Kanu & Natur

ein persönliches Blog von Jürgen Clausen

Auf der Schwentine in Kiel am 9. August

Geschrieben am 10.08.2019 in Kanutagebuch (2019) —   Schwentine (Geändert am 13.08.2019)

Arbeit eines Schwarzspechts an einer alten Erle und blühender Wasserdost

Arbeit eines Schwarzspechts an einer alten Erle und blühender Wasserdost

Am heutigen Freitag soll es kaum regnen und auch der Wind soll nur mit bis zu 2 Bft pusten. Ich möchte nicht weit fahren müssen, aber trotzdem eine angenehme Kanutour unternehmen. Meine Wahl fällt auf die untere Schwentine, den Abschnitt zwischen Klausdorf und Kiel.

Stockente mit Seerosen

Stockente mit Seerosen

Mittags setze ich unter der B502-Brücke an der Sliprampe ein. Der Parkplatz ist so gut wie leer, und nur eine SUP-lerin rüstet nach ihrer Fahrt neben ihrem Auto ab. Extrem lautes Zischen aus ihrem Schwimmgefährt hat mich auf sie aufmerksam gemacht. Zwischen den riesigen Brückenpfeilern halten sich viele Gänse, Entenvögel und Blässhühner auf, und ein Teichhuhn ist auch dabei. Eigentlich wären Teichhühner zu scheu, um sich so lange "öffentlich" zu zeigen, aber dieses hier nicht.

Bald paddle ich die Schwentine aufwärts, und es herrscht deutliche Strömung sowie böiger Gegenwind. Nur wenige Leute sind auf dem Wasser unterwegs, aber ich denke, das wird sich bald ändern. Am Freitag Nachmittag herrscht hier meist Hochbetrieb.

Schwentine-Altarm mit jungen Höckerschwänen

Schwentine-Altarm mit jungen Höckerschwänen

Mir fällt auf, dass gerade frisch gekrautet sein muss, denn es schwimmen noch Reste abgeschnittener Pflanzen wie Wasserschwaden und Schwanenblumen flussabwärts. Ich bin sehr froh, dass man dies in der Schwentine sehr schonend und diskret durchführt, ohne die brutalen Krausperren etc.

Als ich an der Einfahrt zum ehemaligen Freibad vorbei paddle, fällt mir auf, dass die Einfahrt hier immer schmaler wird. Wenn niemand hier die Weiden kappt, wird dieser Altarm der Schwentine in einigen Jahren so unzugänglich sein wie die restlichen. Hier sehe ich einige Blässhühner sowie ein Schwan mit zwei Jungvögeln, die bereits recht weiß sind.

Eisenbahnbrücke bei Oppendorf

Eisenbahnbrücke bei Oppendorf

Ein weiterer Schwan kommt mir entgegen, und er führt ebenfalls ein Junges mit: es ist grau, wie man es erwarten kann. Immer noch gegen Wind und Strömung. Ich passiere die Bahnbrücke und bin bald an der weißen Fußgängerbrücke angelangt. Kinder kommentieren mein Kanu, ich paddle weiter. 

Die Strömung lässt nach, und bald habe ich für ein Stück Flüsschen richtig Ruhe. Das genieße ich sehr, da ich jetzt auch die Rohrsänger wahrnehmen kann. Sie singen zwar nicht mehr, da ihre Brutzeit zumeist beendet ist, aber sie fliegen eifrig umher, von Ufer zu Ufer. Es sind sicher auch Jungvögel unter ihnen.

An den Ufern, teilweise sogar im sehr hohen und dichten Schilf, blühen viele Stauden und Wasserpflanzen: Blutweiderich, Aufrechter Merck, Bittersüßer Nachtschatten, Mädesüß, Weidenröschen, Froschbiss, Teich- und Seerose und andere wie Pfeilkraut oder Wasserdost.

