Kanu & Natur

ein persönliches Blog von Jürgen Clausen

Von Bredereiche bis Burgwall.

Geschrieben am 16.09.2015 in Kanureisen (2015) —   Obere-Havel (Geändert am 05.07.2017)

Teil 5 von 6 in der Serie Obere Havel 2015

Als wir in Bredereiche morgens erwachen, regnet es wieder in Strömen. Ein Blick auf Wetteronline warnt uns für heute vor 80% Regenwahrscheinlichkeit. Wir geben das Paddeln für heute auf und bauen erst einmal unsere Zelte ab. Die Innenzelte zuerst, sie werden separat verstaut. Die Außenzelte verpacken wir in einem großen Wasserdichtsack, um sie bei nächster Möglichkeit zu trocknen.

die Havel vor Regow

die Havel vor Regow

Wir beschließen, uns am weiteren Verlauf der Havel von Land aus umzuschauen und noch weitere Aufgaben für FlussInfo zu erledigen. Vor allem wollen wir herausfinden, ob es nicht irgendwelche Anfahrtsmöglichkeiten an die Havel im Verlauf der Schorfheide gibt, z.B. ob man an die Schleusen kommt. Unser Fahrrad stellen wir in Burgwall ab.

am Biwakplatz Regow

am Biwakplatz Regow

Am frühen Nachmittag bauen wir unsere Zelte in Mildenberg beim Wasserwanderrastplatz der Kanustation Wallapoint auf, da kann schon mal alles schön trocknen. Nachdem wir uns noch ein wenig an der Havel umgeschaut haben, kochen wir in unserem neuen Basislager ein schönes Essen und lassen danach den Tag ausklingen.

Kiefern in der Schorfheide

Kiefern in der Schorfheide

Am kommenden Morgen ist bestes Wetter, und wir fahren mit unserem Holzkanu auf dem Autodach nach Bredereiche. Wir beschließen, unterhalb der Schleuse einzusetzen, um Zeit zu sparen. Immerhin ist unsere heutige Strecke etwa 23 Kilometer lang. Zwischen Bredereiche und dem Ende der Schorfheide existiert keine Möglichkeit, mit einem Fahrzeug bis an die Havel zu gelangen, außer in Regow, aber das liegt ja nur kurz unterhalb von Bredereiche. 

in der Schleuse Zaaren

in der Schleuse Zaaren

Ringelnatter auf der Havel

Ringelnatter auf der Havel: Foto: Alexander Clausen

Frohgemut paddeln wir bald der Schorfheide entgegen. Am "Ortsausgang" treffen wir auf einige Arbeitsschiffe: die Holzpfähle der Uferbefestigung werden erneuert. Einige Kilometer später schleusen wir durch die Selbstbedienungsschleuse Regow, was erstaunlicherweise recht schnell vonstattengeht. Unterhalb der Schleuse legen wir für eine kleine Pause am Biwakplatz an. 

Ziege am Ufer der Havel

Ziege am Ufer der Havel: Sie gehört zum Ziegenhof "Capriolenhof" in Regow

Am linken Havelufer sahen wir bereits vor der Schleuse und sehen wir noch immer kleine Wiesen am Ufer: da meist Wald vorherrscht, ist das schon sehr beachtlich. Diese Wiesen werden von den Betreibern der Ziegenkäserei Capriolenhof (vormals Ziegenhof Regow) bewirtschaftet. Ab und zu treffen wir auch einzelne Ziegen am Ufer an. Sie schauen uns neugierig hinterher. 

die Havel vor Tornow

die Havel vor Tornow

Bewaldete höhere Hänge bilden hier meist die Ufer, ideal für Eisvögel, wie wir meinen. Tatsächlich treffen wir sie immer wieder, sehen sie manchmal sogar fischen. Ansonsten können wir Reiher, Rotmilane und Bussarde beobachten. Die Rufe, die wir anfangs für Bussard-Rufe hielten, waren allerdings meist vom Eichelhäher imitiert. Ein Stückchen weiter sehen wir plötzlich rechts neben uns eine Ringelnatter schwimmen. Sie will offensichtlich ans Ufer, aber die Pfahlreihe ist zu hoch, um sie erklettern zu können. So entschließt sie sich, das gegenüber liegende Ufer auszunutzen und überquert die Havel.

die Havel in Burgwall

die Havel in Burgwall

Nach etlichen Stunden durch diese herrliche Wildnis, in denen wir kaum andere Boote treffen (wenn, dann nur mit Motor), kommen wir an die Schleuse Zaaren. Wir fordern die Schleusung an (ziehen eines Hebels) und während wir am rechten Ufer an den Holzverbauen auf die Schleusung warten, bekommen wir Besuch von einer kleinen Kröte. Diese setzt sich auf eine Holzlatte, lässt uns fast nur ihren Kopf sehen. Nach dem obligatorischen Foto kriecht sie von dannen, und bald können wir uns ganz allein durch die große Schleuse hinunter schleusen. Auch diese Schleusung benötigt nur wenig Zeit.

