Kanu & Natur

ein persönliches Blog von Jürgen Clausen

Start meiner Kanutour

Geschrieben am 16.08.2002 in Kanureisen (2002) —   Mecklenburgische-Seenplatte (Geändert am 05.07.2017)

Teil 2 von 21 in der Serie Meine Kanutour im August 2002 in Mecklenburg-Vorpommern

Samstag Morgen geht es von Kiel los, am Mittag wollen wir das Boot an der Badestelle Käbelicksee/Kratzeburg einsetzen, wie es Paddelbuchautoren empfehlen. Die Hinfahrt dauert jedoch länger als erwartet, da wir sie mit kleinen Abstechern und Umwegen durch interessante Gegenden versüßt haben. So kommt es, dass es bereits 15:00 Uhr ist, als wir mit Sack und Pack im Kanu sitzen.

Für eine Fahrt auf unbekannten Gewässern ohne erreichbare Übernachtungsmöglichkeiten (wild Zelten im Kerngebiet des Müritz-Nationalparks kommt für uns nicht in Frage) erscheint es uns etwas zu spät am Tag zu sein. So beschließen wir, den nahe gelegenen Zeltplatz am Käbelicksee zu nutzen, das Zelt aufzubauen und dann noch eine Abendtour auf See und Havel zu unternehmen.

Der Platz ist schnell erreicht, und ich hole, nachdem ich mit Gundula zusammen das (neue) Zelt aufgebaut habe, sogar noch das Auto nach, zu Fuß durch den Wald nur 2 km.

Abends paddeln wir dann noch wie verabredet südlich durch den See und in die Havel hinein, fast bis zum Eintritt in den Granziner See. Die Havel ist hier sehr schmal und ca. 6 m breit. Da es bereits dunkel wird, wenden wir unser Kanu und paddeln zum Campingplatz zurück Das gerät dann noch zu einer Variation von "Abendsport", denn es kommt Wind auf. Es ist aber nett.

Die Nacht kommen wir lange nicht zur Ruhe, da einige sehr junge Leute die Badestelle, neben der wir leichtsinnigerweise unser Zelt aufgebaut haben, zu sehr ausgiebigem Gedankenaustausch nutzen.

Kratzeburg

Kratzeburg

Am Morgen gibt's frische Brötchen, wir kochen Kaffee auf dem neugekauften Sturmkocher und lassen, während wir bei herrlichem Wetter frühstücken, unseren Haferbrei gar köcheln, der uns zusammen mit Obst über den Tag bringen soll. Wir überlegen, wie der Tag zu nutzen sei, bevor Gundula wieder fährt, und ich meine Alleintour starten will. Wir entscheiden uns nach Studium von Karten und Büchern dazu, noch ein wenig den Kammerkanal zu paddeln, indem wir eine empfohlene Einsetzstelle nahe dem Zierker See (Neu-Strelitz) wählen.

So paddeln wir südwärts bis zur Schleuse "Voßwinkel" und wir erleben das erste Übersetzen mit einer dieser überstabilen Loren, die sehr schwer sind, keine Bremse haben und deren Schienen relativ steil ins Wasser gehen. ("Erich's Rache habe ich sie genannt.) Diese Art des Umtragens ist niemandem zu empfehlen. (Auf der Rücktour haben wir dann das Boot leergepackt und es die 70 m getragen.)

Kammerkanal

Kammerkanal

Hinter der Schleuse fahren wir noch bis kurz vor dem Eintritt des Kanals in den Woblitzsee. Dort finden wir einen Rastplatz nahe einer Fußgängerbrücke, auf dem wir unseren Haferbrei und Obstsalat verzehren und uns die Sonne auf den Bauch scheinen lassen. Als wir später weiterfahren, sehen wir einen Seeadler über dem Kanal jagen. Auch ein Rotmilan führt uns seine Flugkünste vor.

