Kanu & Natur

ein persönliches Blog von Jürgen Clausen

Forsthaus An Der Spree bis hinter Hangelsberg

Geschrieben am 06.07.2010 in Kanureisen (2010) —   Dahme-Spree-Rundtour (Geändert am 05.07.2017)

Teil 5 von 9 in der Serie Dahme-Spree-Rundtour (Große Märkische Umfahrt)

Heute ist Sonntag, der 13. Juni 2010. Als ich aus der Dusche komme, geht die Sonne gerade auf und ich höre einige Kraniche rufen. Vom nahen Wald hinter dem gegenüber liegenden Ufer tönt das Echo herüber.  Die Wiese dort wrid schön von der Sonne angestrahlt, etwas Braunes bewegt sich dort. Ein Rehbock bellt, ein zweiter bellt auf dem nördlichen Ufer, wo ich bin. Ich trage meine Outdoorküche zu einem überdachten Pausentisch herüber und schaue wieder neugierig auf die Wiese: ein Fuchs "schnürt" dort und ist auf der Jagd. Er schaut für ein paar Sekunden zu mir herüber, dann setzt er seinen Weg durch das hohe Gras fort. Zwei Kraniche fliegen unter wiederholtem Rufen etwas aufgeregt umher.  Es ist ein Morgen wie aus dem Bilderbuch, schöner kann ich es mir kaum wünschen.

Forsthaus an der Spree, Frühstück

Forsthaus an der Spree, Frühstück: mit Blick auf die Wiesen, mit Fuchs und Kranichen

Derart verwöhnt, koche ich mir Kaffee und mache mir mein Frühstück. Es gibt Crunchy-Müsli, die Milch dazu mache ich mir sogar warm. Seit ich diesen Gasbrenner habe, ist schnell und unkompliziert mal etwas Essbares erwärmt. Das möchte ich nie mehr missen! Während ich frühstücke, schweift mein Blick immer wieder über die Wiese, um etwas Aufregendes aber es ist jetzt ruhiger geworden. Bald packe ich meine Sachen, trage alles zum Anlegesteg und baue zum Schluss noch schnell mein Zelt ab. Als es auf dem Gelände langsam lebendig wird, verabschiede ich mich noch von dem gerade eingetroffenen Angestellten und steige in mein Kanu. Es ist mittlerweile 8:10 Uhr.

Bittersüßer Nachtschatten am Oder-Spree-Kanal

Bittersüßer Nachtschatten am Oder-Spree-Kanal: die Ufer des Oder-Spree-Kanals sind größtenteils mit gängigen Sumpfpflanzen bewachsen

Ich habe noch keinen Wind, aber es ist 3-4 von West vorausgesagt. Ich paddle nicht gerade langsam den Oder-Spree-Kanal in Richtung Fürstenwalde. Die Ufer sind trotz des Schotterverbaus zum Teil von Pflanzen überwuchert, es gibt viele Altarme. Der Kanal wurde hier ja zum größten Teil im Spreebett gebaut, wenn auch ziemlich begradigt. Daher gibt es eine reichhaltige Pflanzenwelt, ich unterscheide Wasserschwaden, Schilf, Sumpfkresse, Schwertlilien, Brunnenkresse, Wasserminze, Uferseggen und es gibt an manchen Stellen sogar Schwanenblumen zu sehen. Der Biber hat auch hier seine Spuren hinterlassen, bewohnt wohl wie alle anderen Tiere auch vor allem die vielen Altarme, in denen außer Teich - und Seerosen auch Laichkraut und Froschlöffelgewächse gedeihen. Die gesamte Umgebung ist sehr erfreulich, und es ist an vielen Stellen möglich, das Ufer für eine Pause zu betreten. Motorboote gibt es selten.

Oder-Spree-Kanal vor der Autobahn

Oder-Spree-Kanal vor der Autobahn: kurz davor zweigt rechts auch eine Zufahrt zu Dehmsee ab

Allmählich kommt Wind auf, und er kommt meist von vorne, je nachdem, wie der Kanal sich gerade biegt. Das strengt mich sehr an, aber ich komme sehr gut voran, mir bleibt auch nichts anderes übrig. Auf diese Weise bin ich bald in Berkenbrück, die ersten 8,5 Kilometer habe ich also schon gegen 10:15 Uhr hinter mir.

Spree-Altarm durch Berkenbrück

Spree-Altarm durch Berkenbrück: abseits des Oder-Spree-Kanals vor Fürstenwalde

Berkenbrück liegt an einem Seitenarm der Fürstenwalder Spree, wie der Oder-Spree-Kanal hier auch genannt wird. Es gibt einen Biwak - und Pausenplatz, taugt auch als Einsetzstelle. Es gibt dort ebenfalls ein Cafe.

