Kanu & Natur

ein persönliches Blog von Jürgen Clausen

Von Zechin bis Wriezen

Geschrieben am 25.07.2009 in Kanureisen (2009) —   Alte-Oder, Oderbruch (Geändert am 27.10.2017)

Teil 4 von 6 in der Serie Durch das Oderbruch von Herzershof bis Oderberg 2009

in Zechin im Letschiner Hauptgraben

in Zechin im Letschiner Hauptgraben

Am kommenden Morgen bin ich früh auf den Beinen. Mein Zelt bleibt stehen, ich werde heute Abend hierher zurück kommen und eine weitere Nacht hier verbringen.

Eine nette ältere Dame, die mit Putzen der Sanitärhäuser beschäftigt ist, schließt mir ein Tor auf, so dass ich direkt am Hinterausgang ins Wasser komme. Da sich gerade hier auch das Wehr befindet, kann ich ins Unterwasser einsetzen.

Als ich im Kanu sitze, ist es kurz vor sieben Uhr. Wie ich es bereits auf Luftbildern sah, ist der Letschiner Hauptgraben hier ein völlig gerader kleiner Kanal. Er hat ein wenig Strömung, und die Ufer sind zum Teil mit Gehölzen bewachsen, wenn auch spärlich. 

Letschiner Hauptgraben bei Zechin

Letschiner Hauptgraben bei Zechin

Frohen Mutes paddle ich von dannen. Der Uferbewuchs nimmt zu, Gehölze und Reet wechseln sich ab. Nach einigen Kilometern erreiche ich eine niedrige gemauerte Gewölbe-Brücke. Ein Schild klärt mich darüber auf, dass ich hier in Basta bin. Ich sondiere die Lage, ob ich unter der Brücke hindurch passe und stelle fest, dass es passen wird, wenn ich mich ganz flach in mein Kanu lege.

Auf der anderen Brückenseite liegen zwei Krautboote (Mähboote), die Maschinisten machen gerade Frühstückspause. Ab hier ist der Letschiner Hauptgraben erst einmal gekrautet: das Reet ist von den Ufern rasiert, sämtliche Gehölze, die über das Ufer ragten, wurden abgesägt. (diese Maschinen verfügen über eine hydraulische Anbau-Kettensäge). Da diese Maschinen das Schnittgut und Totholz gleich aufs Ufer befördern, gibt es keine Krautsperren.  

 

Krautboote auf dem Letschiner Hauptgraben

Krautboote auf dem Letschiner Hauptgraben

Krautboot in Aktion

Krautboot in Aktion

Bald folgen ungekrautete Abschnitte, und dann treffe ich auf eine Maschine in Aktion: Sie hat gerade einen dicken Ast abgesägt und versucht nun, diesen ans Ufer zu heben. Das gelingt nur mit Mühe und nach mehreren Anläufen, während dessen ich geduldig und gespannt warte. Dann lässt man mich vorbei. 

Es folgen Abschnitte mit Reet am Ufer und solche mit Gehölzen, aber immer bleibt dieser kleine Kanal nur 6-8 Meter schmal. In Letschin passiere ich ein Eisenbahnmuseum, und nur einen Kilometer weiter muss ich mein Kanu um ein Wehr herum tragen. Es sind etwa 150 Meter zu überwinden, und der Weg führt an einer Straße entlang. Hinter mir führt die Bahn vorbei, und ich befinde mich direkt an der Haltestelle.

umgestürzte Weide

umgestürzte Weide

Baumhindernis

Baumhindernis

Die weitere Strecke ist zunächst so aufregend wie die bisherige: eher gar nicht. Ab und zu entdecke ich einen von Bibern angebissenen Baum, und ich komme an einem Biwakplatz sowie mehreren Straßenbrücken vorbei. Bei Altrebbin muss ich mehrmals aus dem Kanu, um es an gerade umgestürzten Pappeln und Weiden vorbei zu ziehen. Damit hatte ich nun nicht gerechnet! Da die Ufer niedrig sind, ist es schnell gemacht, und bei manchen Bäumen kann ich auch auf dem Stamm aussteigen und das Kanu darüber ziehen.

Hinter Herrnhof muss ich mein Kanu und mich unter einer sehr niedrigen Brücke hindurch quetschen, was gerade eben noch geht, weil ich mich so flach wie möglich ins Kanu lege. Dann erreiche ich das nächste Wehr: ich habe Bochows Loos erreicht. Hier fließt der Letschiner Hauptgraben in die Volzine. Aber eigentlich sieht es so aus, dass der Hauptgraben durchgeht und die Volzine hinzu fließt. Naja, ist eine Sache des Namens, denke ich mir.

Beim Nadelwehr Bochows Loos

Beim Nadelwehr Bochows Loos

Das Wehr ist ein Nadelwehr: einzelne Hölzer werden stramm nebeneinander schräg angeordnet und je nachdem, wie viele dieser Hölzer weggelassen werden, fließt mehr oder weniger Wasser hindurch. 

Ich lege links am Ufer an, ziehe mein Kanu kurz über das Kraut ans Ufer. Ein Arbeiter des Gewässer- und Deichverbands ordnet gerade den Zufluss der Volzine, und dort liegt auch ein kleiner Haufen abgeschnittenes Kraut. 

Anmerkung 2017: hier ist inzwischen ein neues Wehr gebaut worden, und das Umsetzen ist nicht mehr so einfach, da es im Unterwasser nur Böschungssteine gibt - und kein weiches Ufer oder gar einen Steg..

In Wriezen beim Kanuverleih

In Wriezen beim Kanuverleih

Ich lege noch eine gute Pause ein, bevor ich mein Kanu wieder über die Ufervegetation ins Wasser der Volzine rutschen lasse. Bald ereiche ich Wriezen, aber bis ich an meinem Ausstieg beim Kanuvermieter am Alten Hafen ankomme, ist es bereits 16:00 Uhr geworden. Ich bitte an der Kanustation, mein Kanu liegen lassen zu dürfen, bis ich mein Auto mit Hilfe der Bahn wieder aus Gorgast geholt habe. Also gehe ich zum Bahnhof, der ungefähr einen Kilometer entfernt liegt. Dort angekommen muss ich bald feststellen, dass keine einzige Bahn von Wriezen nach Gorgast fährt. Ich hätte erst nach Berlin fahren müssen. 

Ich wandere zum Kanuvermieter zurück und frage, ob mich jemand fahren kann. Es hat jedoch gerade niemand Zeit, und so ruft die Chefin mir ein Taxi. Nach einer halbe Stunde komme ich bei meinem Auto an und fahre zu meinem Kanu in Wriezen. Zur Übernachtung bin ich dann noch einmal in meinem Zelt in Zechin.