Kanu & Natur

ein persönliches Blog von Jürgen Clausen

Sternberger Seen und Mildenitz am Sonntag, den 2. September

Geschrieben am 03.09.2018 in Kanutagebuch (2018) —   Mildenitz (Geändert am 06.09.2018)

Morgennebel lichtet sich über der Mildenitz

Morgennebel lichtet sich über der Mildenitz

Wir haben am Wehr nahe Sternberger Burg übernachtet. Von dort aus wollen wir heute eine ausgiebige Kanutour auf der Mildenitz und den Sternberger Seen unternehmen. Da es recht neblig ist, warten wir noch ein wenig, da wir es vermeiden möchten, richtig nass zu werden. Währenddessen können wir längere Zeit einen Eisvogel beobachten, der um uns herum von verschiedenen Ansitzen aus Fischversuche unternimmt, ab und zu über die Wehrklappen fliegt und einmal sogar eine Wehrkante als Ansitzt nutzt.

Es gibt dort auch eine alte Fischtreppe, und dort hören wir ein lautes "Platsch!"  Das muss ein Fisch gewesen sein, und als wir längere Zeit in diese Rinne schauen, können wir ihn sogar für ganz kurze Zeit sehen. 

Mildenitz nahe Sternberger Burg

Mildenitz nahe Sternberger Burg

An diesem Wehr gibt es etwas Besonderes: man kann statt auf etwa 80 Metern umzutragen auch den Mildenitz-Altarm befahren und dann an dessen Ende das Kanu einfach über einen schmalen Damm ziehen. So spart man sich das Ausladen, und es funktioniert an dieser Stelle sogar ganz gut bei niedrigem Wasserstand.

Gundula ist schon zu Fuß über das Wehr zur Umsetzstelle am Damm gegangen. Ich setze kurz ganz normal ein und auf der gegenüber liegenden Seite wieder aus. Wir ziehen unser Kanu über den Damm und machen ein paar Fotos für FlussInfo. Dann steigen wir ins Kanu und paddeln durch eine kurze, schmale Schilfenge, bevor wir ein paar hundert Meter lang diesen schönen Altarm genießen dürfen.

Umsetzen über den Damm zum Altarm der Mildenitz

Umsetzen über den Damm zum Altarm der Mildenitz

Zwei Rotmilane kreisen über uns und lassen ihr Gefieder in der Sonne leuchten. Einen Mäusebussard sahen wir auch schon. Das Wasser ist hier recht tief, so dass wir keinen Grund sehen können. Am Ufer sind häufig Biberspuren zu sehen. Rechts und links wachsen hohe Erlen. Aus einer hören wir das Klopfen eines Spechtes.

Der Wind drückt uns ein wenig von hinten voran, und mit leichten Paddelschlägen erreichen wir bald das Ende dieses Altarms der Mildenitz. Menschliche Stimmen ertönen und werden lauter. Ein Kajak mit einem nicht mehr so ganz jungen Pärchen kommt uns entgegen. Die Frau fragt uns, ob wir schon etwas gesehen hätten. Sie meinte wohl Tiere, denke ich. Wir antworten "Rotmilane!", und man wünscht sich einen schönen Tag.

im Altarm der Mildenitz

im Altarm der Mildenitz: beim Wehr Sternberger Burg

Hier, wo die Mildenitz aus dem Sternberger See fließt, gibt es kaum eine "Gasse" durch die Wildnis an Rohrkolben und Reet. Nur sehr schmal und recht zugewachsen ist diese Stelle. Als wir im Sternberger See angelangt sind, drehen wir uns um und sind verblüfft, dass man nur ganz schwach erkennen kann, wo man hinein paddeln muss, wenn man aus Richtung See kommt. Es ist direkt beim Begrüßungsschild "Willkommen im Sternberger Seenland", welches (natürlich?) ebenfalls recht zugewachsen ist. Es scheint sich niemand darum zu kümmern, dass die Schilder ihre Funktion erhalten können.

Wildnis im Mildenitz-Altarm

Wildnis im Mildenitz-Altarm

Wir paddeln hinaus auf den freien See. Bald spüren wir stärkeren Rückenwind, was mich dazu bringt, den Anglerschirm zu öffnen und uns antreiben zu lassen. Nun nimmt Gundula den Schirm und ich steuere und paddle ein wenig mit. 

Das geht etwa knapp 1000 Meter, bis wir unsere Richtung wechseln müssen, um zum Trenntsee zu gelangen. Da wir immer in Ufernähe paddeln, haben wir zunächst keine Windbelastung, da der Wind von der Seite kommt. 

