Kanu & Natur

ein persönliches Blog von Jürgen Clausen

Recknitz - Bad Sülze

Geschrieben am 13.07.2004 in Kanureisen (2004) —   Kanu-Landtransport, Recknitz, Trebel (Geändert am 05.07.2017)

Teil 3 von 24 in der Serie Meine Kanutour im Sommer 2004 in Mecklenburg-Vorpommern

Kurz vor 5 erwache ich, weil in der unmittelbaren Nähe der Recknitz Kraniche laut trompeten. Auch sonst ist das Morgenkonzert in vollem Gange. Es regnet in mittelmäßiger Intensität, zum Glück mit wenig Wind. Um halb 6 entscheide ich mich aufzustehen. Regenkleidung an, Gummistiefel und dann wird eingepackt und das Zelt nass abgebaut. Ich trage etwa die Hälfte meiner Ausrüstung zu der 150 m entfernten Einsetzstelle und packe den Rest ins Kanu, nachdem der Bootswagen darunter montiert ist. Alles hätte ich nicht in dem weichen und unwegsamen Gelände fahren können, da muss es eben so gehen. Zum Einsetzen geht es eine ziemlich lange Böschung hinunter, aber es geht, das nasse Gras unterstützt das Rutschen des Bootes. Kurz nach halb 8 ist alles, ich inclusive, im Boot und es geht mit neuem Schwung in einen herrlichen Tag, zwar mit Regen, doch guter bis bester Laune und voller Neugier auf das Kommende. Ich nehme noch im Wegfahren wahr, dass ein LKW mit Tieflader gerade einen Bagger bringt, der offensichtlich das abgeschnittene Kraut aus der Recknitz entfernen und verladen soll. Gut, dass ich so früh abgebaut habe, so stand ich niemandem im Wege.

Meine heutige Kanutour führt mich in das neu (2000/2001) renaturierte Recknitzgebiet. Man hat den Fluss wieder in sein ursprüngliches Bett zurückverlegt und die begradigten Teile unterbrochen, d.h. sie haben noch Anschluss an die neuen (alten) Mäander, sind jedoch einseitig verschlossen. Ein richtiges Labyrinth ist so entstanden, und man muss bei den vielen Flussbiegungen aufpassen, dass man immer im richtigen Fahrwasser bleibt. Ich schaffte es einmal, in einen langen toten Arm hineinzufahren.

An den Ufern wächst (und blüht im Moment auch) eine Vielzahl prächtiger und teilweise seltener Pflanzen. Ich sehe neben den verschiedenen Schilf- und Reetarten Igelkolben, Pfeilkraut, Schwanenblume, Brunnenkresse, Nachtschatten, Krebsschere und andere, deren Namen ich noch nicht kenne - die rot und gelb blühen. Ab und zu blüht Beinwell am Ufer.

Teilweise ist die Vegetation ein paar Jahre alt, und teilweise stehen auch Büsche (Weiden und Erlen) die bis zu 30 Jahre und älter sind. Schön, dass sich noch einige alte Bewüchse erhalten haben aus der Zeit vor der Kanalisierung.

Von Landwirtschaft sieht man wenig, die Wildtiere haben hier viele Versteckmöglichkeiten. Bibervorkommen gibt es hier offensichtlich nicht: Ich erkenne keine Bibergleiten mit den typischen Krallenspuren und auch keine kleinen und großen Verbisse an Gehölzen. (Bei einer späteren Fahrt sah ich dort allerdings einige deutliche Spuren!)

Recknitz 2km vor Bad Sülze, offensichtlich Ende der Renaturierungsstrecke

Recknitz 2km vor Bad Sülze, offensichtlich Ende der Renaturierungsstrecke

Die Strömung ist erträglich, so dass man kaum in die Verlegenheit kommt, bei den Windungen des Flusses in die Uferpflanzen hinein zu fahren. Um Fotos zu machen, ist sie allerdings schon zu schnell, wenn man alleine paddelt. (Ein großer Nachteil des allein Paddelns.) Ich hätte anhalten müssen, aber die Neugier ist größer, den Fluss zu erleben.

hier aussetzen vor dem Wehr in Bad Sülze

hier aussetzen vor dem Wehr in Bad Sülze

Nach etwa 13 km, um 11:15 h, kündigen Wanderwege parallel zum Ufer an, dass der nächste größere Ort naht: Bad Sülze ist es, und um 11:30 h erreiche ich das Wehr bei der alten Meierei, das jetzt ein Jugendhaus mit vielerlei Freizeiteinrichtungen und ein nettes Restaurant beherbergt. Auch den Wasserwanderrastplatz betreibt das "JAM".

Windmühle in Bad Sülze

Windmühle in Bad Sülze: und Gästehaus des JAM

Ich lege an und erkunde das Gelände, vor allem die Umtragemöglichkeit. Es ist jetzt sehr windig und immer kurz vor einem Regenschauer. Da ich wissen möchte, zu welchen Bedingungen mich das JAM zur Trebel umsetzen würde, gehe ich hinüber zum Fitnessstudio, das zum Jugendhaus gehört und in dem die WWR-Betreuer arbeiten. Ich erfahre, daß es 7,- Euro kostet und ich um 14:00 h gefahren werden kann. Die Zeit nutze ich, um mir einen Haferbrei zu kochen und einen reichhaltigen Obstsalat zu machen. Direkt am Ufer beobachte ich einen etwa 40 cm langen Schuppenkarpfen, der ganz ruhig mit seinen Seitenflossen wedelt und sich auch nicht dadurch aus der Ruhe bringen lässt, daß ich eine Schale Wasser entnehme, mit der ich mein Essgeschirr vorreinigen will. Ein zweiter ist auch in der Nähe, etwas kleiner. Die Lufttemperatur beträgt mittags 15°C und ab und zu fallen ein paar Tropfen. Der Wind bläst aus West mit etwa 4-5 bft. (hier eine komplette Beschreibung der Recknitz als Kanugewässer).

Nach dem Essen verladen der Fahrer und ich mein Boot und meine Ausrüstung und bringen sie nach Tribsees zum Wasserwanderrastplatz an der Trebel. Mit einem Trinkgeld verabschiede ich mich von dem freundlichen Fahrer. Der "Hafenmeister" im WWR leiht mir eine alte Schubkarre, um meine Sachen die 80m von der Straße zum Zeltplatz bringen zu können. Der Wind bläst kräftig, und ich habe Mühe, mein Zelt zu errichten. Um es zu stabilisieren, spanne ich es an mehr Stellen ab als gewohnt, denn die Stäbe biegen sich schon sehr stark durch. Das Zelt ist klitschenass, benötigt aber nur eine kurze Zeit, um im Wind trocken zu werden. Immerhin regnet es nicht.
Ich koche mir Reis und schmore mir Zwiebeln und Zucchini dazu. Mein Magen freut sich, und die neue selbstgebaute Kochkiste für den Trangia-Kocher funktioniert planmäßig: Reis kurz aufgekocht und dann hinein in die gut isolierende Kochkiste - Deckel drauf und ziehen lassen in der Hitze. Bis das Gemüse fertig ist, ist es auch der Reis. Ich beobachte Turmfalken, die sich über der Trebel im Jagen üben. Sie wohnen wohl im Turm der alten Kirche von Tribsees.

Ich unterhalte mich noch ausführlich mit dem Hafenmeister und schreibe meinen Bericht weiter. Um 21:00 h liege ich im Schlafsack.