Kanu & Natur

ein persönliches Blog von Jürgen Clausen

Von Lychen bis Fürstenberg über die Havel

Geschrieben am 05.12.2010 in Kanureisen (2010) —   Feldberger-Seen-Küstriner-Bach, Holzkanu, Küstrinchen, Obere-Havel, Schmaler Luzin (Geändert am 02.08.2017)

Teil 5 von 5 in der Serie Feldberger Seen und Küstriner Bach

Am Morgen des 7. August bin ich als Erster auf den Beinen. Die Duschen sind noch geschlossen, sie sind hier an den Badebetrieb gekoppelt. Nur das Außen-WC mit Waschbecken ist natürlich benutzbar, es bleibt hier die Nacht über offen. Da wir heute morgen gerne frisches Obst und Yoghurt zum Frühstück hätten, wandere ich zum Supermarkt und decke uns dort und beim Obststand auf dem gleichen Platz mit Brötchen, Wurst und Käse, leckeren Erdbeeren, Bio-Yoghurt etc. ein. Wieder zurück auf dem Biwakplatz gibt es dann eine ausgiebige Mahlzeit, während der wir wieder den frommen Klängen unserer Mitcamper lauschen konnten. Es kommt sogar mit der Zeit so etwas wie eine Konversation zustande, es entwickelt sich unerwartet zu einem netten Plausch. Für unsere weitere Kanureise machen wir uns die Brötchen mit leckerem Camembert und Wurstaufstrich fertig.

Wir waschen ab und packen ein, und bald sind wir auf dem Großen Lychener See, um mit unserem Holzcanadier gen Fürstenberg zu paddeln. Dabei erfreuen wir uns an dem schönen Sonnenwetter. Es gibt nur wenig Motorbootsverkehr, nur eine Gruppe ratloser Paddler findet zu unserem Erstaunen den Ausgang des Großen Lychener Sees zum Woblitz nicht. Sie fragen einen Angler in einem kleinen Motorboot, das langsam über den See tuckert. Ja ja, wieder Abenteurer ohne Gewässerkarte...

Fast ohne Wind gleiten wir zum Woblitz hinüber, bis dahin haben wir etwa drei Kilometer zurückgelegt. Der Woblitz ist dort oben noch sehr kurvig und bisweilen tief ins Waldgelände eingeschnitten. Unsere Freude an der schönen Landschaft wird durch eine Reihe von Yachten etwas getrübt, die dicht an dicht aus Richtung Schleuse angebraust kommen. Die Wellen finden wir aber eher lustig, den Abgasgestank eher nicht, aber wir  lassen uns unsere Laune nicht verderben.  Es hört auch bald auf, und dann können wir ungestört die wilde Natur bewundern, die hier Sumpfwald und artenreiches Ufergehölz hervorgebracht hat. Als wir an dem kleinen Moddersee vorbei paddeln, drehen wir noch einmal um und paddeln andächtig eine kleine Runde in diesem Sumpfsee.

Ab hier gibt es die ersten Biberspuren, soweit sind die Vertreter von "fiber castor" also schon in Richtung Feldberger Seenlandschaft vorgedrungen. Wir hatten uns schon gefragt, wo dieser Punkt wohl sein würde, da wir ja auf der Oberen Havel schon des öfteren Biber gesehen hatten, auf den Feldberger Seen jedoch nicht. Das Vorkommen reicht aktuell bis etwa Steinschleuse, weiter sind sie noch nicht bis in die Mecklenburgische Kleinseenplatte gelangt, was wir durchaus erstaunlich finden, da es dort ja an nichts mangeln würde. Lebensraum für Biber gibt dort also genug.

