Kanu & Natur

ein persönliches Blog von Jürgen Clausen

Auf der Schwentine beim Gut Rastorf am Sonntag, den 4. November

Geschrieben am 04.11.2018 in Kanutagebuch (2018) —   Schwentine (Geändert am 06.11.2018)

Heute ist der erste Sonntag im November. Es ist nicht ganz so kühl wie gestern, nicht von den Temperaturen her, sondern von der gefühlten "Härte" der Luft.

Kurz vor Mittag setzen wir in Schwentinental-Raisdorf am Rosensee ein. Zwei Angler haben gerade ihre Ausrüstung gepackt und geschultert. Sie nehmen den Wanderweg.

Direkt an der Einsetzstelle führt ein Rad- und Wanderweg vorbei, der zur "Schusteracht" gehört. Bevor wir unsere Sachen und das Kanu vom Parkplatz zum Wasser tragen können, brausen einige vor Kraft strotzende Mountain Biker den sehr schmalen und unübersichtlichen Weg entlang. Manche Leute scheinen zu meinen, die Welt gehöre nur ihnen allein.

auf dem Rosensee bei Schwentinental

auf dem Rosensee bei Schwentinental

Auf dem Rosensee erleben wir genau den Wind, der voraus gesagt wurde - und natürlich frontal. Wir paddeln im Gegensatz zu unserer bisherigen Gewohnheit zum linken Ufer und dort einigermaßen windgeschützt an den großen Buchen und Eichen vorbei, deren buntes Herbstlaub noch an den über das Wasser hängenden Ästen leuchtet, so weit es der graue Tag erlaubt.

Wir schon in den vergangenen Wochen, halten sich hier immer noch eine größere Zahl an Schnatterenten auf. Sie sind scheu, fliegen bereits auf, wenn man sich ihnen auf etwa 100 Metern nähert. An der Ecke, wo die Schwentine in den Rosensee fließt, steht ein Graureiher, der dann gleich mit auffliegt. Ein Stück weiter stehen weitere Graureiher: einer steht auf einem trockenen dicken Ast und einer im Schilf gegenüber. Beide fliegen ebenfalls auf, daran können wir nichts ändern. Zwei Eichelhäher fliegen nacheinander über die kleine Bucht und landen in hohen Erlen, wo wir sie schnell aus den Augen verlieren.

vor der Halbinsel Stumpfes Eck

vor der Halbinsel Stumpfes Eck

Da der Wind aus Süden kommt, ist es hier schon recht still, was den Straßenlärm anbetrifft. So können wir in Ruhe dem hier fast durchgängig verbreiteten "tek, tek" der Zaunkönige lauschen und uns gelegentlich auch am Gesang der Rotkehlchen erfreuen. 

Beim Stumpfen Eck leuchtet uns schon von weitem das orange-braune Herbstlaub der Rotbuchen entgegen. Als wir die langgestreckte Kurve um diese schöne Halbinsel herum paddeln, fällt uns auf, dass die Strömung und der Wasserstand in letzter Zeit zugenommen haben. Das macht es für uns ein wenig beschwerlicher, hier aufwärts zu paddeln, aber es freut uns auch, da die lange Trockenheit wohl so langsam ihrem Ende entgegen sieht.

Halbinsel Stumpfes Eck

Halbinsel Stumpfes Eck

Das folgende Stück durch den Auenwald genießen wir besonders. An vielen Stellen wächst ein Pelz aus Moos am Ufer, und aus den Gehölzen schallen laut die kurzen, hart klingenden Rufe der Kleiber. An einer jungen Erle am linken Ufer turnt ein kleiner Vogel umher, den ich nicht auf Anhieb bestimmen kann: Größe wie ein Rotkehlchen, Insektenschnabel und recht schlank. Er bewegt sich mit uns vorwärts.

Als dieser kleine Vogel beim dritten Baum ist, folgt ihm ein zweiter. Auch wenn wir sie nicht bestimmen können, erfreuen sie uns mit ihrer Gegenwart in diesem schönen Flussauenwald.