Unterhalb der Schleuse warten zwei Motorboote, und die Besatzung des einen Bootes hat Probleme mit dem Bedienen der Technik. Ob sie noch rechtzeitig ablegen konnten, um die Schleusung doch noch wahrzunehmen, haben wir nicht mehr mitbekommen. 

Ein paar Kilometer unterhalb der Schleuse suchen wir uns ein niedriges Ufer, wo wir für eine Essenspause anlegen können. In dieser Gegend sollte man das Ufer nicht verlassen, da im Wald links von uns ein großer russischer Truppenübungsplatz war und es noch viele Blindgänger geben soll. Wir nehmen das rechte Ufer, erstaunlicherweise führt sogar eine Art "Weg" daran entlang. 

Wir essen Brötchen mit verschiedenen Leckereien, während einige Motorboote und ein Segelboot die Havel abwärts schippern. Als auch wir uns wieder die Havel abwärts bewegen, frischt der Wind mächtig auf. Zum Glück sind es immer nur kurze Strecken, wo wir ihn von vorn haben. Ansonsten ist immer noch bestes Wetter. Es dauert nicht lange, und wir sind vor der Schleuse Schorfheide. 

Wieder sind wir allein in der Schleuse, und wieder geht es schnell, so dass wir auch diese Schleuse bald hinter uns lassen. Kurz dahinter zweigt links die Verbindung zu den Templiner Seen ab, der "Templiner Wasser" genannte Kanal. Er ist ebenso breit wie die Havel, teilweise sogar breiter. 

Wir erfreuen uns noch an den Ausläufern der schönen Schorfheide: große Kiefern stehen auf den hohen Uferhängen, bieten ein schönes Bild und erfrischenden Duft, der meist mit den Aromen der Waldpilze und manchen Uferkräutern gemischt ist. Aber die Landschaft geht nun allmählich von einer Hügellandschaft in eine Sumpfwildnis über: es mehren sich die hohen Erlen anstatt der Kiefern, Reet wächst an den Ufern und viele der typischen Sumpfstauden und Schilfpflanzen wie Rohrkolben, Kalmus und der Aufrechte Igelkolben. 

Immer wieder sehen wir Eisvögel, und auch Schwarzspechte sind oft zu hören, manchmal auch zu sehen. Von Zeit zu Zeit vernehmen wir neben uns im Schilf wieder die typischen Wildschwein-Geräusche, und sogar das Platschen einer Biberkelle auf dem Wasser ist an zwei Stellen zu hören. Zu sehen bekommen wir die Biester jedoch nicht. 

Der Wind frischt immer mehr auf, und da die Havel nun durch Flachland fließt, haben wir mehr damit zu tun. Zudem wird der Himmel grauer und es ist deutlich kühler: da wir keine Lust auf Nässe verspüren, paddeln wir die nun folgenden 6 Kilometer bis Burgwall in flottem Tempo. Als wir es geschafft haben, in Burgwall beim WWR des Gasthauses Alte Fähre anzulegen, nieselt es bereits ein wenig. Ein älterer Mann ist gerade damit beschäftigt, zwei Faltboote zu zerlegen und einzupacken. Wir kommen noch ein wenig ins Gespräch, er kommt aus Wuppertal. 

Kurze Zeit später sitze ich bereits auf meinem Fahrrad und genieße es, die anderen Körperteile und Muskeln zu beanspruchen. Durch gelegentlichen Nieselregen und mit viel Wind radle ich über Marienthal, Tornow und Blumenow nach Bredereiche und hole unser Auto. Es beginnt derweil bereits zu dämmern. Aber immerhin haben wir die 23 Kilometer fast trocken geschafft, und beim Einpacken wird es auch wieder ganz trocken. 

Wir freuen uns, nur das kurze Stück bis Mildenberg fahren zu müssen und ganz besonders freuen wir uns darüber, dass unsere Zelte bereits stehen und dass wir auf unserem Wasserwanderrastplatz bei der Kanustation Wallapoint ein großes Küchenzelt zur Verfügung haben. Auch eine sehr gute mobile Internetanbindung ist an jenem Ort vorhanden. Da können wir noch einiges an Büroarbeit erledigen, Mails beantworten, Daten eintragen, Fotos hochladen etc.

Da wir ziemlich geschafft sind, wird es am heutigen Abend nicht spät. Wir haben eine sehr ruhige Nacht, da wir immer noch ganz allein auf dem Platz sind und es keine viel befahrenen Straßen in der Nähe gibt.