Kanu & Natur

ein persönliches Blog von Jürgen Clausen

Kremmener Rhin und das Rhinluch

Geschrieben am 14.08.2006 in Kanureisen (2006) —   Rhin (Geändert am 05.07.2017)

Teil 10 von 16 in der Serie Müritz - Rhin - Havel - Rundtour 2006

Es ist schon nach Mitternacht, als ich mich in meinen Schlafsack zurückziehe. Am nächsten Morgen gibt es schon um 7:45h Brötchen und Kaffee beim Wirt, es ist ein großer Tisch mit 10 Gästen, sehr stimmungsgeladen und locker. Aber dann will ich packen und lospaddeln: es ist Samstag, der 12.8., und ich möchte jetzt weiter, heute will ich es bis Oranienburg schaffen, etwa noch gut 30km Paddelfahrt bedeutet.

kleiner Zwischenspaß auf dem Rhin bei Altfriesack

kleiner Zwischenspaß auf dem Rhin bei Altfriesack

Bis ich in meinem Kanu sitze, wird es jedoch 11:00 Uhr. Das Wetter ist recht freundlich. Der Himmel ist zwar bedeckt, aber es ist trocken und ca. 20° warm. Gelassen und mit aller Zeit der Welt paddle ich auf den Bützsee, es herrscht sehr wenig Bootsverkehr. An der Badestelle im Ostteil des Bützsees ist schon viel Betrieb, ein Stückchen weiter steht ein Graureiher am Schilfrand in seiner typischen Jagdhaltung, indem er auf den Grund späht. Graugänse fliegen über den See, es sind mindestens 50 Stück. Bei meiner Weiterfahrt halt ich mich 100 m vom Ufer entfernt, da ich die Enten, Blässhühner und Gänsesäger dort nicht stören möchte.

Als ich die Stelle passiere, wo der Rhin aus dem Bützsee fließt (obwohl er kaum fließt...), bemerke ich links von mir eine längliche, braune Gestalt, und als ich genauer hinschaue, schwimmt dort ein ausgewachsener Biber aus dem Schilf. Meine Freude ist groß, für ein Foto ist er jedoch zu weit entfernt, etwa 20 m. Für mich ist so eine Begegnung immer eine Aufmunterung, was wäre so eine Kanutour ohne derartige Naturerlebnisse!

Bald bin ich wieder dort, wo ich am Vortag den Angler traf, ich frage ihn, ob er noch immer oder schon wieder dort ist, und er meint, noch immer. Er würde fast den ganzen Sommer draußen verbringen und sich fast nur von Fisch ernähren. Dann kommt die Abzweigung, wo der Alte Rhin, der Kremmener Rhin und der Bützrhin zusammentreffen, und ich paddle geradeaus in den Kremmener Rhin. Zuerst ist die Landschaft noch etwas kahl, der Rhin ist zwischen Dämmen eingezwängt und weil ich einen Blick in das Luch werfen möchte, lege ich an der Pfahlreihe an, die das Ufer bildet, und schaue mir mit dem Fernglas an, was so um mich herum los ist. Auf einem alten Holunderbaum, der das größte Gehölz in 100 m Umkreis bildet, sitzt ein Fischadler. In der Ferne fährt ein Traktor, es wird wohl noch einmal Heu gemacht.

Der Bützrhin

Der Bützrhin

Die nächsten Ortschaften Wall und Beetz sind weit entfernt, von ihnen sehe ich nur ein paar Dächer und einen Kirchturm. Ich höre eine Bahn fahren, ein Blick auf meinen Tourenatlas sagt mir, dass es wohl die Strecke von Kremmen nach Altfriesack sein muss. Ich knabbere noch ein paar salzige Kekse, dann zwänge ich mich wieder in mein Kajak und paddle weiter. Ein Stück vor mir sehe ich eine Arbeitsplattform, dann höre ich auch schon die Ramme: es werden hier Erneuerungsmaßnahmen an den Uferbefestigungen durchgeführt, was wohl eine Lebensaufgabe sein wird. Ein kleines Schiff der Aufsichtsbehörde patrouliert den Kanal, hält auch bei den Arbeitern und plauscht. Dann kommen mir sogar Paddler entgegen, ein älteres Paar in 2 Kajaks. Alles in allem ist es aber sehr ruhig, ganz selten treffe ich auch einmal ein Motorboot.

Kremmener See oder Beetzer Ecken

Kremmener See oder Beetzer Ecken

Die Natur um mich herum wird üppiger, rechts und links werden die Ufer jetzt durch hohen Erlenbruchwald gebildet. Die ersten Seerosen verbreiten ein zunehmendes Wildnisgefühl. Dann ein Schild auf der linken Seite: das Befahren des Sees ist verboten, Sie befinden sich im ältesten Naturschutzgebiet Deutschlands, es wurde bereits 1926 unter Schutz gestellt. Herzlichen Glückwunsch zu der damaligen Entscheidung und den Einsatz. Ein Blick auf den Kremmener See (Beetzer Ecken) erspart Überzeugungsarbeit, dass der Naturschutz hier erstens notwendig ist und zweitens sehr erfolgreich: eine wahrhaft riesige Schar von Wasservögeln bevölkert den See, der voll von Seerosen ist und den viele kleine Sumpfinseln bereichern.

Seehotel Kremmen am Ende des Kremmener Sees

Seehotel Kremmen am Ende des Kremmener Sees

Ich wende mich wieder dem Rhin zu, und auch hier ist es sehr schön, es wird immer wilder. 2 km vor der Ortschaft Kremmen verwandelt sich der Rhin in einen zauberhaften Sumpfsee, dessen Wasserfläche mit Seerosen und Schilfinseln bedeckt ist und nur noch wenig mehr als den direkten Durchfluss freilässt. Eine kleine Gruppe von Wasserwandern kommt mir entgegen, ich staune, dass die Leute so still sind. Das hat man selten unterwegs bei Gruppen. Einige Angler liegen mit ihren Ruderbooten in den Wasserpflanzen, als ich mich der Badestelle Kremmens nähere, werden es etwas mehr. Aber ruhig ist es allemal. Rechts von mir liegt ein Restaurant und Hotel auf einer kleinen Halbinsel, wenn ich mehr Zeit hätte, würde ich hier einkehren. Aber ich will ja noch die 17 km bis zu meinem Zielhafen in Oranienburg schaffen, und dafür möchte ich mich nicht beeilen müssen. So verzichte ich leichten Herzens und paddle unter den 2 Brücken Kremmens hindurch.