Kanu & Natur

ein persönliches Blog von Jürgen Clausen

Durch die kleinen Seen und Bäche nach Küstrinchen

Geschrieben am 28.09.2010 in Kanureisen (2010) —   Feldberger-Seen-Küstriner-Bach (Geändert am 05.07.2017)

Teil 2 von 5 in der Serie Feldberger Seen und Küstriner Bach

Am Morgen des 4. August ist herrliches Wetter, wie schon vorausgesagt: gemischte Bewölkung und etwa 22° warm, dabei wenig Wind. Wir lassen uns viel Zeit bei unserer Morgenroutine, da wir ja nur etwa 12 km zu paddeln haben werden: unser Plan sieht vor, mit unserem Kanu bis zur Schreibermühle zu fahren und dort zu übernachten. So ist es schon Mittag, als wir mit Sack und Pack den Conower Zeltplatz verlassen. Wir haben gut gefrühstückt und uns auch wieder einige belegte Brötchen für eine Zwischenmahlzeit zurecht gemacht.

Mit uns startet die Familie aus dem Allgäu, die fast zusammen mit uns angekommen war. Sie sind sich nicht klar, wohin sie heute paddeln wollen, entscheiden sich dann dafür, den Zansen hoch zu paddeln. Der Zansen ist ein "Ausläufer" dieses schönen, zerklüfteten Carvitzer Sees. Wir paddeln am Fischer vorbei und durch einen schmalen Stichkanal unter einer niedrigen Fußgängerbrücke hindurch. So finden wir uns im südwestlichsten Arm des Carvitzer Sees wieder, paddeln am Campingplatz vorbei und sehen dann das Wahrzeichen Carvitzes, die Alte Mühle, von der Rückseite.

Durchstich bei Carvitz

Durchstich bei Carvitz

Wir sind laut unserer Jübermann-Karte TA6 im Dreetzsee, das Wetter ist immer noch sehr schön. Rechts von uns steigt das Gelände wieder recht hoch an, wir paddeln durch eine See-Enge in den breiteren Teil des Dreetzsees. Im folgenden wird der See breiter, und die Ufer sind bald darauf komplett bewaldet. Die eineinhalb Kilometer bis zum Ende des Dreetzsees haben wir bald abgepaddelt, wenn auch in aller Ruhe, und landen beim C86 am südlichen Ufer an einem großen Schwimmsteg an.  Der Campingplatz scheint sehr groß zu sein, in der Mittagswärme baden viele Kinder und ein paar Erwchsene. Rechts von der Badestelle gibt es einen weiteren Anleger, der könnte auch unser Ausstieg zum Umtragen in den Krüselinsee sein, aber wir erkennen es nicht, obwohl es im Jübermann ziemlich genau eingezeichnet ist.

Umtrageweg über den Campingplatz am Dreetzsee

Umtrageweg über den Campingplatz am Dreetzsee: ein recht hügeliger Weg von etwa 700m

Wie gewohnt mache ich mich zu Fuß auf den Weg, um die Umtragestelle zu erkunden, während Gundula bei unserem Holzcanadier und unserer Ausrüstung bleibt. Ich gehe erst falsch, finde dann aber bald den richtigen Weg. Er ist sogar ausgeschildert, aber das sieht man nur, wenn man gleich den richtigen Steg zum Aussetzen genutzt hat. Ich gehe also wieder zu Gundula zurück und wir paddeln die 150 Meter zur korrekten Umtragestelle. Bald ist unser Kanu auf dem Bootswagen und wir schieben es über das Gelände des Campingplatzes in Richtung Krüselinsee. Es ist sehr hügelig und warm, oben auf dem Hügelkamm gibt es einen Biergarten und weitere Einkaufsmöglichkeiten. Wir holen uns ein Eis, dabei treffen wir noch Bekannte vom vorherigen Zeltplatz.