Am Ufer gibt es hier einige Anglerplätze, und die sind mit vielen Menschen besetzt. Es wird gecampt und manchmal auch geangelt. Da es keinen Weg dorthin gibt, müssen die Fahrzeuge wohl direkt über die Wiese dorthin gelangt sein. Wir wundern uns.

auf dem Großen Sternberger See

auf dem Großen Sternberger See

Über der westlichen Seehälfte beobachten wir einen Fischadler. Er kreist ganz kurz über der westlichen Bucht und gewinnt dabei immer mehr an Höhe, bevor er aus unserem Blickfeld verschwindet. 

Allmählich kommen wir um die Halbinsel herum, so dass der Wind fast von vorne kommt. Er weht aber nur mit etwa 2-3 bft, so dass es zum Glück wenig anstrengend ist. 

Gundula hat eine neue Aufgabe erhalten: irgendwo, völlig unbemerkt, haben wir einen blinden Passagier aufgenommen. Ein kleiner Grünfrosch zeigt sich im Bug unseres Holzkanus und möchte die Bordwand innen erklimmen. Das schafft er aber nicht, und helfen lassen möchte er sich auch nicht. 

 

Grünfrosch im Holzkanu

Grünfrosch im Holzkanu

Mir kommt die Idee, ein Stück im Wasser treibender Pflanze aufzunehmen und den kleinen Frosch dazu zu bringen, sich darauf zu begeben. Das klappt fast, aber am Ende springt der Frosch doch zu früh und landet wieder im Kanu. 

Letztlich bekommt Gundula den kleinen nach etlichen Versuchen dazu, sich auf ihr Paddel zu begeben, und von dort aus lässt sie ihn dann ins Wasser. 

Seeteil zwischen dem Großen Sternberger See und Trenntsee

Seeteil zwischen dem Großen Sternberger See und Trenntsee

Etwas Weißes kommt angebrummt: es ist ein Motorboot! Wir waren immer der Meinung, dieser See dürfte nur mit Booten befahren werden, die mit Muskelkraft angetrieben werden. Aber es scheint wohl noch Privilegien zu geben. So etwas gehört nun wirklich nicht auf diese Seen.

Am rechten Ufer erscheint ein kurzes rotes Kanu mit zwei Personen, und es sieht so aus, als käme es direkt aus dem Schilf. Es fährt flott auf die See-Enge zu, wo der Sternberger See in den Trenntsee übergeht. 

Bald erreichen wir diese Verbindung zum Trenntsee. Das rote Kanu ist dorthin abgebogen, und wir genießen noch ein wenig die Windstille auf dem kleinen Zwischen-See, von dem dann der Trenntsee und der Hechtgraben abiegen. In den letzteren paddeln wir dann bald hinein. 

Beginn des Hechtgrabens

Beginn des Hechtgrabens

Die Schönheit des Hechtgrabens nimmt uns sofort gefangen. Ein Eisvogel zischt den schmalen, zerklüfteten Kanal entlang. Die Ufer sind ausgespült und dicke Erlenwurzeln sind zum Teil frei gelegt worden. Dort wachsen Sumpffarn, Blutweiderich und verschiedenste Sumpfgräser. Es ist windstill und ruhig. Es scheint hier viele Biber zu geben, denn an mehreren Stellen entdecken wir Biberkanäle, Vorratshaufen und Fraßspuren.

im Hechtgraben bei Groß Raden

im Hechtgraben bei Groß Raden

Auch wenn wir noch so langsam paddeln, haben wir die 500 Meter des Hechtgrabens irgendwann hinter uns und kommen durch etwas Schilfdickicht mit kleinen Inselchen auf den "Binnensee". Hier liegt das Dörfchen Groß Raden, bekannt für sein archäologisches Freilichtmuseums und sein Oldtimermuseum. 

Sofort fällt uns ein urtümliches Wasserfahrzeug ins Auge: ein großes nachgebautes Slawenboot dreht hier mit Hilfe eines Rahsegels seine Kreise. Mindestens 8 Leute fahren dort mit. Auf den zweiten Blick fällt uns ein weiteres ungewöhnliches Boot auf: ein großes Ruderboot voller Frauen zieht ebenfalls über den Binnensee. 

Slawenboot mit Rahsegel

Slawenboot mit Rahsegel

Wir möchten erstens eine Essenspause einlegen und zweitens die Anlegemöglichkeiten erkunden. So paddeln wir zunächst zur nachgebauten slawischen Festungsanlage. Dort steht immer noch ein Schild, das das Anlegen verbietet. Bumm. Nicht, "liebe Wasserwanderer, legt bitte an der Badestelle an und betretet die Festung über den Haupteingang", nö. Ich empfinde ein derartiges Verhalten als sehr unhöflich, und es trägt gewiss nicht dazu bei, dass jemand gute Empfehlungen ausspricht. Wir fühlten uns jedenfalls auf plumpe Weise ausgeladen. 