Weidenröschen am Ufer der Schwentine

Weidenröschen am Ufer der Schwentine

Ich erreiche eine Stelle, wo sich auf kurzem Totholz oft Schildkröten aufhalten. Langsam paddle ich darauf zu, halte aber mehr als die halbe Flussbreite Abstand. Da kommt doch tatsächlich jemand mit einem weißen Rennkajak gepaddelt, und anstatt rechts an mir vorbei zu paddeln, zischt er einfach nahe an den Tieren vorbei. Die sind da natürlich sofort weg getaucht. So erwirbt sich der Paddelsport ganz sicher kein gutes Image. 

Je später der Tag, umso mehr Kanuverkehr herrscht auf der Schwentine. Auch das motorisierte Ausflugsboot kommt vorbei. Es wird nicht vom Chef gefahren, der immer verhalten fährt, sondern von einem der Angestellten, und der fährt ziemlich schnell. Andererseits vermietet seine Firma Kanus, und zwar an jeden, ganz egal, ob der steuern kann oder nicht. Finde den Fehler. Vorsicht sieht anders aus.

Schwentinetalfahrt in voller Fahrt

Schwentinetalfahrt in voller Fahrt

Aus Klausdorf kommt mir eine größere Gruppe Paddler entgegen. Man ist gelassen und ruhig, es sind Gäste, wie ihre Bootsaufkleber verraten. Als ich am Anleger Klausdorf vorbei paddle, schaue ich geradeaus auf den Rennpaddler im weißen Kajak, der mir entgegen kommt. Vom linken Ufer der Insel fliegt ein Eisvogel auf und zwar sehr nahe am Rennpaddler vorbei. Der schaut nicht einmal hin. Entweder hat er ihn nicht bemerkt, oder er interessiert sich nicht für Natur. Das finde ich sehr schade, wo er die Natur doch für seine eigenen Zwecke nutzt. 

Vor dem Anleger des Kanuvereins in Klausdorf hält sich am linken Ufer vor der Insel eine Stockente mit drei Kleinen auf. Sie reagiert recht entspannt auf mich.

Teehäuschen in Klausdorf an der Schwentine

Teehäuschen in Klausdorf an der Schwentine

Ich paddle am Dorfplatz Klausdorf vorbei, wo ich vor vielen Jahren für lange Zeit wohnte. Die große Halle, die damals, 1975,  gebaut wurde, ist im letzten Jahr abgerissen worden und es entsteht dort etwas Neues: entweder wird ein Parkplatz erstellt oder ein kleines Gebäude errichtet.

Am Wanderweg platscht es heftig Dort wirft eine Frau einen Ball ins Wasser, damit ihr Hund den wieder holen kann. Am linken Ufer der Insel, die ich gerade umrunde, fallen mir gelb blühende Stauden auf, die mir gänzlich unbekannt scheinen. Ich mache Fotos, und zu Hause entpuppen sie sich als das Große Springkraut, das ich eigentlich kenne, das ich aber hier aus einer gänzlich neuen Perspektive betrachten kann: als recht große Pflanzen von unten, anstatt sonst die relativ kleinwüchsigen Exemplare an den Waldrändern, wo wenig Licht scheint.

Stockentenfamilie auf der Schwentine

Stockentenfamilie auf der Schwentine

War die Spitze der Insel bis zum letzten Herbst recht kahl, so kann ich mich nun an üpigem Pflanzenwuchs erferuen. Die nackte Erde ist überall verschwunden. Kann es sein, dass die Wildschweine nicht mehr hier leben? Auch sonst entdecke ich nirgends die typischen Ufergleiten von den Schweinen.

