Abschlusstag an der Trebel
Geschrieben am 08.10.2005 in Kanureisen (2005) — Fischotter, Klappbrücke-Nehringen, Trebel (Geändert am 05.07.2017)
Teil 5 von 5 in der Serie Silberhochzeitstour 2005
Gestern habe ich noch mit Herrn Müller, unserem Gastgeber, über Fischotter gesprochen: er sagt, daß man morgens gegen sieben in Nehringen in dem kleinen Hafen regelmäßig einen Otter beobachten kann. Da ich schon früh wach bin, gehe ich die 200 Meter runter an die Trebel und stelle mich einfach hin. Es ist kurz vor sieben, und etwa 8 Minuten lang ist nichts passiert, außer dass ein Eisvogel ab und zu über die Wasseroberfläche flitzt. Dann löst sich eine Gestalt aus dem Schilf, zuerst sehr ich nur den Kopf, denke, es könnte ein Biber sein oder tatsächlich der Otter. Dann überquert er die Wasserfläche des Hafens und taucht dabei immer wieder unter und auf. Er jagt also. Dabei sehe ich seinen sich schlangenartig bewegenden Schwanz, kein Zweifel, es ist ein Fischotter. Das macht mir sehr gute Gefühle, und es ist sehr aufregend. Aber was nun? Ein Auto kommt den gepflasterten Weg zur Trebel hinunter gefahren, einen Trailer im Schlepp mit einem Motorboot. Jetzt ist es vorbei mit Ottergucken, denke ich, und dann hält das Auto, zwei Männer mit einem mittelgroßen Hund steigen aus und der Fahrer rangiert rückwärts an die Slipstelle. Das Boot ist bald im Wasser, sie verholen es ans Ufer, wo zuerst sie selbst mit dem bellenden Hund einsteigen und dann den Autofahrer dazu aufnehmen. Dann wird ein Außenbordmotor der Sorte "viel Krach und wenig Leistung" in Betrieb genommen, und qualmend und stinkend fahren sie davon.
Ich kann es nicht glauben, was ich jetzt sehe: kaum sind die Störenfriede einigermaßen weg, taucht der Fischotter wieder auf und setzt seine Jagd im Hafen so fort, als sei nichts gewesen. Auch der Eisvogel lässt sich wieder blicken, und langsam steigt die Sonne über den wolkenlosen Horizont. Ein Rehbock bellt, und in der Ferne höre ich ein paar Kraniche trompeten. Ein Graureiher überfliegt die Szene, alles ist perfekt.
Der Otter ist bald darauf satt, er lässt sich nicht mehr blicken. Ich wandere das kurze Stück zum Blockhaus hoch und berichte Gundula, was ich erlebt habe. Sie sitzt schon in der Morgensonne und liest Terry Pratchett. Wir bauen unsere Küche auf und kochen uns unser Frühstück, lassen alles ganz langsam angehen. Dabei beschließen wir, einen kleinen Ausflug zum Roten Brückengraben zu unternehmen: dieser zweigt kurz unterhalb Nehringens von der Trebel ab und führt als 6-8 Meter breiter Kanal durch Wiesen und Wald in Richtung Glewitz. Wir haben gehört, dass dort richtige Wildnis sein soll.
der Rote Brückengraben
Die Sonne steht schon recht hoch an strahlend blauem Himmel, als wir starten. Es ist fast windstill. Wir haben für einige Stunden zu Essen und Trinken mitgenommen, wollen es uns so richtig gut gehen lassen, aber nicht so viele Kilometer abreißen. Das Kanu ist kaum im Wasser, hören wir fauchende und krächzende Geräusche: ich denke, verdammt, jetzt sind wir einem Otter wohl zu nahe gekommen. Dann nähern wir uns dem Krach noch mehr und bemerken, dass er aus dem Schilf kommt: es sind zwei Tiere, die sich hier bekriegen! Und dann sehen wir sie direkt neben uns aus dem Schilf ins Wasser gleiten, sich dabei balgend, und da wird uns klar: wir haben gerade wohl zwei rivalisierende Fischottermännchen gesehen! Während ich das hier niederschreibe, fällt mir aber auch etwas anderes ein: es könnten auch ein Fischotterpaar in der Ranz gewesen sein, denn auch die machen bisweilen erstmal Lärm, bis sie dann zum Paarungsakt ins Wasser gehen. Auf jeden Fall war es wieder mal ein Schauspiel, das uns sehr beieindruckt und Lust auf mehr gemacht hat!
