Kanu & Natur

ein persönliches Blog von Jürgen Clausen

Von Schwaan bis Rostock

Geschrieben am 28.04.2011 in Kanureisen (2011) —   Warnow (Geändert am 05.07.2017)

Teil 2 von 4 in der Serie Warnow-Kanutour Ostern 2011

In der Nacht hören Gundula und ich eine uns unbekannte Eule: ihr Ruf ist wie "auf einem Kamm geblasen". Ansonsten ist es sehr still, von einem langen und lauten Güterzug gegen 4:00 Uhr morgens mal abgesehen. Wir schlafen alle drei sehr gut, was durchaus ungewöhnlich ist: meist ist die erste Nacht auf einer Kanutour mit Gewöhnungsschwierigkeiten verbunden, heute jedoch nicht. Ich mache uns Kaffee und dann packen wir alles ein, was wir unterwegs benötigen könnten.

Unser Plan sieht vor, unsere Zelte und Schlafausrüstung hier auf dem Sandgartencamp zu lassen und abends, wenn wir in Rostock angekommen sind, mit der Bahn das Auto aus Bützow zu holen und die nächste Nacht wieder hier zu verbringen.

Schwaan, Idylle an der Beeke

Schwaan, Idylle an der Beeke

Wir starten schon um acht Uhr. Während unserer sehr langsamen und genüsslichen Kanutour gibt es wieder sehr viel zu sehen und zu hören:  an der Wildnis vor Schwaan mit den alten Torflöchern und dem kleinen See (sieht so aus, als hätte man hier früher mal Ton abgebaut...) paddeln wir langsam vorbei, ein Biber platscht hinter einer dicken Erle ins Wasser der Warnow. Rechts sehen wir den "River Saloon" daneben liegt eine neue Badestelle, wo man auch mit dem Kanu einsetzen kann. Die Brücke kommt in Sicht, und es tut uns sehr leid, dass die alte Hubbrücke, das ehemalige Wahrzeichen von Schwaan, nur noch rudimentär vorhanden ist. Eine "Leihbrücke" führt den Fahrzeugverkehr gegenwärtig über die Warnow. Dann besuchen wir die Innenstadt von Schwaan. Es wurde eine neue Rastmöglichkeit eingerichtet, wir erreichen sie, indem wir die von links einmündende Beeke ein wenig aufwärts paddeln. Links in einem schmalen Stichkanal können wir anlegen, es gibt überdachte Sitzmöglichkeiten.

Flussuferläufer_2

Flussuferläufer_2: eine kleine Limikole

Bald paddeln wir dann durch die Warnow-Wildnis langsam weiter und genießen die Tiere und die Landschaft um uns herum. Dabei halten wir Ausschau nach einem Platz, wo wir in Ruhe unser Frühstück einnehmen können. Vom linken Ufer fliegt eine größere Limikole auf, sein weißer Bürzel deutet auf eine Bekassine hin (den Schnabel haben wir leider nicht gesehen). Wieder können wir zwei Rotmilanen zuschauen, es ist wohl ein Pärchen, es streift langsam das Warnow-Ufer entlang, sicher auf der Suche nach Beute. Jetzt sehen wir auch unsere ersten Flussuferläufer auf diesem Trip: er badet, indem er sich eines toten Astes als Stützpunkt bedient, der nahe dem linken Ufer im Wasser liegt. Ganz ruhig treiben wir vorbei und versuchen Fotos hinzubekommen. Danach sehen wir weitere, einige fliegen und einer putzt sich auf einem Stück Totholz, das im Wasser liegt. Ein Schwarzspecht meißelt laut vernehmbar  an einem Weidenstamm herum, dann sehen wir ihn auch aus der Nähe. Wie schon so oft bestaunen wir die Größe dieser lebenden Schnitzmaschine. Immerhin schafft  er ja durch seine Aktivitäten die Bruthöhlen für Hohltauben und kleinere Bewohner. Auch der Baummarder ist auf darauf angewiesen, dass der Schwarzspecht ihm Höhlen hinterlässt.