Pausenplatz am Woblitz

Pausenplatz am Woblitz

An der neuen Holzbrücke über die Woblitz des Wanderwegs zwischen Pian und Himmelpfort legen wir eine Paddelpause ein. Dabei kommen wir mit einem Radfahrerpärchen ins Gespräch, das unser Holzkanu bewundert. Sie staunen, dass man so etwas selbst bauen kann. Als nächstes wollen wir den Biwakplatz Pian kennenlernen und ihn für eine ausgedehnte Pause nutzen. Wir finden ihn aber nicht so prall, und so machen wir uns wieder auf den Weg. Wir sind jetzt im Haussee, es gibt hier mehrere Häfen und einen Abzweig zum nahen Moderfitzsee. Da wir neugierig sind, paddeln wir kurzerhand durch einen kleinen Kanal in diesen See, der wie der Haussee und der Woblitz komplett im Wald liegt. Außer Sumpf gibt es hier aber auch nichts zu sehen, und wir wollen die Tiere nicht stören. So sind wir bald wieder im Haussee, der uns nach einem kleinen Kilometer nach Himmelpfort bringt.

Schleuse Himmelpfort

Schleuse Himmelpfort

Vor der Schleuse und in der Schleuse Himmelpfort ist viel Betrieb, auch rechts auf dem Gelände des Klosters Himmelpfort sind mehrere Gruppen am Pausieren. Da hält uns hier ebenfalls davon ab, hier unser Picknick einzunehmen. Nach einer Weile werden auch wir durchgeschleust und finden uns bald darauf im Stolpsee wieder. Auf unserer Jübermann-Gewässerkarte ist ein Pausenplatz eingezeichnet, es scheint eine Badestelle zu sein. Wir finden die kleine Lücke im Schilf und landen unser Holzkanu am seichten Strand an. Es gibt einen Kinderspielplatz, eine Schutzhütte und einige Bänke hier, alles liebevoll gestaltet. Die Badestelle gehört zu Himmelpfort, in der Nähe gibt es eine Ferienhaussiedlung.

Badestelle am Stolpsee in Himmelpfort

Badestelle am Stolpsee in Himmelpfort

Wir packen also unsere Brötchen aus, unseren Kocher und Wasser und kochen uns einen Kaffee. In aller Ruhe essen wir, gehen ein wenig umher und genießen es, auch mal wieder auf unseren Füssen zu stehen. Es gibt nur wenige Badegäste hier, alles läuft ruhig ab. Ein älteres Pärchen aus den Niederlanden in Kajaks macht hier ebenfalls Pause, sehr gesprächig sind die beiden Paddler jedoch nicht. Nach geraumer Zeit packen wir wieder alles ein und machen uns auf den Weg zur Oberen Havel über den Stolpsee.

Pause an der Badestelle Himmelpfort

Pause an der Badestelle Himmelpfort: am Stolpsee

Während wir den Stolpsee entlang paddeln, beobachten wir einen Motorbootfahrer mit "Anhang": hier wird Wasserski gelaufen. So richtig klappen will es bei dem Skiläufer jedoch nicht, er liegt mehr im Wasser als dass er seine Runden drehen würde. Nach etwa zwei Kilometern sind wir an der Havel angekommen, die hier "Siggelhavel" heißt. Sie ist ebenfalls etwa zwei Kilometer lang, rechts ein Stück im Wald liegt die Gedenkstätte Ravensbrück, die an das berüchtigte Frauen - Konzentrationslager erinnern soll. Ansonsten ist es hier sehr schön, diese Mischung aus Sumpf - und Waldufer herrscht hier vor, die man fast durchgängig an der Oberen Havel erleben kann.

Der Wind frischt auf, und als wir den Schwedtsee erreichen, läßt der Wind hier so richtig seine Muskeln spielen. Wir paddeln so schnell wir können schräg durch schaumbekronte Wellen und erreichen vor dem Sportbootshafen die Schulhavel bzw.  Priesterhavel, die uns in die Innenstadt am Wasserwanderrastplatz vorbei hinüber zum Röblinsee bringen soll.

priesterhavel in Fürstenberg

priesterhavel in Fürstenberg

Das sehr schmale Stück Schulhavel/Priesterhavel und Gänsehavel ist ziemlich schwierig aufwärts zu paddeln, zumal der Wasserstand zu niedrig ist, um richtig tief ins Wasser einstechen und Kraft übertragen zu können. Wir sind aber trotzdem bald am Wasserwanderrastplatz, wo ich mal die neuen Sanitäreinrichtungen teste.

