Kanu & Natur

ein persönliches Blog von Jürgen Clausen

Die Müritz

Geschrieben am 22.08.2002 in Kanureisen (2002) —   Havel-Müritz-Rundtour, Müritz (Geändert am 27.10.2017)

Teil 17 von 21 in der Serie Meine Kanutour im August 2002 in Mecklenburg-Vorpommern

Das Wasser ist spiegelglatt, ich hätte ohne Schwierigkeiten und mit Genuß eine Durchfahrung bis in die Kleine Müritz unternehmen können, wie es meine Alternative gewesen wäre. Aber wer weiß das schon vorher?

Die Fischreusen westlich umfahre ich weit und steuere auf den kleinen Strand zu, der nur mit Wasserfahrzeugen zu erreichen ist und eine der wenigen Möglichkeiten darstellt, das Ufer der hier sehr streng geschützten Müritz zu betreten.

Hier treffe ich das Ehepaar aus Bodenwerder wieder, wir unterhalten uns über Naturschutzprojekte etc.

Weitere 3 Boote liegen am Strand, von denen eines meine Aufmerksamkeit besonders erregt: Es ist ein Gatzkanadier mit Ausleger und Besegelung. Eine Weile unterhalte ich mich mit dem Besitzer, er hat alles selbst gefertigt. Das warme, weiche, klare und stille Wasser des großen Sees lädt mich zum Schwimmen ein, und es ist phantastisch und sehr erfrischend.

Ein Telefonat kommt von zu Haus, Tochter Juliane. Gundula kommt auch noch ans Telefon. Danach fahre ich zum C15 hinüber auf das Ostufer, einem Zeltplatz auf dem "Bolter Ufer". Ein älterer Mann mit Enkel, der auch gerade sein Boot hochgezogen hat, erklärt sich bereit, auf meine Sachen aufzupassen, während ich einkaufe. Der Laden am Campingplatz ist sehr gut sortiert, ich kaufe Mineralwasser, Tomaten, Bananen, Kiwis und Ansichtskarten incl. Briefmarken. Dann schaue ich noch in den Empfang, um mich über den Zeltplatz zu informieren. An der Wand hängt eine sehr große Karte des Müritz-Nationalparks und der Mecklenburgischen Kleinseenplatte. Der Platzverwalter gibt mir noch ein paar Tipps, wo man außergewöhnliche Naturerlebnisse realisieren kann.

Auch meine Rückfahrt ist ruhig und angenehm, wieder sehe ich sehr viele Eisvögel wie noch an keinem anderen Ort vorher. Irgendwann ertappe ich mich dabei, gar nicht mehr hinzuschauen, wenn sie um mich herumfliegen oder fischen. Libellen interessieren sich für mein Notizbuch, setzen sich kurz drauf.

Als ich mein Zelt erreiche, ist es 19:00 h, und es sind immer noch 24° C. Der Platzwart erklärt sich bereit, meinen Rasierer und mein Telefon aufzuladen. Ich koche mir ein wohlschmeckendes Essen unter den teilweise neidischen Blicken einiger Zeltnachbarn. Einige Paddler sprechen mich auf mein "Alleinreisen" an, zwei Männer hatte ich auch schon auf einem anderen Gewässer getroffen.

Nach dem Essen nehme ich mein Boot und fahre leise und langsam auf den See hinaus, bis zur Mitte etwa. Das Wasser ist spiegelglatt, und es ist schon dunkel. Einige Sterne sind zu sehen, es werden immer mehr, und ein Teil des Mondes schiebt sich blutorange über die Baumkronen. Ich mache es mir bequem, lege mich mit dem Kopf und Rücken auf das Deck und die Füße hoch.

Sehr viele Sterne sind jetzt am Himmel zu sehen, einige Satelliten ziehen ihre Bahnen. Sogar die Raumstation "ISS" ist für kurze Zeit sichtbar mit ihren riesigen Sonnensegeln, die da oben noch von der Sonne angestrahlt werden, wenn es hier unten auf der Erde schon dunkel ist. Während meine Aufmerksamkeit bei den Sternen ist, schaukelt mein Boot wenige cm hin und her und lässt ein Körpergefühl in mir entstehen, das an "Schwerelosigkeit" und "Geborgenheit im Mutterleib" grenzt. Es ist das mit Abstand sonderbarste Gefühl, das ich jemals hatte.

Wieder am Ufer, ist eine Stunde vergangen. Ich berichte am Feuer sitzenden Paddlern, was ich erlebt habe und freue mich auf meinen Schlafsack. Das Boot lasse ich in Gewässernähe liegen, denn ich möchte morgen einen sehr frühen Ausflug unternehmen. Es ist ca. 22:30 h.