Kanu & Natur

ein persönliches Blog von Jürgen Clausen

Jubiläumspaddeln 7 Jahre FlussInfo 5. März

Geschrieben am 05.03.2013 in Kanutagebuch (2013) —   Schwentine (Geändert am 05.07.2017)

Heute gibt es einen schönen Anlass für eine Kanutour:  vor 7 Jahren stellten wir mit 10 Gewässerbeschreibungen www.flussinfo.net online. Inzwischen ist FlussInfo mit 37 Gewässerbeschreibungen die maßgebliche Website für den Kanutourismus im Norden und Nordosten Deutschlands.

Um die Mittagszeit herum fahren Alexander, Gundula und ich zum Bootshaus und laden das Kanu und die Ausrüstung auf das Auto bzw. hinein. Bis zur Einsetzstelle am Rosensee (Schwentine) sind es nur einige Kilometer, so dass wir bereits gegen 12:55 Uhr  in unserem Holzkanu sitzen. Die Temperatur liegt bei 10°C im Schatten, es ist sonnig und fast windstill. Wir paddeln ohne Handschuhe, ich sogar ohne Parka. 

Auf dem Rosensee fallen uns sofort die vielen Gänse auf: Graugänse und Kanadagänse bevölkern nicht nur den kleinen, aber sehr langgestreckten See, sondern ebenso die angrenzende Wiese. Zwei Graureiher sowie einige Gänsesäger und Schellenten sind ebenfalls anwesend. Viele Gänse sind extrem nervös, und wir fragen uns, ob wir sie so stark beeinflussen. 

Seeadler und Graugänse

Seeadler und Graugänse

Mehrere Züge fliegen auf, sicher 40 bis 50 Gänse ergreifen die Flucht in verschiedenen Richtungen. Dann entdecken wir die Ursache: ein großer Seeadler erscheint, dreht kleine Runden nahe den Gänsen und auch von uns ist er nicht mehr als 150 Meter entfernt. Bald aber gibt der Seeadler den Jagdversuch auf und entschwindet. 

Bussard über dem Rosensee

Bussard über dem Rosensee

Wir paddeln gegen flotte Strömung die Schwentine aufwärts, dabei präsentiert uns noch ein Mäusebussard seine besten Flugfiguren. In der großen Schilffläche rechts vor dem Klosterwald hören wir zuerst etwas knacken, dann hören wir es verhalten grunzen: sicher verbringt dort ein Wildschwein seinen Tag, bevor es in der Dämmerung wieder nach Nahrung wühlt. 

Auf der großen Wiese links von uns kommen allmählich die Gänse zurück, manche haben sich durch ihren Seeadleralarm heiser geschrieen. Wir paddeln um die Halbinsel herum, dabei haben wir gut zu tun, da einige umgekippte Erlen die Strömung vergrößern und unseren Weg verschmälern.

Für eine Pause auf der geliebten Halbinsel ist es noch zu früh, also paddeln wir weiter stromauf. Aus dem überfluteten Auenwäldchen links strömt eine Menge Wasser in die Schwentine, die Strömung verstärkt sich weiter. Von jetzt an begleiten uns aus den hohen Erlengehölzen die Gesänge von Meisen, auch Schwanzmeisen; ferner hören und sehen wir Rotkehlchen, Buchfinken, Kleiber, Zaunkönig, Dompfaff und Spechte. 

Schwentine im März 2013

Schwentine im März 2013

Eine enge Stelle hat sich durch den großen Wasseranfall jetzt im Frühjahr in einen Schwall verwandelt, beherzt paddeln wir ihn mit größtem Krafteinsatz hoch und erreichen bald ruhiges Wasser. Die Schwentine ist ab jetzt breiter und strömt dadurch nicht mehr so stark. Wir legen links am Erlenbruchufer an und essen erst einmal einige Scheiben Brot. Ein Rotkehlchen untermalt unser Essen perfekt.

Weiter aufwärts kommen wir an einer Viehtränke vorbei und schauen, ob wie gewöhnlich Robustrinder anwesend sind, wie sie hier für die Landschaftspflege eingesetzt werden. Es sind keine da, stattdessen sehen wir eine Ricke seelenruhig am Ufer grasen. Alex macht Fotos, und nur ganz langsam setzt sie sich in Bewegung, um etwas Abstand zu uns zu gewinnen. Immerhin sind wir keine 10 Meter entfernt. 

