Kanu & Natur

ein persönliches Blog von Jürgen Clausen

mit dem Kanu auf der Havel von Plaue bis Lutze

Geschrieben am 08.07.2009 in Kanureisen (2009) —   Untere-Havel (Geändert am 05.07.2017)

Teil 8 von 13 in der Serie Solo-Kanutour auf der Unteren Havel 2009

Ich genieße die schönen Duschen, danach gibt es Frühstück wie gewohnt. Alles mache ich in Ruhe, das Wetter ist OK, viel Sonne und noch wenig Wind. Dann wandere ich zur Rezeption, will etwas einkaufen, es gibt jedoch nicht viel. Also mache ich mich zu Fuß auf den Weg nach Plaue, werde auf der Hintour von einem freundlichen älteren Paar mitgenommen. Da ich nicht genau einschätzen kann, wann ich wieder zum Einkaufen komme, werden es zwei Tüten, ich nehme doppelte, also vier, damit die Griffe etc. heilbleiben.  Die Rücktour gehe ich zu Fuß, versuche eine Abkürzung zu finden: über die Alte Brücke, dann über den Margarethenhof  müßte der Weg eigentlich gehen. Einheimische meinen jedoch, daß man seit einiger Zeit dort nicht mehr durchkommen würde, und so nehme ich eben die Plauer Landstraße. Auch diese ist ja endlich.  Es wären nur 2 km gewesen, jetzt sind es glatt 4 km. Ich muss noch erwähnen, dass der Wind erheblich zugenommen hat: als ich über die Alte Brücke gehe, entdecke ich unten eine Paddlergruppe in Faltern, die sich gegen den Wind in Richtung Norden quälen. Mir schwant, was heute auf mich zukommen wird...

Am Campingplatz packe ich alles ein, meine Uhr zeigt schon 11.06 Uhr, als alles im Kanu verstaut ist. Diesmal habe ich alles konsequent auf die vordere Kanuhälfte verteilt, um mit der Lage meines eigenen Körpers den Schwerpunkt so legen zu können, wie es die Windsituation erfordert, wahrscheinlich meist etwas vor der Mitte. Ich werde knien, hinten kann ich mich mit meinem Steiß dann entweder am Querholm anlehnen oder nicht, das entscheidet über "vorderlastig" oder "neutral", d.h. es entscheidet darüber, ob der Wind meinen Bug herumdrücken kann oder ob das Kanu sich sinnvollerweise in den Wind dreht. Bei Wind direkt von vorne also mehr Last nach vorne. (Damit ich mein Kanu auf verschiedenste Weise trimmen kann, habe ich die Sitze nicht fest eingebaut.)

Alte Havelbrücke in Plaue

Alte Havelbrücke in Plaue

Als ich ablege, bin ich bald in einem sehr kräftigen Wind. Ein wenig nutze ich noch den Schutz des Ufers, aber als rechts die Marina auftaucht,  muss ich weiter links paddeln und bin damit ziemlich im Wind. Bis zur Brücke nimmt er noch zu, wie immer unter Brücken, die als Trichter wirken können. Ich benötige von der Stelle, wo links der Fischerhof liegt bis ich an der Brücke vorbei bin etwa 20 min. Das weiß ich von den exif-Daten meiner Fotos, es fühlte sich aber nicht so lange an. Ich habe auch nicht mit voller Kraft gepaddelt, da ich mich  am Anfang meines Paddeltages noch nicht so stark verausgaben wollte.

Die Wellen sind schon wieder ziemlich stattlich, teilweise durch den Wind, aber auch durch die Motorboote. Frachter gibt es hier kaum noch, da sie meist nach Magdeburg oder Genthin zum Elbe-Havel-Kanal abbiegen. Der Verkehr reicht aber auch so schon.

Havel bei Plaue

Havel bei Plaue

Der Wind nimmt zu, je näher ich der kommenden Enge bei km 69 komme: als ich diese Stelle endlich erreicht habe, paddle ich und paddle, ohne auch nur im Geringsten von der Stelle zu kommen. Rechts sehe ich immer den gleichen Bauernhof, und links immer das Schild mit der km 69. Als ich später die Zeit aus den Fotos auslese, stelle ich folgendes fest: eine knappe Dreiviertelstunde für das Stück von der Marina bis etwa km 69,5, dann für das Stück bis km 69 noch normale 15 min, aber dann: ich bin von 12:21 bis 12:47 auf einer Stelle gepaddelt! Ich hoffte noch auf nachlassenden Wind, das passiert aber nicht. Also lasse ich mich ein wenig zurücktreiben bis an die Stelle, an der eine Gartenbank am Ufer steht. Anlanden ist hier jedoch nicht möglich, da es überall diese für die Untere Havel typischen groben Granitbrocken gibt. Dafür nutze ich einen abgeschlossenen Steg, das ist mühsam genug und gelingt mir nur zerstörungsfrei, weil ich meine beiden Sitzkissen als Fender nutze, indem ich sie mit meinen starken Klammern an der Bordwand anklammere.