Oder-Spree-Kanal unterhalb Berkenbrück

Oder-Spree-Kanal unterhalb Berkenbrück

Ich paddle weiter, und als ich aus dem Seitenarm wieder auf den Oder-Spree-Kanal komme, passiert gerade die Yacht mit den Hamburgern, mit denen ich in der Schleuse Beeskow Bekanntschaft machte. Sie winken mir lange zu, machen ein paar Fotos, ich auch. Knapp zwei Kilometer später ist mir nach einer Pause, ich lege an einem seichten Ufer nahe km 78 an.

Pausenplatz am Oder-Spree-Kanal

Pausenplatz am Oder-Spree-Kanal: in einem schönen Wald

Ich esse und trinke ein paar Kleinigkeiten, telefoniere mit Gundula. Der Wald, in dem ich mich hier befinde, besteht aus ziemlich großen Kiefern und auch Eichen, von denen eine ganz besonders ins Auge sticht: sie ist bestimmt weit über 500 Jahre alt und hat sehr ausladende Äste. Ansonsten fällt mir auf, dass es hier ein ungewohnt üppiges Unterholz gibt.

Hafen von Fürstenwalde

Hafen von Fürstenwalde

Nach einer Viertelstunde steige ich wieder in mein Holzkanu und paddle gegen den Wind gen Fürstenwalde, das dann auch bald auftaucht. Es gibt ein paar Brücken, eine ziemlich große moderne Hafenanlage rechts und eine verfallene links.

Lore in Fürstenberg

Lore in Fürstenberg: völlig ungeeignete Rollen, die sich im Profil verkanten

Kurze Zeit später bin ich auch schon vor der Schleuse. Es gibt keinen Schleusenbediener weit und breit zu sehen, und telefonieren will ich nicht, eher will ich die Lore testen, die hier parallel eine Übersetzmöglichkeit darstellen soll. Sie entpuppt sich als zwar nicht allzu schwere Konstruktion, aber anstatt Räder hat sie nur Rollen aus dem Baumarkt aufzuweisen, noch dazu an einem Ende Lenkrollen. Oh, hätte ich nur den Schleusenwärter herbei telefoniert! Das Benutzen dieser Lore erweist sich als nahezu unmöglich, da sich die Lenkrollen immer wieder in der U-Rollenbahn verkeilen. Da ich jedoch niemals aufgebe, habe ich es auch diesmal geschafft, allerdings hat es mich sehr angestrengt. So etwas sollte man nach Kräften vermeiden!

Ruderclub Fürstenwalde

Ruderclub Fürstenwalde: Wasserwanderrastplatz, Pension, Einsetzstelle

Beim Weiterpaddeln durch Fürstenwalde treffe ich auf eine Art Volksfest mit Dudelsackmusik und Grillwürstchen am Ufer. Ich paddle vorbei, eigentlich suche ich das Gelände des Ruderclubs, denn dort soll ein Biwak - und Rastplatz sein. Als ich dort langsam vorbei paddle, sehe ich niemanden, und damit lasse ich es bewenden. Übernachten ist ja sowieso noch lange nicht dran, und Pause habe ich gerade hinter mir. So bin ich schnell an Fürstenwalde vorbei, und noch  nicht einmal 50 Minuten später erreiche ich die Abzweigung "Große Tränke", wo die Müggelspree vom Oder-Spree-Kanal abzweigt.

Wehr Große Tränke

Wehr Große Tränke

Das Wehr soll eine berüchtigte Umsetzlore haben, die Rampe soll sehr kurz und steil sein, habe ich andernorts gelesen, und in meinem Tourenatlas steht es ähnlich vermerkt. Ich lege an und beschließe, mein Kanu schnell leer zu packen und es mit Hilfe meines Bootswagens umzusetzen.  Als ich aber aussteige, treffe ich zwei Paddler, von denen mich der eine sofort nett begrüßt, wir hätten uns doch kürzlich schon mal gesehen, als ich mein Holzkanu noch auf dem Autodach transportierte.

superschwere Lorensituation beim Wehr Große Tränke

superschwere Lorensituation beim Wehr Große Tränke: nicht nur unnötig schwer, sondern auch noch eine extrem kurze und dabei noch viel zu hohe Rampe - wozu?

So war es tatsächlich gewesen, und nun helfen mir die beiden, mein Kanu mit dieser unmenschlichen Lore umzusetzen. Es ist auch mit drei erwachsenen Männern noch schwer genug, man hat hier auch nur Geröll unter den Füßen. Es fehlt der feste Halt. Bald ist es jedoch geschafft,  und mein Holzkanu liegt am anderen Steg unterhalb des Wehrs.