Kanu-Fischpaß in Fürstenberg

Kanu-Fischpaß in Fürstenberg

Dann paddeln wir kurz hoch zum neuen Kanu-Fisch-Paß und müssen auch dort feststellen, dass es bergauf doch erheblich anstrengender ist als einfach abwärts herunter zu rutschen. Dann sind wir in dem kleinen Binnenhafen von Fürstenberg und streben um ein paar Ecken wieder zur "richtigen" Havel. Wir paddeln noch kurz unter der Eisenbahnbrücke hindurch, dann sind wir im Röblinsee. Rechts gibt es noch einige Industriebrachen, links schöne Bürgerhäuser aus der Gründerzeit. Wir halten uns rechts, da wir ja zum Campingplatz paddeln wollen.

Nach ungefähr 500 m legen wir rechts an einem langen Schwimmsteg an, wir treffen italienisch und auch französisch sprechende Camper und Bootsbesitzer an. Ein paar Kinder spielen am Steg, ob das so ok ist, naja. Gundula geht uns anmelden, ich warte am Steg. Als sie zurückkommt, paddle ich unser Kanu zu dem Ufer, wo auch die meisten anderen Paddler zelten und wir ziehen gemeinsam unser Holzkanu über die niedrige Holz-Spundwand. Wir finden auf dem ziemlich vollen Platz eine gute Zeltmöglichkeit und bauen auf. Dabei kommen wir schon mit einigen anderen Gästen ins Gespräch, es geht alles recht locker zu. Dann kochen wir und essen zusammen unser "Mittag-Abendbrot". Ich gehe abwaschen, es ist ziemlich voll an der Abwäsche. Der Campingplatz sieht aus, als könnte er ein paar neue Ideen und Kraft zum Umsetzen gebrauchen, aber er ist anscheinend sehr beliebt, was sicher nicht nur mit der Lage, sondern auch mit der Freundlichkeit der Betreiber zu tun hat.

Camp am Röblinsee

Camp am Röblinsee

Als es dunkel wird, startet irgendwo eine laute Musikveranstaltung auf dem Campingplatz, und wir befürchten schon, den Ohropaxalarm ausrufen zu müssen. Kurze Zeit später hat wohl jemand zur Vernunft geblasen oder sein Hausrecht angewendet, es wird wieder zur normalen Lautstärke zurück gekehrt, und der Rest des Abends verläuft recht still. 

Reisefertig mit dem Holzkanu zurück nach Kiel

Reisefertig mit dem Holzkanu zurück nach Kiel

Wir verbringen noch eine überraschend ruhige Nacht und einen netten Morgen auf diesem Platz. Dann hole ich mit dem Linienbus unser Auto aus Lychen. Auf der Rücktour muss ich noch wegen eines LKW-Unfalls einen großen Umweg fahren, bin aber doch noch einigermaßen schnell wieder in Fürstenberg bei Gundula. Sie hat inzwischen unser Zelt abgebaut und alles eingepackt, so dass der Rest des Einpackens flott vonstatten geht. Wir wollen heute zurück nach Hause, und über Wesenberg, Mirow und Vipperow fahren wir hinüber zur A19, A20 und B76 wieder nach Kiel zurück.

Eine komplette systematische Gewässerbeschreibung gibt es auf unserem Gewässerinformationsportal FlussInfo.net.

Anmerkung: für die Planung zu Hause sowie die Orientierung unterwegs benutzten wir die Gewässerkarte Jübermann Tourenatlas TA6.