Krüselinsee

Krüselinsee

Der Weg vom C86 hinunter zur Einsetzstelle am Krüselinsee ist recht steil, und ich bin froh, das schwer beladene Kanu nicht allein hinunter "bremsen" zu müssen, da der Weg einen ziemlich losen Belag aufweist. Die Gesamtstrecke zum Umtragen beträgt hier an dieser Wasserscheide etwa 700 Meter durch einen Wald. An der Umtragestelle selbst herrscht  nur wenig Betrieb, so sind wir schnell wieder im Wasser. Der Krüselinsee liegt etwa 10 Meter tiefer als der Dreetzsee, allerdings steigt man auf der Umtragestrecke erstmal etwa 25 Meter im Gelände hoch. Wasser soll unterirdisch zum Krüselinsee fließen, so dass wir es mit einer "unechten" Wasserscheide zu tun haben. Uns soll es recht sein.

Wir genießen einen sehr stillen umwaldeten kleinen Krüselinsee mit klarem Wasser, auch hier wird getaucht, ich denke, illegal. Rechts von uns liegt eine kleine Insel.  Nach etwa 1300 Metern sehen wir einen Biergarten, das muß die nächste Umtragestelle sein. Tatsächlich sind wir bald an der Krüseliner Mühle.

Umtragen Krüseliner Mühle

Umtragen Krüseliner Mühle: schräg, schmal, durch matschige Lunken - ist schon etwas Besonderes hier

Wir sind hier zunächst fast alleine. Wie an jeder anderen Umtrage - oder Einsetzstelle im "Naturpark Feldberger Seenlandschaft" steht auch hier ein großes Schild, das den Paddler mit den wichtigsten Informationen bekannt macht. Es sind auf den Stadtort bezogene Informationen, jede Tafel ist anders. Wir laden unser Holzkanu auf den Bootswagen und ich gehe den Umtrageweg ab. Er erweist sich als sehr schmal und teilweise schräg mit matschigen Stellen. Na Prost! denke ich, aber ich weiß ja auch, daß ich schon ganz andere Situationen gemeistert habe, und wir sind jetzt zu zweit. Wir schieben also unser Hab und Gut frischen Mutes die unwegsamen 130 Meter, bis wir wieder nutzbares Wasser mit einer Einstiegsmöglichkeit sehen. Es ist auch hier ziemlich matschig, und es herrscht viel Paddlerverkehr am Krüseliner Bach.

Flaches Krüseliner Fließ

Flaches Krüseliner Fließ: das erste Stück bis zum Kleinen Mechowsee kann im Sommer wirklich sehr flach sein

Nachdem die ankommende Gruppe endlich alles geregelt hat und mit ihren Kanus auf Bootswagen auf ihrem Weg zum nächsten Ufer ist, setzen wir vorsichtig in das Krüseliner Fließ ein: es gibt nur wenig Wasser, aber es ist unbeschreiblich schön hier. Anfangs müssen wir treideln, aber dann schwimmt unser Holzkanu doch in immerhin 15-20 cm "tiefem" sehr klarem Wasser. Wir befinden uns in einem Erlenbruch, auch ein paar Eschen sind hier groß geworden. Viele Vögel singen, ab und zu kommt uns ein anderer Paddler entgegen. Leider sind es nur 200 Meter, die wir uns jetzt so langsam wie möglich fortbewegen, nach ein paar Minuten sind wir schon im "Kleinen Mechowsee". 

zwischen Kleinem und Großem Mechowsee

zwischen Kleinem und Großem Mechowsee

Anfangs paddeln wir noch durch Seerosen, dann ist die Wasserfläche frei. Der "Kleine Mechowsee" ist nur etwa 250x150 Meter groß, aber sehr idyllisch im Wald gelegen. Intuitiv finden wir rechts den Ausgang, dier folgende kaum 200 Meter lange Verbindung ist etwas breiter als das vorherige Fließ und auch tiefer, aber ebenso romantisch. Um zum "Großen Mechowsee" zu kommen, müssen wir eine kleine Schilf-Barriere durchdringen.