Ich paddle noch ein Stück an der Insel vorbei, die Schwentine aufwärts bis zum Beginn des Heegholz. Links auf den Resten einer umgestürzten Esche sehe ich etwas, das wie eine Schildkröte aussieht. Es ist tatsächlich eine, und bei einem Durchmesser von etwa 15 cm sieht sie überall grün und oliv aus, hat aber kleine gelbe Kreise auf der Haut und einen leicht gelben Rand am Panzer. Sie ist extrem scheu und verschwindet sofort, als sie mich bemerkt, obwohl ich am gegenüber liegenden Ufer bin. Kann es sein, dass es keine Schmuck-Schildkröte, sondern eine Europäische Sumpfschildkröte ist? Ich bin sehr gespannt, ob ich Details auf meinen Fotos erkennen kann. Leider habe ich nur 55 mm Brennweite zur Verfügung. (Es könnte tatsächlich eine gewesen sein, wie die Vergrößerungen später zeigen, auch wenn diese unscharf sind).

Schildkröte an der Schwentine

Schildkröte an der Schwentine

Der Himmel verdunkelt sich immer mehr, so dass ich doch lieber bald mein Kanu wende und meine Rückfahrt antrete. Da erreicht mich auch schon eine Textnachricht von Gundula, dass es in etwa einer Stunde zu regnen beginnen soll. Da ich bei langsamer Fahrt etwa eine Stunde benötigen werde, paddle ich nun ein wenig schneller, um es noch im Trocknen zu schaffen. Ich nutze dabei den Durchstich, und dabei fällt mir auf, dass es hier zum Teil ganz andere Pflanzen gibt als auf den anderen Abschnitten, z.B. Pfeilkraut und Igelkolben oder eine rankende Art des Gilbweiderich.

Etliche Paddler kommen mir entgegen, und eine Gruppe Mietbootfahrer kommt mir mangels Steuerungsvermögen recht nahe. Besonders ungeschickt stellen sich zwei Damen mittleren Alters an: sie paddeln kraftvoll und sehr sportlich schräg über den Fluss und kommen ziemlich genau auf mich zu. Ich verdrücke mich stramm ans rechte Ufer, aber auch das hilft nicht: ich werde einfach aus voller Fahrt gerammt! Die Damen paddelten einfach mit voller Kraft und ohne zu steuern gegen mein Kanu. 

Ich habe keine Lust, mich mit den beiden auseinander zu setzen. Mein Kanu ist ja heil geblieben, obwohl es ordentlich gekracht hat. Ich höre eine Entschuldigung und paddle weiter. Was soll ich mir dazu denken? Meine Anziehungskraft ist einfach zu groß gewesen, oder?

Wasserdost an der Schwentine

Wasserdost an der Schwentine

Mit flottem Tempo paddle ich nun wieder flussabwärts. Es kommen weitere Mietkanufahrer gegenan, und auch das zu schnelle Ausflugsboot kommt mir entgegen, natürlich an der schmalsten Stelle. Mir macht es nichts aus, aber in den Gesichtern anderer Paddler sehe ich doch eher graue Farben...

Da der Wind sich fast ganz gelegt hat, habe ich keinen Rückenwind. Trotzdem erreiche ich die Einsetzstelle unter der B 502 - Brücke nach einer Dreiviertelstunde.

Bevor ich anlegen kann, muss ich die ersten Einweisungen abwarten, die eine Gruppe SUPler gerade von ihrer Trainerin erhält. Und auch hier muss ich einigen Leuten ausweichen, die es schnell von der Mitte der Schwentine zum linken Ufer schaffen möchten, anstatt rechts zu bleiben.

Beim Auspacken treffe ich noch einen Bekannten und wir haben eine Menge zu erzählen. Als der dann gestartet ist, habe ich bald alles verstaut und mein Holzkanu auf dem Autodach befestigt. Während ich bei uns zu Hause auf den Parkplatz fahre, fallen große Regentropfen auf meine Windschutzscheibe. Mein Timing ist heute perfekt!

Blühender Froschbiss auf der Schwentine

Blühender Froschbiss auf der Schwentine

Geschrieben in Kanutagebuch (2019)