Kanu & Natur

ein persönliches Blog von Jürgen Clausen

Am Samstag in den Oderbruch-Gewässern

Geschrieben am 16.05.2018 in Kanureisen (2018) —   Alte-Oder, Oder, Oderbruch (Geändert am 17.06.2018)

Teil 4 von 5 in der Serie Oder und Oderbruchgewässer am langen Himmelfahrtswochenende

Wir erwachen mit der Sonne, und da ich ohnehin nach dem Klogang richtig wach bin, wandere ich ein wenig umher und lasse den schönen Morgen auf mich wirken. Ich treffe einen Fuchs und zwei Rehe, und eine Weile sehe ich einigen Kiebitzen zu, wie sie ihre gaukligen Flugfiguren vollführen. Kraniche rufen aus den umliegenden Wiesen, und es fliegen die ersten Graugänse von ihren Schlaf- zu ihren Futterplätzen.

Nach einer guten Stunde bin ich wieder beim Biwakplatz, und ich beschäftige mich mit Tee kochen und Vorbereitungen zum Frühstücken. Allmählich erscheinen auch Gundula und Alexander, und nachdem sie ihre Morgenroutine beendet haben, räumen sie bereits die Zelte und packen alles ein. 

Der Platz ist nicht gemäht, aber da es nicht getaut hat, kommen wir auch im relativ hohen Gras ganz gut klar. Viele kleine Gehäuseschnecken haben sich an alles gesetzt, was sie interesant fanden. Einige sind noch so klein, dass man sie mit den Fingern nicht anfassen kann, ohne sie zu zerdrücken.  

Alte Oder bei Neutornow

Alte Oder bei Neutornow

Um kurz nach 9:00 Uhr starten wir wieder durch. Unser heutiges Ziel ist Wriezen. Dort werden wir auf einem Wasserwanderrastplatz bei einem Kanuvermieter übernachten, und ich werde zum Bahnhof wandern, um unser Auto aus Küstrin-Kietz abzuholen.

Wir lassen uns richtig viel Zeit und genießen die langsame Fahrt auf der Alten Oder sehr. Eine Familie in einem Canadier überholt uns. Der Vater paddelt seine nicht besonders schlanke Frau und zwei Kinder ganz allein.  Er tut mir leid. Als wir beim nächsten Biwakplatz ankommen, versuchen sie scheinbar zu klären, wie es weiter gehen soll.

Wir paddeln durch das geöffnete Tor beim Pumpenhaus in Neutornow, und wir freuen uns, dass wir nicht umtragen müssen. Das wäre nämlich ein Weg von mehreren hundert Metern gewesen. 

Schwarzmilan an der Alten Oder

Schwarzmilan an der Alten Oder

Auf der Wriezener Alten Oder haben wir Gegenwind und Strömung von vorn. An einer Krautentnahmestelle legen wir eine ausgedehnte Pause ein. Zu dem Zeitpunkt haben wir noch etwa 11,5 km vor uns. Auch hier singen die verschiedenen Rohrsänger, Nachtigallen und Singdrosseln. Ein Motor getriebenes Floß kommt uns mit abgefeierten Leuten entgegen. Es ist schon sehr dreist, was manche Zeitgenossen sich so heraus nehmen. 

In der Krone eines hohen Ahornbaums sehe ich etwas sich bewegen, was ich nicht spontan einordnen kann. Als ich näher heran paddle, erkenne ich einen Schaschbären, der recht hoch im Baum herum turnt. So hoch oben habe ich noch nie einen gesehen! 

Zwei Kajaks mit jungen Frauen paddeln uns entgegen. Wir halten netten Smalltalk, paddeln weiter. Wir beobachten eine Rohrammer, die ein Großinsekt jagt. Dieses kann letztlich entkommen, indem es sich auf die Wasseroberfläche fallen lässt. Es ist eine mittelgroße braune Libelle, und ich hole sie mit meinem Paddel auf mein Kanu. Zum Trocknen setze ich sie auf meine Kiste in die Sonne. Nachdem sie sich ein wenig erholt hat, putzt sie erst einmal ihren Kopf und kriecht dann langsam aus der kleinen Pfütze, die das Tropfwasser gebildet hat. Es dauert noch recht lange, bis sie so munter ist, dass sie wieder fliegen kann. 

Wir nehmen den Biwakplatz Zuckerfabrik in Augenschein: anlegen ist beinahe unmöglich, und der Platz ist zugewachsen. Für eine weitere Pause fassen wir Neugaul ins Auge. Als wir dort ankommen, ist auch jener Platz vollkommen verhunzt und der kleine "Hafen" fast zugewachsen. Zum Glück gibt es aber am gegenüber liegenden Ufer als Alternative die dörfliche Badestelle, die an einem großen freien Platz liegt, der offensichtlich als Feierplatz genutzt wird. Das Gras ist kurz. Die Sonne brennt heiss vom Himmel, so dass wir den Anglerschirm als Sonnenschutz aktivieren. Auf unserem Gaskocher erhitzen wir uns ein paar Würstchen aus dem Glas.

Während wir essen und Tee trinken, schauen wir Spatzen, Schwalben und Rohrsängern zu, die hier sehr mit Nahrungsbeschaffung befasst sind. 

 

Badestelle am Biwakplatz Neugaul

Badestelle am Biwakplatz Neugaul

Zu unserer Überraschung kommt ein Kanu vorbei: es ist der Canadier, den wir morgens bereits mit Familie getroffen haben. Der Mann hat einen knallroten Kopf und paddelt gegen Wind und Strömung. Seine Familie ist anscheinend ausgestiegen und hat eine andere Freizeitbeschäftigung gefunden, als sich durch die Gegend paddeln zu lassen.

Bald sitzen auch wir wieder in unseren Kanus. Bis Wriezen paddeln wir noch etwa 1,5 Stunden und kommen dort kurz vor fünf Uhr an. Nachdem wir eingecheckt haben, schaffen wir schon mal das erste Kanu mit Gepäck zur Zeltwiese. Danach überlasse ich Alexander und Gundula den Rest und wandere zum Bahnhof. Die Bahn soll um 18:03 Uhr fahren. 

Während ich das Auto aus Küstrin-Kietz, also von unserem Startpunkt, abhole, kaufen Gundula und Alexander ein, bauen die Zelte auf und kochen etwas Leckeres.  Etwa um 20:45 Uhr bin ich wieder mit dem Auto da, und wir essen zusammen. Dabei beobachten wir einen Gartenrotschwanz, der auf den verschiedenen Mauern um uns herum nach Beute jagt. Am Himmel fliegen Mauersegler.

 Aus verschiedenen benachbarten Grundstücken erschallt laute Musik. Eine der Musik-Quellen entpuppt sich als Live-Auftritt einer Rockband. Die Mucke ist aber nicht schlecht, wenn auch extrem laut, und wir können später teilweise sogar dabei schlafen. Gegen ein Uhr ist der Spuk vorbei. 

Wriezener Alte Oder nahe Wriezen

Wriezener Alte Oder nahe Wriezen

Oder und Oderbruchgewässer am langen Himmelfahrtswochenende

  1. Anreise an die Oder bei Küstrin-Kietz am 9. Mai
  2. Himmelfahrtstag auf der Oder
  3. Am Samstag in den Oderbruch-Gewässern