Pause beim Wehr Große Tränke

Pause beim Wehr Große Tränke

Wir unterhalten uns noch eine Weile, dann paddeln die beiden weiter. Ich beschließe, eine ausgiebige Zwischenmahlzeit einzunehmen und mache mir einen Salat aus Gurke und Pflaumentomaten. Danach koche ich mir einen Kaffee, einige Touristen mit Fahrrädern und jemand mit einem Kajak nutzen diesen Platz ebenfalls. Es ist schönes Wetter, und ich freue mich, die Gegenwind-Strecke hinter mir und das Wehr ohne Blessuren überwunden zu haben. Überhaupt bin ich sehr entspannt und es geht mir ausgezeichnet.

Pausenende beim Wehr Große Tränke

Pausenende beim Wehr Große Tränke

Dann ist es aber auch für mich Zeit zum Weiterpaddeln. Also alles wieder ins Kanu gepackt und ab geht die Luzy. Die Uhr zeigt 16:01 Uhr, ich benötige schließlich noch eine Übernachtungsmöglichkeit für heute, und die soll beim "Kanusport-Spree" in Hangelsberg sein.

Wald - Ziege an der Müggelspree

Wald - Ziege an der Müggelspree

Bis zum Ortsanfang Hangelsberg sind es etwa 4,5 km, und ich bin versucht, meinen Paddeltag hier auf dem Biwakplatz zu beenden, als ich diesen nach einer guten Stunde erreiche. Dazwischen liegt ein überraschend natürlicher Spree-Abschnitt. Ich habe eine alleinstehende Ziege im Wald getroffen, und einer der beiden Paddler, die mir halfen, campt vor Hangelsberg am Ufer. Ich paddle dann aber doch vorbei, zu groß ist meine Neugier darauf, wie es wohl beim neuen Wasserwanderrastplatz von Kanusport-Erkner aussehen wird. So lasse ich also mein Kanu langsam durch Hangelsberg gleiten, ohne dass ich den neuen Platz zu Gesicht bekäme. Dann endlich, kutz vor dem Ortsausgang, komme ich an einer seichten Uferstelle an, es steht auf einem Schild der Hinweis zur Kanusport Spree Location.

Müggelspree durch Hangelsberg

Müggelspree durch Hangelsberg

Ich lege behende an und obwohl ein Schild mir mitteilt, daß das Betreten nur nach vorheriger Anmeldung erwünscht sei, schaue ich mich auf dem Gelände um. Eine kaum gehfähige alte Dame teilt mir mit, dass sie niemanden hier zelten lassen darf und man sich bei der Firma anzumelden habe. Die Telefonnummern geben diesbezüglich nichts her, es läuft nur ein Tonband. Dann wird es also nichts damit, hier zu übernachten, und ich sitze bald wieder in meinem Kanu.

Schlafplatz an der Müggelspree

Schlafplatz an der Müggelspree

Hätte ich nur auf meine innere Stimme gehört und den Biwakplatz genommen, dann hätte ich jetzt einen Schlafplatz. Nun aber bin ich auf der Suche nach einem Uferplatz. Mein TA5 verzeichnet in Mönchwinkel zwei Rastmöglichkeiten, vielleicht ist das ja auch etwas zum Übernachten? Das will ich jetzt testen. Es ist ja erst kurz vor 19:00 Uhr, also noch etwas länger hell. Als ich jedoch nur eine knappe halbe Stunde unterhalb Hangelsberg bin, sehe ich am linken Ufer ein Zelt und ein Kajak, und beides gehört zu dem Kumpel, der mir am Wehr beim Umsetzen geholfen hat. Ich frage ihn, ob er Gesellschaft vertragen könnte, und er lädt mich ein. ich lege also an, und Horst kocht gerade Tee. Auch zum Tee werde ich eingeladen, und dann baue ich dort unter einer Eiche an einem Wanderweg mein Zelt auf. Das erste Mal auf dieser Reise habe ich mit Stechmücken zu tun, bis das Zelt steht, bin ich schon mehrfach gestochen. Dann mache ich mir etwas zu Essen warm und plaudere dabei mit Horst. Es gibt viel zu erzählen, Horst ist sehr viel in der Welt herum gekommen, auch mit dem Faltboot.

Der Abend wird für uns beide nicht besonders spät, nach einem kleinen Schlaftrunk sind wir beide bald in unseren Schlafsäcken verschwunden. Ich habe mich schon mal von Horst verabschiedet, da ich sehr früh weiter paddeln will. Beim Einschlafen höre ich noch ein wenig der Nachtigall zu, die hier noch eine Weile singt, bis sie auch selbst schlafen geht. Nur ein Schwirl (oder mehrere?) lassen ihren blass-metallischen Ton noch weiter durch die Nacht klingen.