Kanu & Natur

ein persönliches Blog von Jürgen Clausen

Von Gorgast bis Zechin

Geschrieben am 25.07.2009 in Kanureisen (2009) —   Alte-Oder, Oderbruch (Geändert am 27.10.2017)

Teil 3 von 6 in der Serie Durch das Oderbruch von Herzershof bis Oderberg 2009

Gegen 10:00 Uhr setze ich am Samstag, den 21. Juli in Gorgast direkt unterhalb der Sohlgleite in die Alte Oder. Sie führt mich eine Weile als schmales Fließ durch enge Gehölze, wird allmählich breiter und führt mich unter einer Straßenbrücke hindurch. 

Auf der anderen Seite der Straßenbrücke eröffnet sich mir eine andere Welt: das, was hier "Alte Oder" genannt wird heißt auch "Förstersee". Ich kann mir ganz gut vorstellen, dass diese Wasserlandschaft den Mythos begründet, der mit dem Oderbruch verbunden wird. 

Zunächst finde ich mich in einer Art Dorfteich wieder. Der folgende Förstersee ist dann ein etwa zwanzig Meter breiter Flusslauf, der stark von Wasserpflanzen besiedelt und dessen Ufer mit Sumpfstauden aller Art bewachsen sind. Strömung gibt es kaum. Ich erfreue mich an dieser Wildnis im Dorf und paddle fröhlich weiter, ab und zu einen toten Baum umschiffend.

 

Alte-Oder-Wildnis bei Gorgast

Alte-Oder-Wildnis bei Gorgast

Die kommenden fünf Kilometer bin ich also auf dieser breiten Alten Oder unterwegs. Hohe Bäume stehen dicht am Ufer und lassen mich glauben, dass ich mich hier in wilder Natur befinde. Auf Luftbildern sehe ich später jedoch, dass diese Gehölze nur einen Ufersaum bilden und dahinter riesige Äcker liegen. Aber immerhin sind auch hier einige Eisvögel unterwegs, und es scheint hier auch Biber zu geben: hin und wieder sind Bissspuren zu sehen sowie ihre Burgen.

Ich erreiche eine Stelle, wo die Alte Oder wieder recht schmal wird. Genau hier scheint ein Dorf in der Nähe zu sein, denn eine Fahrspur führt hier zu einigen kleinen Gebäuden, die wie verlassene Kioske aussehen. Es stehen auch ein Festzelt sowie einige Tische und Bänke herum, teilweise zusammen geklappt. Eine Badestelle gibt es auch. Ich denke, das hier ist eine Art Dorfplatz, ein Treffpunkt zum Baden und Feiern.

 

Dorfanger bei Golzow

Dorfanger bei Golzow

Ich paddle also jetzt Golzow entgegen, wie mir mein Tourenatlas TA5 sagt. An einem kleinen Steg an einer Kleingartenanlage lege ich für eine kleine Pause an, bevor ich meinen Weg in Richtung Norden fortsetze. Die Alte Oder führt hier hinter Golzow entlang und verzweigt sich bald: ein Blick in meinen Tourenatlas klärt mich darüber auf, dass hier nach links der Schleusengraben nach Werbig-Neulangsow verläuft. Er bildet dort zusammen mit einigen anderen Fließen die Gusower Alte Oder.

Ich paddle auf eine kleine Brücke zu und an einem Gutshof vorbei. In kurzer Entfernung sehe ich etwas Blaues durch die Büsche leuchten: dort wird womöglich schon das Wehr sein, das ich auf der Karte sah. Als ich es fast erreicht habe, freue ich mich darüber, dass ich nicht umtragen muss, da der Wasserstand gut ist und die Wehrklappe weit genug unten, so dass ich gut drüber paddeln kann.

Richtgraben bei Golzow

Richtgraben bei Golzow

Richtgraben bei Friedrichsaue

Richtgraben bei Friedrichsaue

Die nächsten zweieinhalb Kilometer erfreue ich mich an dem schmalen, flachen Gewässer namens "Richtgraben" , auf dem ich jetzt unterwegs bin. Er ist kaum sechs Meter breit, und an beiden Ufern wächst dichtes Erlengehölz. Knorrige Erlen halten sich mit ausladendem Wurzelwerk am Ufer fest, und ich höre etliche Vögel von ihren Zweigen singen, darunter auch Kohlmeisen und ein Rotkehlchen. Der Richtgraben weist deutliche Strömung auf. Nach einer guten halben Stunde zweigt rechts ein größeres Gewässer ab: es ist der Genschmarer See, ein weiterer Oder-Altarm als Relikt aus der Zeit vor der Trocklenlegung.

verschilfter Richtgraben vor Zechin

verschilfter Richtgraben vor Zechin

Ich paddle kurz hinein, beschließe jedoch, mir einen ausgiebigen Besuch für ein kommendes Mal aufzuheben. 

Kurz dahinter finde ich mich plötzlich im dichten Reet wieder: das letzte Stück des Richtgrabens ist hier fast vollständig verschilft, und mir bleibt nur eine schmale Fahrrinne in der Mitte. Das Reet um mich herum ist sicher mehr als zwei Meter hoch. Ich weiß allerdings, dass ich kurz vor Zechin bin, und damit bin ich fast am Ende meiner Tagesetappe angelangt. 

Ich höre einige Autos, und dann erscheint eine Straßenbrücke. Hinter dieser soll rechts mein Zeltplatz liegen, und da ich die örtlichen Gegebenheiten bereits morgens vom Auto aus erkundete, ist mir klar, dass ich bereits hier aussteigen und mit dem Bootswagen zum Haupteingang rollen muss.

 

 

 

Anlanden in Zechin

Anlanden in Zechin

Hier an der Brücke kann ich recht gut anlanden und mein Kanu zur Straße hoch befördern, nachdem ich es leer gepackt habe. Bald bin ich auf dem Campingplatz und suche mir eine hinreichend gemütliche Stelle auf diesem ansonsten recht leeren Platz. Es gibt noch einen Gast mit Wohnwagen.

Ich baue schnell mein Zelt auf und koche mir mein Essen. Nach Hause zu telefonieren geht nicht so einfach, da ich hier eher ein polnisches Netz bekomme als meins. Aber als ich mich hinter einen Container stelle, der mich von Osten aus abschirmt, komme ich durch. 

Ich freue mich über meinen gelungenen Paddeltag und erwarte mit Spannung den kommenden. Heute bin ich etwa 13 km gepaddelt und war dafür gut 5 Stunden auf dem Fluss.

Anmerkung 2017: man kann jetzt bis kurz vor das Wehr paddeln und hat rechts einen kleinen Zufahrskanal zum Campingplatz... ist zwar nicht optimal, aber besser als über die Straße.

Campingplatz Zechin

Campingplatz Zechin