Kanu & Natur

ein persönliches Blog von Jürgen Clausen

Obere Eider 30. Juli 2011

Geschrieben am 01.08.2011 in Kanutagebuch (2011) —   Eider, Obere-Eider (Geändert am 05.07.2017)

Es sind für Samstag 3-4 Windstärken, in Böen bis 5 angesagt, zuviel für die Untere Eider, die wir eigentlich paddeln wollen. So entschließen wir uns zu einer Kanutour auf einem bewährten Kleinfluss in unserer Nähe, der Oberen Eider. Unsere Einsetzstelle soll die neu angelegte Sohlgleite in Hammer sein. Hier ist 2009/2010 das alte Betonwehr, genannt "Pfeiffer´scher Absturz" durch eine fischdurchlässige Sohlgleite ersetzt worden.

Das Einsetzen hier ist etwas steinig, wir behelfen uns mit einigen Holzstücken, die wir in der näheren Umgebung finden. Eine Stockentendame döst nahe dem letzten der Baumstämme, die als Strömungsbremse quer in die Eider gebaut wurden. Durch uns lässt sie sich überhaupt nicht stören. Bevor wir hierher gefahren sind, haben wir ein Fahrrad nahe Hohenhude ausgesetzt, mit dessen Hilfe wir abends unser Auto wiederholen wollen.

Eider bei Hammer

Eider bei Hammer

Der Abschnitt hier nahe Molfsee-Rammsee und Kiel-Hammer ist in den letzten Jahren glücklicherweise nicht mehr so stark "gepflegt" worden wie in früheren Jahren, daher konnte sich eine artenreiche und lebendige Ufervegetation ausbilden: es wachsen Sal - und Ohrweiden, Blutweiderich, Schwarzerlen, Birken, Aufrechter Igelkolben, Schwertlilie und andere. Der Wind weht den Schall der Fahrzeuge der nahen Autobahn 215 zu uns herüber, aber das ist auch schon das einzige, das uns stört. Die Landwirtschaft hält sich hier vom Ufer zum Glück weit genug entfernt.

Ab und zu beobachten wir ein Blässhuhn, es gibt auch Teichhühner. Als wir längere Zeit ans Ufer schauen, während unser Kanu ganz langsam von der sehr schwachen Strömung fortgezogen wird, entdecken wir tatsächlich auch noch eine Ringelnatter, ich hatte schon daran gedacht. Wie meistens macht Alexander Fotos vorm im Bug sitzend, es gibt auch einige Schilfrohrsänger (oder Sumpf --?) sowie einen Waldlaubsänger zu sehen. Auf einem Pfahl etwa 10 Meter rechts von uns sitzt ein Greifvogel, wir halten ihn zuerst für eine Rohrweihe. Als er wegfliegt, ist klar, dass es ein sehr schlanker Mäusebussard ist, und zwar ein besonders schönes Exemplar.

Einsetzstelle Mielkendorf

Einsetzstelle Mielkendorf

Bald haben wir die Autohbahnbrücke passiert, wie erwartet wird es leiser. Der Wind trägt den Schall von uns weg. In Mielkendorf legen wir kurz für einen kleinen Landgang an. Hier an der Einsetzstelle gibt es einen vorbildlich gebauten  Steg, der zwei verschiedene Höhen aufweist. Dann paddeln wir weiter, wir suchen einen Pausenplatz, um unsere belegten Brötchen verspeisen zu können. Kurz vor der angepeilten Stelle platscht es links von uns viele Male kräftig am Ufer, das wird wohl ein Wildschwein gewesen sein. Wir sind fast an der Wiese angekommen, wo wir rasten wollen. Ein Maisfeld ist in der Nähe, also eines der Lieblingshabitate der Wildschweine. Wir legen an und steigen aus. Als Ausgleich für das unbequeme Sitzen gehen wir ein wenig umher, essen dabei. An einigen Stellen sehe ich kleine Mooreidechsen, sie huschen zwar schnell weg, kommen aber immer wieder zu ihrem gewohnten Sonnenplatz. Auch einige größere sind dabei, das können Zauneidechsen sein, sie sehen kupferbraun bis leicht sandfarben aus. Die längsten messen wohl etwa 15 cm. 