Der "Große Mechowsee" ist auch klein, seine Länge beträgt nur etwa 600 Meter, und es wächst nicht nur Nadelwald, sondern auch Laubwald an seinen Ufern. Es sieht nach Buchen oder Hainbuchen aus, Erlen wird es hier aber auch geben, da die Ufer teilweise sehr sumpfig sind.  Bald sind wir am Ausgang, hier wachsen große, blaue Binsen. Ich bin immer wieder überrascht, wie vielfältig die Natur sein kann. Das folgende Krüseliner Fließ, hier auch "Aalkasten" genannt, ist noch einmal breiter als die vorherigen und wir paddeln die nächsten 1800 Meter durch überraschenderweise erneut veränderter Umgebung: zunächst wieder Erlenbruch und viele Wasserpflanzen wir Seerosen, Froschlöffel und Pfeilkraut, dann plötzlich höhere sandige Ufer, auf denen Rotbuchen und ab und zu Nadelbäume wachsen. Eine einfache neue Holzbrücke erscheint, hier muss in der Nähe die Försterei sein. Die niedrige, alte gibt es nicht mehr.

beim Aalkasten

beim Aalkasten: ein traumhafter Bach zwischen dem Großen Mechowsee und der Kolbatzer Mühle

Dann wird der "Aalkasten " noch breiter, ist ab hier allerdings bis auf eine schmale Fahrrinne verschilft. Die Hänge werden höher, einige Kanus kommen uns langsam entgegen. Man merkt es den Damen, die hier auf uns zu paddeln  an, dass sie von der Naturschönheit komplett ergriffen sind. Es wird überhaupt nicht gesprochen, so lieben wir es. An einigen Stellen liegen umgestürzte Bäume im Fluss, man kommt gerade hindurch. Wenn eine Lücke gesägt wurde, ist sie höchstens 95 cm breit, so dass ein Kanu eben hindurch passt. Wir genießen unsere Tour sehr. Da unser Kanu voller Gepäck ist, liegt der Schwerpunkt niedrig. So kann ich es mir leisten, ab und zu im Stehen zu paddeln und so auch den Gewässerverlauf besser zu überblicken, man ist ja schließlich auch wissbegierig, nicht wahr?

Vor Resort Kolbatzer Mühle

Vor Resort Kolbatzer Mühle

Als das Gewässer noch breiter wird , ist es immer noch zugewachsen. Es dominieren jetzt Rohrkolben, Reet und Teppiche von Krebsscheren. Ein Schild weist den Paddler darauf hin, dass er sich jetzt im "Ressort Kolbatzer Mühle" befindet und man sich doch bitte unbedingt entsprechend zu benehmen hätte. Dann weitet sich die Wasserfläche, und wir paddeln ein paar hundert Meter durch offenes Wasser auf einen Gebäudekomplex zu, den wir für die Kolbatzer Mühle halten ("Ressort Kolbatzer Mühle"). Hier soll es einen Wasserwanderrastplatz, Hütten, einen Wohnmobilstellplatz und natürlich die Umtragestelle zu dem Fließ geben, das uns zur Schreibermühle führen soll.

Das Anlanden ist etwas mühsam, einen Steg gibt es nicht, nur seichtes Wasser am ansonsten relativ steilen Ufer. Ich steige ins Wasser und räume ein paar Kajaks weg, die das Ufer blockieren. Dann landen wir an und bringen unseren Holzcanadier mit Hilfe unseres Bootswagens ein Stück an Land. Gundula erkundet den auf einem höheren Plateau am Waldrand gelegenen Wasserwanderrastplatz des Ressorts Kolbatzer Mühle, und nachdem sie zurück ist, gehe ich die Umtragestrecke ab. Es könnten 200 Meter sein und dabei gibt es beachtliche Höhenunterschiede. Die Anlage selbst sieht nach einer ehemaligen Fischzuchtfabrik aus, wird aber wohl nicht mehr betrieben. Die alte rechts verlaufende Umtragestrecke gibt es nicht mehr.