Wellness am Roten Brückengraben
Wir biegen in den Roten Brückengraben ein, der zwar ziemlich gerade, aber durch den interessanten Bewuchs mit Wasserpflanzen recht interessant ist: wir sehen Brunnenkresse, Schilfrohrkolben, Krebsschere, Wasserlinsen, Tausendblatt und Laichkraut.
Pause zum Mittagsschlaf - Picknick
Erstaunlicherweise ist es auch jetzt Anfang Oktober noch fast alles grün, das hat man nicht oft. An einigen Stellen erkennen wir Austritte an beiden Ufern: hier laufen oft Wildschweine durch den kleinen Kanal. Rechts erscheint Wald, dann wieder eine Wiese und dann ist der Wald größer, und auch hier sind wieder die Schweine tätig gewesen. Der linke Wald liegt etwa 200 m abseits, die Wiese lädt uns zum Pause machen und Sonnenbaden ein.
Wiesenglück
Die Rufe eines Schwarzspechts schallen zu uns herüber, ein anderer antwortet aus dem gegenüber liegenden Wald. Auch hier hören wir wieder Kraniche. Aber ansonsten ist es sehr still, keine Zivilisationsgeräusche dringen in unsere Ohren.
Roter Brückengraben
Wir lassen es uns richtig gut gehen und verbringen eine sonnige Zeit auf diese abgeschiedenen Wiese. Das ist viel mehr, als wir von einem Oktoberurlaub in Norddeutschland hätten jemals erwarten können. Als wir dann doch wieder zurück paddeln, steht die Sonne schon recht tief, es ist gegen 16:00 h. Gundula geht duschen und ich beginne schon mal mit dem Kochen.
Trebel
Wir essen unsere Nudeln mit Kohlrabi und etwas Camembert dazu, alles schnell und leicht gekocht. Es macht immer wieder Spaß, im Freien schönes Essen zuzubereiten, und draußen essen schmeckt doppelt schön. Am Abend machen wir noch einen kleinen Landausflug in den nahen Wald, wo es immer was zu erleben gibt. Auch heute treffen wir zwei Rehe, die sich in einer nahen ehemaligen Kiesgrube aufhalten. Sie schauen aus der Ferne zu uns herüber, laufen aber nicht weg. Wieder bei unserem Häuschen, unterhalten wir uns noch ein wenig und gehen dann schnell schlafen.
(Hier findet Ihr eine komplette systematische Beschreibung der Trebel als Kanugewässer in unserem Informationsportal für Wasserwanderer)
Ende der Kanutour auf der Trebel
Am Morgen des 9. Oktobers ist klar, daß wir zurück nach Kiel fahren müssen. Da es aber immer noch warmes Wetter ist, nutzen wir unsere Zeit dazu, uns noch ein wenig in der Sternberger Seenlandschaft umzuschauen: die Gegend um Lohmen mit dem Garder See, Woseriner See und Holzsee hat es uns angetan. Wir kennen sie noch nicht, die Bresenitz durchfließt als Nebenfluss der Mildenitz diese Seenkette. Diese sandige, liebliche sehr kleinteilige Hügellandschaft erweist sich als außergewöhnlich schönes Fleckchen Erde, wenngleich die Bresenitz im Sommer viel zu wenig Wasser führt, um sie von den Seen aus herunter zu paddeln. Wir beschließen, später einmal mit Fahrrädern diese ganze Gegend richtig zu erkunden. Damit beenden wir unseren Kurzurlaub zur Silberhochzeit und fahren zurück nach Kiel. Wir sind sehr froh, uns dazu entschlossen zu haben, auch im Oktober noch einmal los zu fahren!