Warnow hinter Schwaan

Warnow hinter Schwaan

So richtig tolle Pausenmöglichkeiten gibt es nicht an den feuchten, weichen Warnowufern hier, aber dann entdecken wir doch noch einen halbwegs geeigneten Platz: das Ufer ist stark durchwurzelt, so dass wir sehr gut anlegen können, und der Boden ist einigermaßen tragfähig. Es ist so eine Stelle, wo Pestwurz wächst und für lockeren Boden sorgt, indem er ihn mit seinen riesigen Blättern ganz bedeckt. Gegenwärtig sind aber nur die roten Blüten zu sehen, sie sind irgendwie ein bisschen eklig. Wir packen Obst, Milch und Müsli aus und bereiten unser Frühstück vor. Während wir es verzehren, hören wir Kraniche trompeten, und auch ein Rotmilan kommt vorbei geflogen. Paddler gibt es keine. Wie immer lassen wir uns sehr viel Zeit, machen uns sogar noch heißes Wasser zum Abwaschen.

Warnow,

Warnow,: bla

Unser heutiger Paddelabschnitt wird etwa 24 Kilometer betragen, und es herrscht bei weiterhin strahlendem Sonnenwetter Gegenwind. Oft gibt es kräftige Böen, die richtige Wellen auf der Warnow verursachen. Daher haben wir uns darauf eingestellt, viele Pausen zu machen. Nach einer knappen Stunde erreichen wir die Bahnbrücke nahe Zeez, hier wechselt die Bahn vom rechten auf das linke Warnowufer. Davor liegt ein Altarm, wir paddeln nicht hinein, bleiben aber eine gewisse Zeit davor liegen und schauen hinein. Ein Höckerschwanpaar hat sich hier eingerichtet. Es gibt sehr viele Schwäne auf der Warnow zwischen Bützow und Rostock!

Warnow bei Benitz

Warnow bei Benitz: kleiner "Hafen" Benitz

Links liegen wieder einige Torflöcher, die zu einem Erlensumpf geworden sind. Dann zweigt links ein weiterer Altarm ab, ein Blick in unseren TA6 sagt uns, dass hier der kleine "Hafen" Benitz liegt. Es ist ein freundlicher Platz mit Bootssteg, wir kommen mit einem Pärchen ins Gespräch, das ein bestimmtes ehemaliges Fabrikgebäude in der Gegend sucht. Wir helfen mit unseren Beobachtungen und unserer Karte.

Pausenplatz an der Zarnow-Mündung in die Warnow

Pausenplatz an der Zarnow-Mündung in die Warnow

Wir paddeln noch ein paar Kilometer weiter, links liegt nahe Wahrstorf eine ehemalige Ziegelei. Ein Steg lädt zum Pausieren ein, es ist aber ein "Privat" - Schild angebracht. Ein paar hundert Meter weiter mündet rechts die Zarnow in die Warnow, ein kleiner Bach. Unsere Gewässerkarte Tourenatlas TA6 weist hier auf eine Rastmöglichkeit hin, und wir landen dort an einem seichten Strand an, der sich an der Bachmündung gebildet hat.

Als Zwischenmahlzeit machen wir uns ein paar Dosen Biobohneneintopf warm und verspeisen ihn mit Genuss. Es gibt viele Fische zu beobachten sowie einen Wasserskorpion, auch zieht wieder ein Rotmilan unsere Aufmerksamkeit auf sich. Auf der großen Wiese, die hier liegt, hat ein Fahrzeug sehr tiefe Spuren beim Fahren und bei den Bergungsversuchen hinterlassen, auch eine Wolldecke musste dabei ihr Leben lassen und schmückt seitdem die Wiese. Der arme Angler muss sich wohl in Zukunft ein allradgetriebenes Fahrzeug anschaffen oder zu Fuß über die Wiese gehen. Wir lassen und richtig viel Zeit, bis Rostock sind es noch gut 13 Kilometer, also bei dem Gegenwind etwa 4 Stunden reine Paddelzeit. Dann sitzen wir wieder in unserem Kanu und paddeln weiter.

