Kanu & Natur

ein persönliches Blog von Jürgen Clausen

Auf der Eider im Nebel im Oktober

Geschrieben am 21.10.2016 in Kanutagebuch (2016) (Geändert am 05.07.2017)

Heute ist der 19. Oktober. Der dichte Morgennebel soll sich um die Mittagszeit herum lichten, und so sitze ich bereits kurz vor Mittag in meinem Holzkanu und lasse es so langsam es nur geht flussaufwärts gleiten. 

Oktober-Nebel auf der Eider

Oktober-Nebel auf der Eider

Die Äste der Erlen hängen hier recht tief über der Eider und deren Kronen berühren sich fast. Der Nebel dazwischen verhindert, dass ich weit sehen kann. Schon jetzt höre ich einen Eisvogel! Als ich um die Kurve auf die Straßenbrücke zu paddle, fliegt er von dort wieder auf - oder es ist ein zweiter. Sein schillernd leuchtendes Blau verschwindet im Nebel.

die Eider im Nebel

die Eider im Nebel

Das Wasser der Eider ist klar. Die Grundstücke der wenigen Ufer-Anrainer liegen im Nebel, und es sind nur die Anlegestege zu sehen und nicht die Wohnhäuser. Ein rummelndes Geräusch ist zu hören, das rasch anschwillt: es nähert sich eine Bahn. Die Geleise verlaufen hier direkt am Ufer. 

neblige Eider

neblige Eider

Auf einem kahlen Baum sitzt ein Graureiher. Er lässt sich durch mich nicht stören. Beim Gut Klein Nordsee höre ich ein Rotkehlchen singen und freue mich sehr darüber. Viele Pappeln lassen bereits ihr Laub fallen, und eine bunt-gelbe Schicht bedeckt weite Flächen zwischen den Stämmen. Die Stimmung ist phantastisch, es herrscht eine große Ruhe. Nur in der Ferne ist ab und zu eine Motorsäge zu hören. 

Fischernetze im Nebel

Fischernetze im Nebel

Ich paddle weiter durch den Nebel und freue mich jede Sekunde, diese Kanutour unternommen zu haben. Zwischen den trockenen Wasserdost-Stauden fällt mir ab und zu ein Spinnennetz auf: erst die feinen Tautropfen lassen es sichtbar werden. Menschen treffe ich nicht, weder auf dem Wasser noch auf den Wanderwegen ist jemand unterwegs. 

Nebel auf dem Westensee

Nebel auf dem Westensee

Am Ausfluss der Eider aus dem Westensee wird der Nebel dichter. Die Fischernetze bilden mit ihren Stangen eine eindrucksvolle Szenerie, die mich ebenfalls an Spinnennetze erinnert. Ich frage mich: soll ich auf den Westensee hinaus paddeln? Zwischen den beiden Reusenanlagen des Fischers paddle ich mittig hindurch. Einige Kormorane und Möwen fliegen auf, die am Ende der Anlage auf den Stangen gesessen haben. 

Pause in Felde

Pause in Felde

Die Fahrt auf den Westensee hinaus ist sehr spannend, da die Orientierung völlig anders ist als gewohnt: der Wald am gegenüber liegenden Ufer erscheint erstens sehr zart und zweitens recht nahe zu sein, dabei ist er mindestens 1000 Meter entfernt. Obwohl es sehr neblig ist, herrscht ein deutlicher Wind. Nach etwa einer Viertelstunde drehe ich um und nehme wieder Kurs auf den Eider-Ausfluss. Der ist nicht wirklich zu sehen, aber die Konturen im Erlenwald-Ufer lassen ihn ganz vage erkennen.  

feiner Nebel über der Eider

feiner Nebel über der Eider

Im Eider-Ausfluss angekommen, lande ich am linken Ufer an und trinke einen Tee. Ein paar trockene Hafer-Kekse vertreiben den Hunger. Ich hole eine zusätzliche dicke Weste aus meinem Wasserdichtsack und ziehe mich wärmer an. Über der Eider wird der Nebel jetzt ein wenig dünner, ich kann schon etwa 100 Meter weit sehen. Aus dem nahen Schilf fliegen zwei kleine Vögel auf, und ihre Rufe hören sich wie Bartmeisen an! Und ein weiteres Geräusch fasziniert mich: ich höre ein lautes, anhaltendes Quieken aus dem Schilf. Das kann nur eine Wasserralle sein!

Eider-Ring-Kanal im Nebel

Eider-Ring-Kanal im Nebel

Nach einer Weile zieht es mich wieder auf den Fluss, und mit leichter Strömung paddle ich die knapp zweieinhalb Kilometer bis Achterwehr zurück. Dort entscheide ich aber, einfach weiter in den Eider-Ring-Kanal hinein zu paddeln. Der Nebel verwandelt sich in einen kräftigen Dunst, die Sichtweite nimmt weiter zu und ab und zu leuchtet sogar das herbstliche Laub der Pappeln und Birken. Bei Flemhude stört der Krach der Autobahn so sehr, dass ich dieses Stück so schnell es geht abpaddle, bis es deutlich leiser wird. Auf dem Wanderweg "begleiten" mich ein paar Spaziergänger.

neues Ufer an der Alten Schleuse

neues Ufer an der Alten Schleuse

Auf meinem weiteren Weg bis Strohbrück treffe ich einige Stockenten, Blässhühner und höre aus dem Schilf eine weitere Wasserralle quieken. Als ich vor der Alten Schleuse Strohbrück anlegen will, erkenne ich erstaunt, dass dort tatsächlich jemand eine Maßnahme durchgeführt hat, die ich mir schon länger vorstellte: man hat das Ufer mit einfachen Mitteln befestigt! Wo es die letzten Jahre zunehmende Bodenerosion gab und einige letzte Pfähle noch vereinsamt im Wasser standen, befindet sich heute eine Kante aus soliden Brettern mit fester Kies-Schüttung dahinter. Sogar an ein paar kleine Poller zum Festmachen hat man gedacht! Voller Freude entdecke ich ein leuchtend rotes Pfaffenhütchen, das ich natürlich sofort fotografieren muss.

Pfaffenhütchen an der Alten Schleuse Strohbrück

Pfaffenhütchen an der Alten Schleuse Strohbrück

Ich mache auch hier eine gute Pause, gehe ein wenig um die Alte Schleuse herum. Auf dem Nord-Ostsee-Kanal fährt ein Containerschiff in Richtung Kiel, es ist fast lautlos. Da ich ansonsten keine Signal-Töne aus dem Kanal höre, gehe ich davon aus, dass niemand außer diesem Schiff unterwegs ist. Bei Nebel muss nämlich alle zwei Minuten Signal gegeben werden.

Ich bereite mich auf meine Rücktour vor, denn es ist bereits 15:22 Uhr, und ich habe ja noch drei Kilometer vor mir. Ich paddle zurück etwas schneller und bin um etwa 16:00 Uhr wieder an meiner Einsetzstelle. Dieser Ausflug war eine der schönsten Solo-Kanutouren in diesem Jahr! 

Geschrieben in Kanutagebuch (2016)