Rehbock an der Schwentine

Rehbock an der Schwentine

Dann entdecken wir noch einen jungen Rehbock, das Gehörn voller Bast, wie es im Frühjahr bei Rehböcken eben so ist. Er steht ebenfalls ganz still und schaut weg. Erst, als wir fast vorbei sind, dreht er sich noch um, so dass wir auch ein Frontalfoto von ihm machen können.  

Da der Wasserstand der Schwentine recht hoch ist, haben wir unter der kommenden Fußgängerbrücke nur wenig Kopffreiheit. Wir bücken uns so stark es geht und kommen gerade so durch. Beim Gutshaus Rastorf blühen sehr viele Schneeglöckchen, über uns hören wir wieder einen Bussard rufen. Auf einer Wiese ein Stückchen weiter grasen Rinder und es sind auch viele Gänse anwesend. Es kommt ab und zu zum Streit zwischen Rindern und Gänsen, so dass die meisten Gänse sich ein paar Meter entfernt hinter den nächsten Stacheldraht begeben haben. Dann geschieht etwas, was uns total überrascht: eine kleine Fledermaus fliegt langsam an uns vorbei und hält sich dabei ganz dicht über der Wasseroberfläche! Es ist wohl eine Wasserfledermaus, die es vor Hunger nicht mehr in ihrem Winterquartier ausgehalten hat, so dass sie sogar am Tag auf die Jagd geht. Unsere Gefühle schlagen wahre Purzelbäume!

Halbinsel Stumpfes Eck beim Totenredder

Halbinsel Stumpfes Eck beim Totenredder

Wir beobachten einen kleinen Trupp von Schwanzmeisen, die in einer jungen Weide herumhuschen und dann glücklicherweise nahe vor uns den Fluss überqueren. Drei Schellenten spielen mit uns "auffliegen und wieder vor das Boot setzen", das etwa 5x, bevor sie sich dafür entscheiden, hoch auf zu fliegen und ein ganzes Stück die Schwentine abwärts zu landen. So ist es auch angenehmer für uns. 

Grünspecht

Grünspecht

Als wir das nächste Wäldchen ereicht haben, beschließen wir zu wenden und uns ganz langsam mit der Strömung zurück treiben zu lassen. Wir hören gewisse Vogellaute, die wir zunächst für das Rufen eines Schwarzspechtes halten. Bald stellen wir fest, dass es noch einen zweiten Specht geben muss, die Rufe lassen sich etwa 100 Meter voneinander entfernt verorten. Mir fällt ein, dass es sich um die Rufe von Grünspechten handeln muss. Natürlich ist unser Ehrgeiz geweckt, wir wollen unbedingt einen sehen. Tatsächlich entdecken wir hoch in einer alten Pappel den einen und hören auch die Rufe des anderen.  Nachdem wir ihn eine Weile beobachtet haben, fliegt er zu seinem Kollegen rüber in das nächste Gehölz. 

Pause an der Schwentine

Pause an der Schwentine

Ein junges Pärchen ist in einem kleinen Faltboot unterwegs, überholt uns still. An der Viehtränke sehe ich noch einmal den Rehbock. Einige Hohltauben queren die Schwentine, wir hören mehrere Finken rufen. Bald paddeln wir wieder an der Halbinsel vorbei, es kommt uns seltsam vor, dass wir hier heute gar nicht pausieren. Wir treffen auf die größere Schar Grau- und Kanadagänse, sie sind jetzt ganz ruhig. Ein Komoran will auch an der Party teilnehmen, an dem großen Treffen auf der Gänsewiese, wo auch die beiden Graureiher wieder stehen.

Bald haben wir den langen Rosensee durchfahren und erreichen die Kanueinsetzstelle an der Straßenbrücke der B202, wo unser Auto steht. Das junge Pärchen ist mit dem Abbau des Faltboots beschäftigt. Wir verstauen unsere Ausrüstung im Auto und laden das Holzkanu auf das Dach. Vergnügt und völlig zufrieden fahren wir die wenigen Kilometer nach Hause. Die viele Frischluft und die ungewohnte Sonnenstrahlung haben uns müde gemacht. Wir haben aber einen tollen Paddeltag und FlussInfo-Geburtstag erlebt und sind froh über die vielen Überraschungen in der Natur. So kann unsere Kanusaison weiter gehen!

Geschrieben in Kanutagebuch (2013)