiner Hintour habe ich ihn ja auch hier gesehen. Als ich fast am Schilf vorbei bin, höre ich ein seltsames Geräusch: es klingt etwa wie "waaam" in einem recht tiefen und dabei harschen Ton, und ich habe bis heute keine Idee, was es sein könnte. Weder ist mir solche ein Ruf bisher aufgefallen noch habe ich davon anderweitig gehört.

Auenwald an der Schwentine in Herbstfarben

Auenwald an der Schwentine in Herbstfarben

Auch hier singen einige Rotkehlchen, was mich sehr beglückt. Langsam lasse ich mein Kanu unter der Brücke hindurch treiben und denke an die vielen verschiedenen Situationen, in denen ich bereits an diesem schönen Ort war. Ich war hier mit dem Kanu zu jeder Jahreszeit, mit dem Fahrrad, zu Fuß. Und ich war mit verschiedensten Leuten zusammen hier. So gut wie immer war es sehr erfreulich!

Auch hier ist es so hell, dass ich überall den Grund sehen kann. Aber am meisten freut es  mich, dass ich gerade wieder Laubfrösche höre! Einzelne Frösche quaken rechts und links von den Bäumen. Das habe ich an dieser Stelle noch nicht erlebt.

Wenn ich ganz leise bin und kein Paddel zum Steuern ins Wasser halten muss, höre ich ganz leise Kratzgeräusche. Ich begreife ganz langsam, dass das durch die Pappel- und Buchenblätter verursacht wird, die hier überall langsam auf das Wasser fallen. 

Auenwald beim Gut Rastorf an der Schwentine

Auenwald beim Gut Rastorf an der Schwentine

Als ich noch einmal aus dem Kanu muss und am rechten Ufer beim Auenwald zwischen den beiden Schwentinearmen anlande, höre ich ein paar Töne, die ich lange nicht mehr gehört habe, zuletzt an genau dieser Stelle. Es ist der Ruf der Waldschnepfe, ein unverwechselbares,  "määrp määrp". Dort in der Nähe war ich mal zu Fuß im letzten Februar, und da habe ich sie leider aufgescheucht. Sie sehen fast wie Bekassinen aus. Ich staunte damals, dass es sie hier gibt, und jetzt staune ich wieder!

Schwentine im Herbstlaub

Schwentine im Herbstlaub

Ich klettere zurück in mein Kanu. Allmählich möchte ich etwas schneller werden, da es bereits 15:36 Uhr ist und ich gegen 16:00 Uhr gerne an der Einsetzstelle sein möchte. Also paddle ich mit normalem Paddelschlag am Stumpfem Eck vorbei. Wieder singen hier Rotkehlchen, es schallt von beiden Seiten. Einige Schnatterenten fliegen auf, und andere sind schlauer und schwimmen  einfach in ein kleines Nebengewässer, das sich in der großen Kurve gebildet hat.

Bald bin ich auf dem Rosensee angelangt, wo sich eine große Zahl an Entenvögeln in der westlichen Bucht aufhält. Leider fliegen die schon auf, als ich noch weit entfernt bin. Ich kurve auf den flachen See  und lasse mein Paddel jetzt die letzten paar hundert Meter flott durch das sehr flache Wasser gleiten. Auf der kahlen, umgefallenen Buche am rechten Ufer sitzen drei Kormorane, an denen ich recht nahe vorbei paddeln muss, um die anderen Enten nicht zu stören. Bei etwa 20 Metern Abstand akzeptieren mich die Kormorane, wobei einer sogar beginnt, sein Gefieder zu trocknen, indem er seine Flügel aufstellt.

zurück auf dem Rosensee

zurück auf dem Rosensee

Bald erreiche ich meine Einsetzstelle, und als ich auf die Uhr schaue, ist es genau so, wie ich es plante, etwa 16:00 Uhr. Ich ziehe mein Kanu vorsichtig über angeschwemmte Blätter aus dem Wasser und lade meine Ausrüstung aus. Dann hole ich das Auto näher heran und bringe gleich 5 Liter sauberes Wasser mit, um mein Kanu von Entengrütze zu befreien. Bald ist das Kanu aufgeladen und meine Ausrüstung im Auto. Müde, glücklich und zufrieden fahre ich die kurze Strecke nach Hause. 

Pause im Auenwald an der Schwentine

Pause im Auenwald an der Schwentine: beim Gut Rastorf

Geschrieben in Kanutagebuch (2018)