Kanu & Natur

ein persönliches Blog von Jürgen Clausen

Lager am Kammerkanal

Geschrieben am 17.08.2002 in Kanureisen (2002) —   Mecklenburgische-Seenplatte (Geändert am 05.07.2017)

Teil 3 von 21 in der Serie Meine Kanutour im August 2002 in Mecklenburg-Vorpommern

Zum ersten Mal ziehe ich allein das Boot mit ca. 70 kg Ausrüstung über eine etwa 50 cm hohe Uferbefestigung aus dem Wasser. Es ist zum Glück Holz, und das nasse Boot rutscht relativ leicht. Ich packe es vollständig leer und lege es parallel zum Ufer unter ein paar Birken und Eichen, so dass ich eine Plane über das Boot zwischen die Bäume spannen kann. An einem Ende spanne ich die Plane tief wie das Boot, am anderen Ende benutze ich meinen selbstgebauten teleskopierbaren Enterhaken, um einen "Eingang" zu erhalten. Auf einer kleinen alubeschichteten Plane breite ich dann mein ganzes "Bickbeermus" aus, Schlafsack etc..

Mein Abendbrot besteht aus Tomaten, salzigen Kräckern und selbstgerösteten Mandeln, von denen ich immer einen kleinen Vorrat bei mir habe, wenn ich "draußen" bin. Dann mache ich es mir gemütlich im Schlafsack auf der Isomatte.

Die Plane über mir gibt mir noch etwas Sicht auf den Sternenhimmel. Sehr still ist es, was menschenverursachte Geräusche betrifft, doch gibt es viele nachtaktive Tiere um mich herum: Im Wasser (höchstens 2 m von mir entfernt) gluckst es von Zeit zu Zeit kräftig; Ein Frosch hüpft über meine Plane am Fußboden; irgendein Vierbeiner (Marder, Baumschläfer, Iltis, ...) ist in den Bäumen über mir aktiv und tritt manchmal kleine Zweige herab; eine Eiche lässt Eicheln auf mein Planendach fallen. Alles ist sehr interessant, aufregend und spannend. Da ich jedoch sehr müde bin, schlafe ich doch bald ein.

Nach etwa einer Stunde fällt ein Schuss, aber ich schlafe wieder ein. Irgendwann bellt ein Rehbock (am Morgen wusste ich warum: Mein Lager stand auf einem Tiertrampelpfad, den wohl auch der Bock zu benutzen pflegte). Von da an, ca. 23:30 h, schlief ich durch.

5:22h erwache ich und bin sofort bereit, meine Umgebung und meinen Platz richtig wahrzunehmen, nicht dröhnig und 1/4 wach wie zu Hause meistens. Es ist ein Morgen wie er schöner nicht hätte sein können. Keine Zivilisationsgeräusche, Nebel etwas von mir entfernt, (im Wald ist es meist wärmer als die Umgebung, so dass sich im Sommer kaum Nebel im Wald bildet). Es weht kein Wind, das Wasser im Kanal, das am Wochenende durch den Motorbootsverkehr lehmig braun war, ist wieder richtig klar. Die Vögel erwachen, der erste Zaunkönig schmettert seine Reviermarkierung, der erste Eisvogel kommt zu seinem Ansitz und fischt von Zeit zu Zeit. Enten gluckern am Ufer herum, Rotkehlchen rufen, ich höre Kraniche trompeten und einige Graureiher fliegen über dem Kanal umher, um ihre Plätze einzunehmen. Ich höre Bussarde und Buntspechte und sehe 5 Kormorane den Kanal entlang fliegen. Ihre Köpfe werden von der aufgehenden Sonne angestrahlt. Ein Schwarzspecht lässt seine klagenden Laute ertönen.

Camp-Kammerkanal

Camp-Kammerkanal

Für ein kleines Feuer sammle ich Holz und entfache es mit der Hilfe von etwas Spiritus, so dass auch das leicht feuchte Holz ganz gut brennt. Es tut mir sehr gut, und obwohl ich allein bin, fühle ich mich sehr wohl. Zum Kaffee Kochen und Haferbrei Machen nehme ich den Spirituskocher. Sehr langsam nehme ich mein Frühstück ein und fühle: Ich bin angekommen. Ich bin allein in der Natur und fühle mich wohl, einfach geborgen und am richtigen Ort. Trotzdem bleibe ich nicht dort, denn ich will neues kennen lernen, sondern wasche mein Geschirr ab, putze meine Zähne, baue mein Lager ab und packe alles ins Boot. Zum Schluss lösche ich noch sorgfältig das Feuer, größere Teile tauche ich für ein paar Sekunden ins Wasser.

Schlafplatz Kammerkanal

Schlafplatz Kammerkanal

Als mein Boot langsam über die Holzpfahlreihe des Kanalufers rutscht, ist es 9:45h und schon sehr warm, 23°C. Ich habe keinen genauen Plan, welche Strecke ich paddeln will, doch auf jeden Fall die Havel abwärts. Das wäre dann die nächsten 4,5 km Kammerkanal und der Woblitzsee. So langsam wie es mir möglich ist, fahre ich weiter, um mich weiterhin wohl zu fühlen und die Natur um mich herum aufzusaugen. Bald erreiche ich wieder die Schleuse "Voßwinkel", und die Schleusenwärterin lässt mich ganz allein den Höhenunterschied hinunter. Vorher fische ich noch ein Rundholz aus dem Kanal, damit es sich nicht in die Schleusentore klemmt.

Schleuse Vosswinkel

Schleuse Vosswinkel

Waren am Wochenende viele Motorboote auf dem Kanal unterwegs, so habe ich nun den ganzen Wasserweg für mich allein, von zwei Booten abgesehen, die in Gegenrichtung unterwegs sind und auf Schleusung warten. So kann ich auch diese Fahrt sehr genießen.