Auenwald beim Gut Rastorf

Auenwald beim Gut Rastorf

Die Strömung nimmt noch zu, so dass wir unsere kleine Kanutour nun doch noch als sportlich empfinden. Zum Glück ist auch der Wasserstand ein wenig gestiegen, so dass wir über einen der hier herum liegenden Findlinge glatt hinüber paddeln können, ohne ihn genau sehen zu müssen, was an jener Stelle wegen der Lichtverhältnisse nämlich bisher nicht leicht war. Der zweite daneben ist an seinen Wasserwirbeln immer gut zu sehen, wenn der Wasserstand so niedrig ist, dass man ihn treffen könnte.

Aufmerksam und doch flott paddeln wir weiter in Richtung der Wanderwegbrücke beim Gut Rastorf. Auf der Insel zwischen den beiden Flussläufen treffen wir die beiden Angler vom Parkplatz wieder. Sie scheinen immer noch einen guten Angelplatz zu suchen.

 

Hopfen an der Schwentine

Hopfen an der Schwentine

Bis zu unserer Rastmöglichkeit haben wir nun noch etwa 1300 Meter vor uns, und schon jetzt plagt uns der Hunger und ich muss auch mal aus dem Kanu. So landen wir kurz an der Weide an, wo Robustrinder für die Pflege und damit den Erhalt der natürlichen Wiesen eingesetzt werden. Dabei hören wir den Ruf eines Bussards, um gleich darauf zu erkennen, dass dieser Ruf von einem Eichelhäher stammt. Der schickt dann ja auch gleich einen Original-Eichelhäher-Ruf hinterher.

Ein kleines Stück später hören wir dann noch den Klagelaut eines Schwarzspechts. Da dieser nicht in voller Länge ertönt, wissen wir schnell: auch dieses Kunststück vollbringt gerade ein Eichelhäher! Der lässt aber auch wirklich nichts aus, denke ich.

 

kleine Pause an der Wiese

kleine Pause an der Wiese

An der Pferdebadestelle von Brendeneeck ertönt Traktorengeräusch und der Lärm einer Motorsäge. Als wir uns nähern, erkennen wir den Grund: ein Landarbeiter setzt eine Reihe von Holzpfählen, und diese scheinen im Abstand zum Wald und auch zur Schwentine gesetzt zu werden. Möglicherweise deutet sich hier an, dass erstens der Rastplatz offiziell werden soll und zweitens dass der Wanderweg der "Schusteracht" auf seinen bisher noch fehlenden Metern fertig eingerichtet werden soll. Schön wäre es ja! Warten wir es ab.

Wir landen an, essen unsere belegten Brötchen und trinken unseren Tee im Stehen. Der Traktor fährt von dannen. Wir hören irgdndwo am Himmel Nonnengänse, und nach einer Weile entdecken wir einen Zug aus ca. 50  Vögeln, die aus Richtung Ostsee nach Westen ziehen. Während wir ihnen mit unseren Augen und Ohren folgen, fliegen 5 weitere Gänse in niedriger Höhe mit sehr schnellem Flügelschlag in deren Richtung, als würden sie ihnen folgen wollen. Wer weiß?

Pause an der Pferdebadestelle

Pause an der Pferdebadestelle

Kurz bevor wir wieder ablegen und in Richtung Einsetzstelle zurück paddeln, überrascht uns noch ein Mäusebussard, Der fliegt sehr niedrig über uns hinweg, als wäre er auf der Jagd. 

Wir haben viel Zeit für unsere Rücktour, und so lassen wir uns erst einmal richtig mit der Strömung treiben. Das haben wir uns ja auch verdient, indem wir aufwärts gepaddelt sind, oder? Auf diese Weise sind wir noch leiser (und auch langsamer) unterwegs und können uns noch besser auf unserer Umgebung einstellen.

Einige Buntspechte sind hier aktiv: sie klopfen oder rufen, und ab und zu fliegt einer über die Schwentine. Ansonsten sind etliche Kleiber an beiden Ufern unterwegs. Wir hören sie leise klopfen und sehr häufig ihre Rufe.

