Kanu & Natur

ein persönliches Blog von Jürgen Clausen

Süllrand

Geschrieben am 05.06.2008 in Holzkanubau —   Holzcanadier, Holzkanu, Leistenkanu (Geändert am 05.07.2017)

Teil 8 von 14 in der Serie Bau unseres 5,70m langen 4er Holzkanus

Als Vorbereitung hatte ich noch die Aufgabe, die Gurte zu entfernen, dabei die Rumpfform jedoch zu erhalten, obwohl sehr viel Spannung vorhanden war. Das löste ich, indem ich an 2 Stellen etwa jeweils 1 m außerhalb der Rumpflängenmitte 2 Bretter über die Innenweger klemmte, so daß dieser nicht weiter nach außen konnte. Ein Brett wurde von oben, eines von unten am Innenweger angeordnet und das Ganze mit Zwingen zusammengeklemmt. So war die Breite definiert und stabil gehalten, bis die Querhölzer eingebaut werden würden. Dann erst konnten die Spanngurte entfernt werden und die Kanten waren frei, die Süllränder aufzunehmen.

Nachdem alles soweit klar war, wollte ich nun den Süllrand bauen. Auch hier stellte sich mir das Problem, enorme Krümmungen zu realisieren. Zudem war es auch noch Lärche, das ich verwenden wollte, weil ich eine etwas dunklere Farbe einbringen wollte, um ein wenig Kontrast zu erzeugen. Ein wenig härter als Kiefer ist Lärche nebenbei auch noch.

Da ich nicht so viel Länge (etwa 6,20 m) zur Verfügung hatte, mußte ich die Leisten durch  Schäften verlängern. Und da meine vorhandene Lärche ein paar Äste hatte, erhielt ich beim Zuschneiden nur noch Leisten im Format 12 x 12mm, gehobelt 11 mm. Zuerst wollte ich nach dem Schäften immer 2 Leisten zu einer breiten zusammenleimen, um dann aus 3 Stück den Süllrand zu erhalten.

Schäften der Leisten für den Süllrand

Schäften der Leisten für den Süllrand

Dann entschied ich mich, einfach jeweils 2 Stück einzeln an die richtige Stelle zu kleben, und so war es relativ leicht, die erforderliche Bordwandkrümmung zu erhalten. Ich benötigte unglaublich viele Schraubzwingen, ich glaube, es waren 32 Stück pro Seite. Nur bei dem "Deckel" machte ich aus 2 Leisten eine, die breit genug als Deckleiste war. Ich klebte auf diese Weise immer  2 dieser quadratischen Leisten gleichzeitig, erst innen, dann außen.

Montage von Süllrandteilen

Montage von Süllrandteilen

Nachdem alles schön ausgehärtet war,  wurde die gesamte Oberkante des halbfertigen Süllrands schön bündig geschliffen. Inzwischen hatte ich auch die Abdeckleisten miteinander passend zur Kanuform verklebt, so daß ich lange, gebogene Leisten erhielt.  Diese legte ich jetzt auf die Kanten, fügte die Enden passend aneinander und klebte sie auf die vorbereitete Süllrandkante.  Als der Kleber hart war, rundete ich alle Kanten etwas ab und schliff alles von Hand über.

Gundula montiert Süllrandteile

Gundula montiert Süllrandteile

Die Süllränder waren jetzt fertig, und bis jetzt war noch keine einzige Schraube im Kanu verarbeitet. An den Spitzen läuft der Süllrand schön herum, ich mag es nicht, wenn dort irgend eine Lücke entsteht, wie es bei vielen Kanus mit Holzsüllrand der Falls ist: an Lücken kann immer mal etwas festhaken, fließende Übergänge sind immer von Vorteil, weshalb meine Konstruktion auch keinen Kiel bekommen hat. Da der Süllrand vorne schon einige Knüffe bekommen hat, kann ich sagen: die Konstruktion hat sich bewährt, alles ist wie aus einem Guss.

geputzter Steven

geputzter Steven

Das mit dem weggelassenen Kiel sehe ich aus Erfahrung so: damit würde man gelegentlich an Hindernissen hängenbleiben, z.B. Pfählen oder Steinen, und auch das An - und Ablegen an Stränden wäre schwerer. Daran, ein Wehr zu überfahren darf man gar nicht denken, wenn man einen Kiel hat. Richtungsstabilität hängt nicht davon ab, ob man einen Kiel hat oder nicht, da müßte schon im Heck eine Finne angebracht sein. Außerdem will man ja auch mal fix um eine enge Kurve paddeln. Nein, geradeaus fährt das Kanu dann, wenn man es mit den richtigen Paddelschlägen geradeaus paddelt.

Deckleisten des Süllrands werden aufgeklebt

Deckleisten des Süllrands werden aufgeklebt: natürlich mit angedicktem Epoxidharz

Ich möchte mich an dieser Stelle nochmal erklären, weshalb ich fast keine Schrauben einsetzte: man stelle sich vor, was für eine Zugkraftübertragungsfläche eine kleine Schraube hat, sagen wir mal 3,5x30 mm. Wenn man dünnes Holz an dünnem Holz festschraubt, können keine großen Kräfte übertragen werden, das kann man sich gut vorstellen. Die Flächen, mit denen Kräfte übertragen werden könnten, sind einfach zu klein, die Spaltkräfte nicht zu vermeiden.

Süllrandspitze

Süllrandspitze: mit einer magischen Säge wird hier die Spitze des Süllrands zugeschnitten: diese spezielle Japansäge schneidet auch in sehr spitzem Winkel präzise

Wenn man jedoch hinreichend angedicktes Epoxidharz verarbeitet, erhält man große Übertragungsflächen. Das geklebte Holz neigt hier auch nicht zum Spalten. Auftretende Kräfte werden besser verteilt und "gerundet" abgefangen. Eine Spaltwirkung kann nicht auftreten. Ein Holzteil, welches mit Epoxidharz fachgerecht verklebt ist, ist wie aus einem Stück oder noch stabiler, weil es weniger zum Aufplatzen neigt.

Heck des Kanus

Heck des Kanus: schmaler Sitz, kann auch herausgenommen werden

Mit meiner Methode habe ich einen Süllrand erhalten, der aus wenig Material besteht (ca.27x27mm), fest und stabil ist und so glatt, daß nichts hängen bleibt, auch nicht die Hand des Paddlers. Es gibt Fabriksüllränder, die zwar teuer sind, aber außen viele Löcher aufweisen. Das sind die Stellen, an denen man gelegentlich mit der Hand anschrappt und die schwer zu pflegen sind. Ich bin hier mehr für das Glatte. Für die Pflege wird es einmal kurz übergeschliffen und dann wieder mit G8 überlackiert.Ich schiebe das Kanu oft über den Dachgepäcksträger-Holm in luftiger Höhe auf den Transporter, da brauche ich unbedingt einen ganz glatten Süllrand.