Umtragen Kolbatzer Mühle

Umtragen Kolbatzer Mühle

Wir schieben dann zusammen unser Kanu bis zur Einsetzstelle. Das letzte Stück ist eine recht steile Betonspur - Rampe, auf der man schon gut bremsen muss und aufpassen, dass man nicht zwischen die Betonbahnen gerät. Wir bekommen es hin und lassen unser Kanu wieder ins Wasser. Es ist so flach und schmal, dass wir kaum glauben können, auf dem richtigen Weg zu sein. Zudem sind die Hindernisse in Form von Bäumen und dicken Ästen zahlreich, aber die Stimmung ist einmalig, die Umgebung traumhaft und wir fühlen uns von Zeit und Raum entrückt.

Erlen, typische Kadaververjüngung

Erlen, typische Kadaververjüngung: aus umgestürzten Erlen wachsen neue Bäume

Wir sehen dicke umgefallene Erlen, aus denen schon vor langer Zeit wieder senkrechte Zweige zu recht kräftigen Stämmen heran gewachsen sind. Man nennt diese Art Ausnutzung von Lebensmöglichkeit auch "Kadaver - Verjüngung", oft bei Weiden anzutreffen.

kleine Lücke gesägt

kleine Lücke gesägt

Während wir uns einen Weg durch das Dickicht bahnen, wird das Gewässer immer breiter bei annähernd gleich breit bleibender Fahrrinnenbreite. Ich denke, dieses wird eine ehemalige Stauung für die folgende Schreibermühle gewesen sein, und so schlängeln wir uns durch einen fast zugewachsenen Mühlenteich, der keiner mehr ist.

im Mühlenteich der Schreibermühle

im Mühlenteich der Schreibermühle: es gibt im fast zugewachsenen Mühlenstau nur noch eine schmale Fahrrinne zwischen Rohrkolben, Wasserschlauch und anderen wuchernden Sumpfpflanzen

Bald sind wir vor der Schreibermühle, links fließt der Küstrinchener Bach dann aus diesem kleinen "See" über eine neu angelegte Steinansammlung unter der Straße hindurch. Die Steine sind der Ersatz für das frühere Wehr. Der Wasserstand hat sich dadurch aber leider etwas gesenkt. Rechts davon hat man neuerdings einen Anlegesteg gebaut.

Umtragen an der Schreibermühle

Umtragen an der Schreibermühle

Der Umtrageweg ist hier jetzt auch anders als früher, wo man noch links am Gebäude der Schreibermühle vorbei ein Stück Straße zu überwinden hatte, was bei der Raserei vieler Autolenker kein Vergnügen, sondern höchst gefährlich war. Jetzt überquert man die Straße nur noch und fährt sein Kanu dann über die Hofanlage der Schreibermühle. Wir halten auf dem Hof nach dem Betreiber Ausschau und entdecken ihn auch bald.

Biwakplatz Schreibermühle

Biwakplatz Schreibermühle: bei der Wiedereinsetzstelle nach dem Umtragen des Wehrs Schreibermühle befindet sich ein Biwakplatz

Er zeigt uns den Weg zum Biwakplatz und erklärt uns die Gegebenheiten bezüglich WC und Duschmöglichkeiten. Wir danken und bauen bald auf dem kleinen Biwakplatz Schreibermühle unser Zelt auf. Es ist ja auch schon fast 19:45 Uhr, höchste Zeit zum Kochen.

Umtragen Schreibermühle

Umtragen Schreibermühle

Es gibt eine Tisch-Bank-Kombination, eine Info-Tafel und einen neuen Steg zum Wiedereinsetzen sowie eine Kanuablage aus Rundhölzern. Alles ist sehr erfreulich bis auf die Stechmücken, die wohl schon auf uns gewartet haben. Da müssen wir leider wieder das Gift einsetzen, naja. Wir machen uns einen schönen Bioeintopf aus der Dose warm und essen mehr oder weniger gemütlich. Einige Pferde werden von den umliegenden Geländestücken geholt. Das Wetter ist traumhaft, und bald sehen wir schon einige Sterne aufgehen. Der Tag war lang, und wir machen uns bettfein und verkrümeln uns in unserem schönen Doppelschlafsack. Die Mücken bleiben draußen.