Anlegen fast unmöglich

Anlegen fast unmöglich

Als ich ausgestiegen bin und die Lage erfasse, rufe ich erstmal Gundula an und frage nach den Windvorhersagen: macht es überhaupt Sinn, zu versuchen, die schmale Seenkette wenigstens bis Kaltenhausen hochpaddeln zu wollen oder soll ich gleich den Bootswagen nehmen? Mir kommt in den Sinn, mich von jemandem mit seinem Motorboot schleppen zu lassen. Während ich noch mit Gundula telefoniere, landet neben der Werft an einem kleinen Privatsteg jemand mit einem kleinen Boot an. Ich unterbreche kurz unser Gespräch und nehme Kontakt auf mit dem Piloten des Bootes. Er ist für den Spaß bereit, schleppt mich kurz bis km 70,4 ca, wo ich wieder unter etwas geschütztem Ufer weiterpaddeln kann. Ein kurzes Telefonat bringt auch Gundula wieder auf den neuesten Stand.

Kanushuttle auf der Havel

Kanushuttle auf der Havel

Nach einer kurzen Pause paddle ich erstmal ruhig und ohne viel Windlast am kleinen Ort Briest vorbei. Rechts liegt auch noch hinter km 74 Kranepuhl, gegenüber dann eine Art Zeltplatz auf einer Halbinsel namens "Lutze". Hier will ich meine Mittagspause machen, suche also links eine Anlegemöglichkeit. Es gibt kein Ufer ohne Steine, das man anpaddeln könnte, nur eine alte Spundwand-ähnliche Uferbefestigung, an der verschiedene Motorboote befestigt sind und wo es eine kleine Lücke gibt. Hier sind zwar Holzbohlen vorhanden, diese werden jedoch mittels Rohren gehalten. Ich drücke mein Kanu gegen die starken Wellen, die es immer wieder gegen die Wand schlagen wollen. Dann klemme ich erst eine, dann das zweite Sitzpolster gegen meine Bordwand. Das reicht immer noch nicht, da greife ich zu einer etwas brachialen Lösung: mein kleinster Wassedichtsack muss ganz vorne als Fender herhalten, erst dann kann ich aussteigen.

Havel bei Briest

Havel bei Briest

Ein Blick auf meine Uhr zeigt mir 15:20 Uhr, da meine ich in mir zu fühlen, dass es jetzt keine Mittagspause wird, sondern das Ende meiner Tagesetappe. Ich bin über 4 Stunden unterwegs und habe gerade mal 9 km geschafft. Mir reicht es, und so suche ich eine Art "Hafenmeister". Ein älterer Herr rödelt vor seinem Wohnwagen und ich frage ihn nach dem Chef. Er meint, so etwas gäbe es hier nicht, ich trage ihm mein Anliegen vor und er bringt mich zu einer älteren Dame mit einem Vereins-Kassenbuch, wo ich eingetragen werde, nachdem ich einen kleinen Betrag bezahlt habe. Eine Duschmarke erstehe ich auch. Der Mann, der mich empfangen hat, hilft mir, mit einer Karre meine Sachen zur Zeltwiese zu transportieren. Dann baue ich mein Zelt auf, um mich herum flöten ein paar Pirole und ich höre einen Grünspecht. Es ist richtig nett auf dieser Halbinsel. Ich erfahre, dass es hier so etwas wie ein privater Verein ist, der sich von einem Premnitzer Wassersportverein abgespalten hat, nachdem dort Probleme mit dem Grundstückseigner des Kanuvereingrundstücks entstanden sind. Ein während der DDR-Diktatur  Enteigneter will sein Grundstück wiederhaben, das kann man verstehen. Da hat der Motorsportzweig des Vereins das Außengrundstück gekauft, das bis dato als Campinggrund des Vereins diente.

Ich verbringe einen netten Abend, es gibt viel Gesprächsstoff über Wassersport und die Eigenarten verschiedener Orte an der Ostsee. Dann ist mein Tag zu Ende.