Kanu & Natur

ein persönliches Blog von Jürgen Clausen

Schwentine 19. Mai 2010

Geschrieben am 19.05.2010 in Kanutagebuch (2010) —   Schwentine (Geändert am 05.07.2017)

Vor kurzem wurde mein neuer Bootswagen geliefert, da muß ich heute mal einen Test machen: wie leicht fällt es mir, ohne Autoeinsatz einen kleinen Kanuausflug zu machen?

Ich beschließe, mein Kajak auf den neuen Bootswagen zu packen und damit zur nächsten Einsetzmöglichkeit an der Schwentine zu rollen. Diese liegt nur einige hundert Meter entfernt, ist eigentlich gut zu Fuß zu erreichen. Aber oft habe ich das noch nicht gemacht, weil gerade hier die Schwentine eine Gefällestrecke aufweist, kombiniert mit meist flachem Wasser. Man kommt mit dem Canadier nicht gut zurück, und das Kajak benutze ich hier nur selten. Daher paddeln wir hier meist anders herum, indem wir weiter unten einsetzen und so weit hochfahren, wie es möglich ist oder wie wir Lust haben und dann wieder zum Auto zurück.

Landschaftlich ist gerade dieser Gewässerabschnitt der Schwentine das Attraktivste, was Schleswig-Holstein zu bieten hat. Die Schwentine hat sich hier in ein schmales Tal gefressen, das aber auf der einen Seite ziemlich hohe Ufer hat. Es ist mit alten Buchen bestanden, in denen viele Vögel brüten: Buntspecht und Schwarzspecht, Baumläufer, Kleiber, Waldkäuze, Eichelhäher, fast alle Meisenarten und andere, die man fast überall sieht.

Gleich nach dem Einsetzen paddle ich erst einmal ein Stück aufwärts durch den Brückenschwall, um danach eben diesen abwärts zu raften. Obwohl der Wasserstand in den letzten Wochen rasant gesunken ist, gibt es ordentlich Strömung. Links am Ufer des Wasserwerksgeländes nehme ich schemenhaft einen größeren Vogel wahr, als ich näher heran getrieben bin, ganz langsam, erkenne ich einen Eichelhäher mit seinem bunten Gefieder und seinen schwarzen länglichen Flecken über den Augen. So nahe bekommt man ihn selten zu sehen, daß man solche Einzelheiten wahrnehmen kann.

bei Oppendorfer Mühle

bei Oppendorfer Mühle

Ganz ruhig treibe ich an einem Schellentenpärchen vorbei, sie bleiben erfreulicherweise einfach wo sie sind. Dann bin ich an der Ecke, wo schon vor Jahren eine Esche umgekippt ist::  hatte sie sich bislang immer noch auf einem kräftigen Ast abgestützt und dadurch die Unterfahrung ermöglicht, ist sie diesen Winter komplett quer in die Schwentine gefallen. Jemand hat ganz dicht am linken Ufer ein Stück heraus gesägt, bei Frühlingswasserständen kam man immer noch einigermaßen durch. Jetzt aber, wo wenig Wasser fließt, ragen mehr Steine aus dem Wasser. Eng ist es auch, naja, mit dem Kajak komme ich langsam durch. Dazu flöten einige Kleiber. Eine Bachstelze setzt sich ganz nah meinem Boot auf das Treibgut und schaut mich an. Ich schaue zurück, dann fliegt sie von dannen.

Frühlings-Schwentine

Frühlings-Schwentine

Hinter dieser Engstelle genieße ich die langsame Abfahrt im jungen Grün der Buchen rechts und Weiden links. Der Grund ist steinig und sandig, ich berühre ihn nicht, paddle links der Flussmitte. Einige Granitbrocken liegen hier auch, aber man sieht sie. Das ist bei höheren Wasserständen anders.

Ich höre einen Buntspecht klopfen, und in der Ferne klagt ein Schwarzspecht eines seiner typischen Gesänge, wenn man das so bezeichnen darf. Ein paar Buchfinken fliegen umher, und ich höre das unablässige melodische Singen der Mönchsgrasmücke.

neue Familie Kanadagans

neue Familie Kanadagans

So lasse ich mich immer noch treiben, wobei der Wind mich ein wenig bremst. Es ist etwa 16° C warm, Tendenz steigend. An einer Wiese bei Klausdorf höre ich schon von weitem ausgeprägte Platschgeräusche, ab und zu sehe ich eine Kanadagans umherschwimmen. Als ich heran bin, finde ich eine ganze Familie vor: ein Paar Gänse, daß gerade eine Schar Junge baden lässt:  sie verhalten sich jungen menschlichen Wesen nicht unähnlich, indem sie plantschen, tauchen oder mit Schwung ins Wasser hinein laufen. Ich freue mich mit ihnen,mache ein paar Aufnahmen und paddle weiter.