Vor etwa 10 Jahren war ich schon einmal mit dem Kanu hier, las ein ähnliches Schild und habe mich anschließend per mail bei der Ausstellungsleitung beklagt. Man versprach Besserung, hat aber nichts dergleichen gemacht. Welche Arroganz!

Anlegen verboten bei der nach gebauten Slawenfestung

Anlegen verboten bei der nach gebauten Slawenfestung

Wir drehen also eine Runde in diesem kleinen See, an dessen einem Ufer tolle Grundstücke liegen. Der Rest ist zum Glück Natur, allerdings ohne Anlegemöglichkeiten. 

Da wir dringend etwas essen müssen, landen wir vor einer dicken Pappel im Kraut an und bleiben einfach im Kanu, während wir essen und trinken. Leider drehen auch einige Angler in einem Schlauchboot ihre Runde und unterhalten sich dabei sehr lautstark. Die müssen wir eine Weile aushalten. 

vor dem Binnensee bei Groß Raden

vor dem Binnensee bei Groß Raden

Nach unserer Pause genießen wir noch einmal die schöne Natur im Hechtgraben. Im kleinen Verbindungssee zum Sternberger See fliegt ein Rohrsänger hin und her, und einmal ganz kurz bekommen wir Bartmeisen zu sehen. Gehört hatten wir sie bereits vorher.

Dann kommen wir auf den Sternberger See, und als wir gerade gut hundert Meter gepaddelt sind, erfasst uns guter Rückenwind, so dass ich sofort den Anglerschirm an Gundula reiche. Die weiteren zwei Kilometer brauchen wir nur wenig für unser Vorwärtskommen zu tun, das erledigt der Wind für uns.

Rückenwind ausnutzen

Rückenwind ausnutzen

An einigen Uferstellen, wo auf unserer Hintour die Angler ihre Camps aufgeschlagen hatten, haben nun Paddler angelegt. Man grüßt nett und wir lassen uns weiter treiben, unter netten Kommentaren von einer der Bootsfahrerinnen des roten Kanus, das wir vor Stunden bereits vor uns hatten.

Als wir um die Halbinsel herum paddeln, erfasst uns der Wind von vorn, und ab hier wird es recht heftig, denn der Wind hat zugelegt. Während wir uns voran kämpfen, können wir noch einen Fischadler beobachten, der hier einige vergebliche Fangversuche unternimmt. 

Wo die Mildenitz aus dem Sternberger See fließt, sind wir endlich wieder aus dem Wind. Ab jetzt lassen  wir uns wieder Zeit, und langsam paddeln wir die letzten 300 Meter bis vor das Wehr. Dort sind einige Angler aktiv, und an der Umtragestelle liegt ein kleines Motorboot. Bevor wir unseren Anspruch auf diese Stelle geltend machen können, packen zwei der Angler ihre Sachen ins Boot und tuckern zum See. 

Mehrere Autos haben die Zufahrt zum Wehr ziemlich eingeschränkt. Mit einem Trailer könnte man nun hier nicht mehr drehen, die Wendeschleife ist blockiert. Ich frage mich, wo solche Leute das Denken verlernt haben.

zurück beim Mildenitz-Wehr nahe Sternberger Burg

zurück beim Mildenitz-Wehr nahe Sternberger Burg

Wir sind ganz froh, diesen schönen Tag auf den Sternberger Seen verbracht zu haben. an körperlicher Anstrengung hat es uns nicht gemangelt. Das nächste Mal werden wir vom Trenntsee aus starten, denke ich. 

Bald haben wir unser Holzkanu wieder auf dem Autodach und unsere Ausrüstung verstaut. Wir wären noch den Montag in der Sternberger Seenlandschaft geblieben, um hier weitere Kanutouren zu unternehmen, aber das Wetter wird morgen umschlagen. So haben wir uns eine Region ausgesucht, die trocken und sonnig bleiben soll: die Recknitz beim Grenztalmoor bei Bad Sülze. Dort wollen wir wieder einmal auf dem renaturierten Abschnitt paddeln. Es soll zwar auch dort recht windig werden, aber wir denken uns, es wird schon gehen, da die Recknitz dort stark mäandriert.

Wir verbringen die kommende Nacht also in Bad Sülze auf dem Wasserwanderrastplatz.

Nachbau eines slawischen Ruderbootes

Nachbau eines slawischen Ruderbootes

Geschrieben in Kanutagebuch (2018)