Tourenstart 3

Tourenstart 3

Wir paddeln zur Einsatzstelle und somit zum Auto, wo ich alles zusammenstelle, was ich die nächsten Tage zu brauchen glaube. Dann ist es soweit: Gundula fährt nach Hause und ich bin meinen eigenen Initiativen überlassen.

Tourenstart 2

Tourenstart 2

Ich verstaue also alles so gut wie möglich in meinem Boot und will Neues erleben, neue Erlebnisse mit mir selbst und mit der Natur um mich herum. Ich will auch sehen, riechen, hören wie die Seen, Flussläufe, Altarme und Kanäle in der Wirklichkeit sind, die sich auf meinen Wasserwanderkarten so angeboten haben. Schon 1996, als ich das erste Mal mit dem Auto durch Mirow und Neustrelitz gefahren war, wollte ich dort paddeln, und jetzt bin ich endlich hier.

Meine erste Erkundung soll der kleine Seitenarm des Zierker Sees (alte Kalkabbaustätten) sein, bei den "Eingeborenen", wie ich höre auch, "kleiner Amazonas" genannt. Mein Boot trägt mich den Kanal bis zum "Zierker See" und ich halte mich dort links. Nach meiner Karte muß nach gut 1000m der entsprechende Eingang sein.

Von weitem sehe ich einen ziemlich großen Ausflugsdampfer aus dem Schilf auftauchen: Das kann nur die von mir gesuchte Einfahrt sein. Es dauert dann doch noch eine ganze Weile, bis ich dort dann wirklich bin. Anfangs befinde ich mich in einem kleinen Kanal, der sich nach Süden wendet und sich dann zu einem schmalen länglichen See erweitert. Sehr viele Graureiher, Enten, Tauchenten und Bläßhühner sind um mich herum und es ist richtig still.

Nach ca.500 m und einigen Inselchen und Landzungen ist der See zu Ende, kein Landgasthof ist zu entdecken, wie auf einem Schild vorher angekündigt. Noch einmal suche ich sorgfältig nach einem verborgenen Durchstich, finde ihn aber auch mit Hilfe des Fernglases nicht. Also paddele ich langsam und leise zurück. Erst als ich schon fast wieder am Zierker See bin, finde ich plötzlich einen sehr schmalen Stichkanal: Das muß die Zufahrt zu dem Altarm sein, an dem der Landgasthof Wittpohl liegen soll und der von dem Schiff angefahren wird. Etwa 300m lang fahre ich durch einen traumhaft schönen Kanal, treffe eine Eisvogel und begutachte das Ufergelände, um einen geeigneten Übernachtungsplatz zu finden, denn auf einen Zeltplatz will ich höchstens jede 2. Nacht.

Die Ufer sind jedoch sumpfig und größtenteils dicht bewachsen. Als sich der Kanal zu einem kleinen See erweitert, sehe ich zwar festes Ufer, das gehört aber offensichtlich zu einem Bauernhof in der Nähe, dessen Lichter durch die Büsche scheinen (es ist schon dämmrig geworden). Dann nehme ich das Ende des Sees wahr, das voller Seerosen ist und eine Verlandungszone bildet. Davor befindet sich ein großer Bootsanleger: Hier ist also der Landgasthof Wittpohl, zu dem das Ausflugsschiff fährt. Ich treffe sogar ein paar Menschen, die, als ich sie begrüße, ganz erstaunt sind, dass sich ein Wasserwanderer in diese Gegend verirrt.

Einen Schlafplatz habe ich immer noch nicht, und so langsam werde ich etwas nervös bei dem Gedanken, an einer unbekannten Stelle alleine mein Zelt errichten zu müssen. Da erinnere ich mich an eine sehr schöne Stelle am Kammerkanal, im Wald gelegen, der beidseitig ans Ufer reicht, die schon anderen Paddlern als Lager gedient hat. Dorthin beschließe ich jetzt zu paddeln, auch wenn es noch 3 km bis dahin sind. So schnell es geht, fahre ich das Stück durch den Zierker See zurück, und nach einer knappen Stunde habe ich den Platz erreicht.