Wo die Schwentine sich teilt, paddle ich links, und genau zu der Insel fliegen zwei Eichelhäher, setzen sich auch wieder ganz nahe am Ufer auf ein niedriges Gehölz. Ich freue mich, dass sie mich so ruhig nahe an sich vorbei paddeln lassen ohne aufzufliegen.

Ich erreiche den Bauernhof  in der Kurve  in Klausdorf, wundere mich darüber, dass ihr Schwentineufer immer mehr zu einem Hafen für Ruder(angel)boote wird. Außerdem liegen auf einem Gestell etwa 16 Kanus. man könnte denken, hier wäre ein Wassersportverein zu Hause. Beim Kanuverein, der dann am linken Ufer erscheint, ist es total ruhig, was wohl an der Tageszeit liegt. Ich ziehe langsam vorbei und freue mich auf das schöne wilde Stück Schwentine, das jetzt folgt.

zweite Schildkröte

zweite Schildkröte

Beim Gut Oppendorf, das durch das Gebüsch scheint, liegt auf einem dicken Gehölz eine Schildkröte: ich habe sie schon erwartet. Kurz darauf sonnt sich noch eine zweite auf einem Ast. Ich beschließe, auf der Rücktour einige Fotos zu machen, wenn sie dann noch da sind. Am Himmel ruft ein Mäusebussard, dann sehe ich ihn auch.

erste Schildkröte

erste Schildkröte

Ein paar hundert Meter genieße ich noch die sumpfigen Ufer der Schwentine, wo noch ab und zu eine Sumpfdotterblume blüht, dann drehe ich und mache mich auf den Rückweg. Die Strömung ist klein, der Wind jetzt eher im Rücken. Die Sonne scheint jetzt durch fast wolkenlose Atmosphäre, so dass meine Weste geöffnet wird. Ich packe meine Kamera aus, und als ich an den Schildkröten vorbei komme, kann ich tatsächlich ein paar Fotos machen. Sie bleiben auf ihren Sonnenplätzen, obwohl ich schon recht nahe bin in Ermangelung eines längeren Objektivs (nur 18-55 mm). Ich freue mich riesig, dass sie diesmal nicht so zickig waren. Naja, meist sind auch andere Menschen in der Nähe, dann verhalten sie sich anders, rutschen schon mal ins Wasser, wenn man näher als 4-5 Meter heran kommt.

Ich höre einen Flussuferläufer, kann ihn aber nirgendwo entdecken. Er ist wohl einfach weg geflogen. Ich paddle den Durchstich, also links um die Insel. Geheimnisvolle Geräusche dringen an meine Ohren, ich denke, es sind Mäuse, die durch die hohen Gräser rascheln.

dritte Schildkröte

dritte Schildkröte

Die Strömung wird nun schon etwas deutlicher spürbar, mir wird warm. Ich komme wieder an den Kanadagänsen vorbei, begrüße sie kurz. Dann paddle ich etwas schneller, um die Anstrengung zu spüren. An einem Treibguthaufen liegt ein Gänsesäger-Pärchen, sie schauen einfach ruhig zu mir auf. Dann entdecke ich zu meiner Freude eine dritte Schildkröte: sie liegt ebenfalls auf einem Stück Totholz, ihr Panzer ist noch etwas erdig. Auch sie bleibt ruhig liegen, als ich sie fotografiere.

Durch das immer dichter werdende Gezwitscher der Finken, Meisen und Mönchsgrasmücken paddle ich nun richtig engagiert, da die Strömung zunimmt und die Wassertiefe ab. Ich schwitze nun. Dann bin ich an der Engstelle beim Wasserwerk angekommen, schiebe mein Kanu langsam unter den Eschenstamm und drücke mich ein wenig seitwärts, um dran vorbei zu kommen. Da mein Kajak nur 4 m lang ist, komme ich gut vorbei. Dann gilt es für 200-300 Meter Einsatz zu zeigen, bis ich wieder bei der Oppendorfer Mühle ankomme. Die Anstrengung tut meinen Muskeln gut, nur trinken müsste ich bald mal. Aber ich habe ja Saft dabei. Bald ist mein Kajak wieder auf dem Bootswagen befestigt, und ich schiebe zu unserem Lager zurück. Dort verstaue ich es und fahre wieder nach Hause zurück.

Geschrieben in Kanutagebuch (2010)