Als ein Schwarzspecht sein lautes "griet griet" ertönen lässt, schallt der andere typische Schwarzspecht-Ruf, der  "Klagelaut",  aus weiter Ferne zu uns herüber. Das war wohl eine Kontaktaufnahme zwischen zwei Schwarzspechten, denken wir.  Aber richtig perplex finden wir uns wieder, als wir unerwartetet einen lauten Flügelschlag hören. Wir denken spontan an eine Krähe , aber als wir zur Seite schauen, fliegt gerade ein Schwarzspecht in weniger als 10 Metern an uns vorbei! Das lässt natürlich sofort den Kreislauf in die Höhe schnellen, denn so etwas kommt auch bei uns nicht oft vor. Unsere Aufregung klingt noch nicht ganz ab, da sehen wir einen Eisvogel die Schwentine enlang fliegen. Da er sich weit von uns entfernt, können wir nicht mehr sehen, wo er sich hinsetzt.

die Schwentine bei Gut Rastorf

die Schwentine bei Gut Rastorf

Von einem seichten Strand am rechten Ufer fliegt leise ein Vogel auf, als wir uns nähern. Den hatten wir auf dem braun-grauen Untergrund gar nicht gesehen. Wir denken zunächst an einen Flussuferläufer, aber er war unterseits komplett weiß, und das ist außergewöhnlich für die hier lebenden Limikolen. Es kann eigentlich nur ein Bruchwasserläufer gewesen sein. Das sind meist Durchzügler aus Skandinavien.

Wir lassen unser Kanu leise unter der Wanderwegbrücke hindurch gleiten. Ab dieser Stelle lässt das immer noch vorhandene Blätterdach nicht mehr so viel Licht durch, so dass alles schon ein wenig abendlich erscheint, obwohl es ja erst gegen 15:00 Uhr ist.

Gundula paddelt im Moment gar nicht mit. Da entdeckt sie an der linken, leicht erhöhten Uferböschung ein Reh und lässt es mich leise wissen. Als ich es endlich ebenfalls sehe, ist dort noch ein zweites. Sie stehen ganz still, die Blume uns zugewandt, aber uns mit gedrehtem Hals hinterher schauend. Dann müssen wir über einen dünnen Baum rutschen, was ein leises Quietschgeräusch verursacht. Das bringt sie zwar nicht zur Flucht, aber sie bewegen sich aus unserem Blickfeld. 

die Schwentine nahe dem Gut Rastorf

die Schwentine nahe dem Gut Rastorf

Gerade hier hören wir wieder mehr Kleinvögel: das Teckern der Zaunkönige, den Gesang von Rotkehlchen und die Rufe von Kleibern dominieren hier die Szene. Einige Amseln sind auch mit von der Partie. Zwei Kleiber bekommen wir sogar zu sehen, da sie recht nahe am Ufer in niedriger Höhe auf einem schrägen Hainbuchenstamm hintereinander her huschen. Das sieht balzen nicht unähnlich.

Da es uns allmählich zu kühl wird, paddeln wir nun doch etwas schneller. Natürlich sind wir dadurch viel zu schnell durch den schönen Auenwald hindurch am Stumpfen Eck. Dort ist es ein wenig laut und unruhig, da sich ein paar Leute mir Pferden und Hunden aufhalten. 

Den letzten Kilometer paddeln wir dann auch im normalen Tempo weiter. Am Rosensee haben wir wieder die scheuen Schnatterenten in der Nähe sowie einen Graureiher. Der fliegt aber nur kurz auf, dreht eine kleine Runde und setzt sich wieder hin.

Auf der umgefallenen großen Eiche am rechten Ufer, die gern von Wasservögeln und dgl. genutzt wird, steht ein Kormoran mit ausgebreiteten Schwingen. Er bewegt diese permanent leicht hin und her, um sein Gefieder zu trocknen.

Bald landen wir an der Einsetzstelle an der B202 an und laden unsere Ausrüstung ins Auto. Das Kanu muss erst einmal von Entengrütze befreit werden. Das erreichen wir, indem wir es durch das hohe Gras neben dem Wanderweg ziehen.

Ein leicht grauer, aber trotzdem sehr schöner Paddelausflug geht zu Ende. Nach Hause haben wir nur wenige Minuten zu fahren. 

 

Rosensee bei Schwentinental

Rosensee bei Schwentinental

Geschrieben in Kanutagebuch (2018)