Am gegenüber liegenden Ufer grunzt es einige Male, da steht wieder ein Wildschwein. Gesehen haben wir es aber nicht. Der Strauch, an dem wir angelegt haben, hängt voller Haselnüsse. Ansonsten gibt es einige Himbeeren und Brombeeren, aber sie erweisen sich als sehr sauer. Davon haben wir bald genug, essen lieber als Nachspeise einige der Mirabellen, die wir vormittags auf dem Wochenmarkt kauften. Die Sonne steht zwar noch hoch am Himmel, aber wir haben ja auch noch ein schönes Stück vor uns: also heißt es dann doch wieder "Aufsitzen!" und weiter paddeln. Vor uns schwimmt eine Entenfamilie, Mutter Reiherente (Tauchente) mit 7 Kleinen, die ganz eng aneinander gedrückt schnell vorwärts schwimmen. Panisch sind sie zum Glück aber nicht. Am Himmel kreisen ein paar Greife, wahrscheinlich Mäusebussarde: einer hört sich wie ein Jungvogel an. Kurz vor Schönwohld müssen wir eine Krautsperre überwinden, d.h., wir müssen kurz ans Ufer, das Boot über das lange Rundholz heben und wieder einsteigen. Eine weitere Reiherentenfamlie verschönert unsere Tour.

Umsetzen an der Steinfurter Mühle

Umsetzen an der Steinfurter Mühle

Wir lassen uns zwar immer noch sehr viel Zeit, kommen aber dann doch zur Umtragestelle Steinfurter Mühle. Hier stürzt die Obere Eider über 2 Wehre und überwindet so etwa 1,40 Meter Gefälle. Der Gastwirt, der hier auch eine Forellenzucht betreibt, brät lecker duftende Fischgerichte in einer Art offenen Kote, er hat viele Gäste zu bewirten, es sei ihm von Herzen gegönnt. Ich bewundere Gastronomen, die sich eine derartige Belastung zumuten, ich selbst möchte das nicht machen müssen. Wir setzen die ca. 100 m um und sind bald mit unserem Holzkanu im nächsten Abschnitt. Völlig unerwartet fliegt direkt neben uns ein Eisvogel auf und hinüber zum anderen Ufer. Nachdem wir wieder paddeln, sehen wir noch 2 weitere Eisvögel, immer sehr dicht an uns vorbei fliegend. Das ist wirklich eine gelungene Überraschung für uns.

Eider unterhalb Steinfurter Mühle

Eider unterhalb Steinfurter Mühle

Ab hier strömt die Eider ziemlich stark, und dazu ist sie noch ziemlich schmal und hat enge Kurven. Die Ufer sieht man vor lauter Igelkolben, Reet und anderen Stauden nicht, im Fluss direkt wächst Wasserknöterich und Flutender Hahnenfuss, am Rand die Canadische Wasserpest. An den Pralltöpfen, wo die Strömung kehrt, wachsen auch See- und Teichrosen. An vielen Stellen gedeiht das Pfeilkraut, das weiß blüht und schon teilweise Früchte hat, die denen des Igelkolbens ähneln. In der Wasserpest sehen wir kleine Fische. Die Wassertiefe beträgt etwa 1,50 - 1,80 m.

Die Eider mäandriert hier teilweise so stark, daß wir die Sonne und den Wind im Rücken haben, obwohl sie sonst direkt von vorne kommen. Das Eidertal verläuft zwischen Marutendorf, Steinfurt und Hohenhude recht tief ins Gelände hinein geschnitten. Bevor der Eiderkanal gebaut und dadurch der Wasserstand des Westensees abgesenkt wurde, war dieses Tal eine Bucht des Sees. Es ist schon enorm, was Menschenhand so alles zustande bringt.

Eider-Brücke Hohenhude

Eider-Brücke Hohenhude

Dann sehen wir die niedrige Brücke, die den Wanderweg zwischen Hohenhude und Marutendorf ermöglicht. Dort beenden wir unsere Kanutour, und dort steht das Fahrrad. Ich mache mich auf zwei Rädern auf den Weg und hole das Auto aus Kiel-Hammer. Die Fahrt auf dem Fahrrad löst einige Spannungen in meiner Muskulatur, dabei genieße ich die Abendsonne und die meist freundlichen Menschen, die mir begegnen. Als ich mit dem Auto zurück bin, ist es schon ein kühler Abend. Wir verladen unsere Ausrüstung, ein Dorfbewohner kommt uns besuchen und schaut nach seiner Wiese, überlegt, ob er sie morgen noch mähen sollte. Wir unterhalten uns noch eine Weile über die Fischarten, Renaturierungsmaßnahmen und das ganze Eidersystem, er kennt sich gut aus.

aussetzen in Hohenhude

aussetzen in Hohenhude

Als wir auf dem Heimweg sind, ist es schon ein wenig dunkel und recht kühl. Wir resümieren: es war ein gelungener, sehr ruhiger Ausflug, wir sind zufrieden und glücklich. Schön, einen derartig natürlichen Fluss in der Umgebung Kiels zu haben!

Geschrieben in Kanutagebuch (2011)