Kanu & Natur

ein persönliches Blog von Jürgen Clausen

Die Schwentine von Neumühlen aufwärts am 7. November

Geschrieben am 07.11.2016 in Kanutagebuch (2016) (Geändert am 05.07.2017)

Am heutigen Montag ist es mit knapp drei Grad recht kühl. Ich setze in Neumühlen / Wellingdorf gegen 12:00 Uhr ein und paddle die Schwentine aufwärts. Einige ruhige Schwäne, ein Trupp Kanadagänse und natürlich Stockenten bevölkerten den Fluss. Sie waren alle recht zutraulich. Anfangs habe ich noch Gegenwind, aber hinter der nächsten Kurve lässt nicht nur der Straßenlärm nach, sondern auch der Wind. 

Güterbahn-Lok über der Schwentine

Güterbahn-Lok über der Schwentine

Ich messe die Temperaturen, und außer der bereits erwähnten Lufttemperatur sehe ich, dass das Wasser nur noch 6 Grad warm ist. In der Förde maß ich gestern noch knapp 10 Grad. Die Pflanzen sind schon mächtig auf das Winterhalbjahr eingestellt, und die Sonne lässt sich nicht sehen. Insofern strahlt auch das noch vorhandene Herbstlaub der Buchen, Hainbuchen, Eichen und Ahorn nicht so stark. Am Schilfrand beobachte ich kleine Wellen, kann aber den Verursacher nicht ausmachen. 

Schwentine-Wildnis nahe Klausdorf

Schwentine-Wildnis nahe Klausdorf

Ein Mann in einem Kajak kommt mir entgegen, man kennt sich vom Sehen. Ein Teichhuhn ist nicht sehr entspannt, es flieht schnell ins Schilf. Als ich mich der Eisenbahnbrücke nähere, höre ich das Geräusch eines heran nahenden Zuges. Als ich gerade meine Kamera ausgepackt habe, fährt eine große, rote Güter-Diesellok allein über die Brücke. 

beim Gut Oppendorf

beim Gut Oppendorf

Vor der Fußgängerbrücke schwimmen viele Wasservögel, unter ihnen auch ein Pärchen Schellente, und das mitten zwischen Kanadagänsen. Ein Graureiher fliegt aus seiner Deckung. Wäre er sitzen geblieben, hätte ich ihn gar nicht bemerkt. Langsam paddle ich weiter die Schwentine aufwärts, und dann höre ich einen Schwarzspecht - erst rufen, und dann klopfen. Dieser große Specht bleibt auch dann noch, wo er hingeflogen ist, als ich bis auf etwa 10 Meter heran gepaddelt bin. Er klopft abwechselnd an jeder der toten Erlen, bleibt dabei immer in einer niedrigen Höhe. Sogar jetzt, wo ich ihm so nahe bin, lässt er seinen klagend anmutenden Laut hören! Das habe ich bisher so noch nie erlebt.

Buchen im Herbst

Buchen im Herbst

Ich halte mich eine Weile an diesem Auengehölz auf, bevor ich dann weiter in Richtung Oppendorf paddle. Plötzlich ertönen laute Rufe, die ich nicht genau identifizieren kann: keine Kanadagänse, obwohl sie zwischen tiefen und höheren Tönen wechseln. Keine Singschwäne, obwohl sie sich durchaus ein wenig so anhören. Ich denke an Pfeifschwäne. Dann sehe ich sie fliegen: zuerst vier, dann noch zwei hinterher. Da sie recht hoch fliegen, kann ich nur erkennen, dass es wirklich um Schwäne handelt. Den sechsen folgen noch zwei weitere, und die werden für ganz kurze Zeit sogar von der Sonne angestrahlt, die dort oben gerade für etwas mehr Licht sorgt. Ich freue mich sehr über meine Entdeckung. (Zuhause bestätigen Internet-Videos meine Vermutung, dass es sich um Pfeifschwäne oder zus selben Art gehörenden Zwergschwäne handeln muss). 

Reetufer im Herbst an der Schwentine

Reetufer im Herbst an der Schwentine

Ich erreiche meinen Umkehrpunkt: eine Erlenwurzel, an der ich gut anlegen kann, um mir die Beine zu vertreten. Ich wandere ein wenig umher und erfreue mich an der wilden Umgebung. Dabei kann ich einen Mäusebussard beobachten, der aus dem Auengehölz am linken Ufer angeflogen kommt und nach rechts wechselt. Er ist recht klein, wahrscheinlich ein Männchen.

Ich paddle zurück, und auch das genieße ich sehr. Im Schilf neben mir bekomme ich Gesellschaft von einer Blaumeise, die zwischen den trockenen Reethalmen herum turnt. Vor der Wanderwegbrücke überfliegt mich ein großer Trupp Kanadagänse in sehr niedriger Höhe, wobei ich die Gänse laut rufen höre. Ich zähle mehr als zwanzig Exemplare. 

Als ich die weiße Fußgängerbrücke passiert habe, erregen einige winzige Wellen meine Aufmerksamkeit: ich erkenne einen Zwergtaucher, dann taucht ein zweiter auf. Ich bleibe in Bootslänge Abstand zu ihnen stehen, und es sind sogar drei Zwergtaucher, darunter ein Männchen, das noch ein wenig Prachtkleid zeigt. Eine Kajak-Fahrerin kommt mir entgegen, und die lauten Paddelschläge lassen die Zwergtaucher dazu, sich ins Schilf abzusetzen. Auch direkt am Schilfrand sehe ich noch deren kleine Wellen.

Auf dem kommenden Abschnitt treffe ich noch zwei Mal einen Zwergtaucher, und auch die "Kolonne" von Kanadagänsen mit dem Schellenten-Pärchen ist noch zugegen. Bald habe ich die Einsetzstelle unter der großen Brücke erreicht. Dort halte ich noch einen ausgiebigen Plausch mit zwei Paddlern, die gerade starten wollen, bevor ich meine Ausrüstung und mein Holzkanu verlade. Es beginnt zu regnen. Bald bin ich wieder zuhause.

Geschrieben in Kanutagebuch (2016)