Warnow, Wasserwanderrastplatz Papendorf

Warnow, Wasserwanderrastplatz Papendorf: neu 2011

Bei Pölchow gibt es eine kleine Datschensiedlung mit Anlegern, die Bahn verläuft hier  fast direkt am Ufer der Warnow. Autolärm kündet von der nahen A 20. Als wir unter der Brücke sind, ist es eher leise. Dort könnte man sogar eine Pause einlegen, wenn es nicht anders geht. Wir streben jedoch weiter nach Papendorf, dort soll es einen neuen Wasserwanderrastplatz geben. Tatsächlich liegt dort ein gewaltiger Schwimmsteg aus Beton, wir landen an. Ein paar Mädchen liegen auf dem Steg und sonnen sich, sie sind mit einem Gummikajak unterwegs. Es legt noch eine Art "Spreewaldkahn" an, der allerdings von einem Heck-Schaufelrad durch Beinkraft angetrieben wird: eine Familie macht einen Ausflug.

Warnow vor Rostock

Warnow vor Rostock: der alte Wasserturm

Wir untersuchen und fotografieren den neuen Wasserwanderrastplatz Papendorf und sitzen dann auch bald wieder im Holzkanu. Der Wind hat nochmal aufgefrischt, und die letzten Kilometer bis Rostock sind ein wenig anders als die Strecke vorher. Es gibt ein paar Tagesmieter in Kanus, vor allem aber trainierende Olympioniken, die teilweise von Motorbootfahrern (!) "begleitet" werden, mit Megaphonen versteht sich. Sie gehören zum "Olympischen Ruderclub" in Kessin, rechts vor Rostock. Auch an den Ufern wird es "menschlicher", an vielen Stellen liegen oder sitzen mehr oder weniger bekleidete Sonnenanbeter(Innen). Wir paddeln noch unter einigen Eisenbahn-Brücken hindurch, dann sind wir in Rostock am Mühlendamm angekommen. Rechts liegt die Schleuse, dahinter der Kanuclub. 

Warnow, Rostock-Mühlendamm

Warnow, Rostock-Mühlendamm: eine Einsetzstelle neben dem Strandbad

Hinter dem Strandbad bzw. der Kanustation von "Wanderer" liegt eine Einsetzstelle. Um dorthin zu gelangen, paddeln wir unter der letzten, diesmal extrem niedrigen Brücke hindurch. Wir legen an der Treppe an und entladen unser Kanu. Ich wandere mit einem Rucksack mit einer Notration zur Bushaltestelle der 23 und fahre mit dem bald kommenden Bus die knapp 2 km zum Hauptbahnhof. Dort besorge ich mir eine Fahrkarte, warte eine halbe Stunde und lasse mich dann mit der Bahn sehr komfortabel und leise bis Bützow kutschieren. Das dauert nur knapp 21 Minuten. Diese Art der schnellen Fortbewegung nach einer langsamen Kanutour finde ich immer wieder erstaunlich: 21 Minuten gegen 2 Tage!

In Bützow wandere ich so flott wie möglich etwa 1700 Meter bis zum Wasserwanderrastplatz und hole unser Auto. Am Sportplatz komme ich kaum durch, da das Entzünden des Osterfeuers in Bützow kurz bevor steht. Gegen 18:40 Uhr bin ich wieder in Rostock, wo Gundula und Alexander schon lange müde, aber vergnügt auf mich warten. Das Auto-abholen hat insgesamt etwas mehr als 2 Stunden gedauert. Gundula hat inzwischen eingekauft, damit wir über Ostern genug zu Essen und Trinken haben. Wir laden alles ein und das Kanu auf das Autodach, dann fahren wir nach Schwaan zu unserem Zelt.

Abend am Bützower See

Abend am Bützower See

Am Sandgartencamp kochen wir uns ein leckeres Essen, es gibt Nudeln, Möhren und Zucchinis mit Sahnesoße. Der Wind lässt nach, der Abend wird richtig schön und still. In den alten Kiefern am Campingplatz turnt irgendwo ein Specht, wahrscheinlich Buntspecht, wir hören auch eine Nachtigall und Kraniche nicht weit von uns. Die Schwäne im Gewässer gegenüber (Torf - oder Tonstich) liefern sich Revier-Scharmützel, einige der Trauerseeschwalben fischen in der Warnow. Meisen turnen in der Eiche über uns.

Da wir von unseren Tagesaktivitäten ziemlich erschöpft sind, gehen wir schon mit der Sonne schlafen.